Читать книгу Wachs mit mir! - Ulla König - Страница 7

Achtsamkeit mit Kindern üben

Оглавление

Achtsamkeit und Meditation wird oft verbunden mit Bildern, die zufrieden lächelnde Menschen in malerischen Umgebungen darstellen, die genügend Zeit und Muße haben stillzusitzen und Ruhe zu genießen. Für all diejenigen, die einen Alltag mit Kindern meistern, haben diese Bilder nur wenig mit dem tatsächlichen Erleben zu tun. Das Leben mit Kindern ist dynamisch und unvorhersehbar – mal laut, mal bunt, mal emotional.

Kinder sind aller Regel nach verspielt und bewegungsfreudig. Es liegt ihnen fern, über längere Zeit in der Stille und im Nichtstun Zuflucht zu suchen. Respektieren wir diese Seite unserer Kinder, so wirft dies unmittelbar die folgenden Fragen auf: Wie kann eine Achtsamkeitspraxis aussehen, die die Natur unserer Kinder respektiert? Wie können wir sie mittels Achtsamkeit in ihrer Entwicklung unterstützen, anstatt sie in einer Idealvorstellung von Ruhe und Entspannung zu unterwerfen?

Wie bereits beschrieben, ist Achtsamkeit eine Fähigkeit, die wir alle besitzen. Wir können sie durch Übung stärken, wodurch sie wächst und uns schließlich stärkt. Wie wir besitzen auch unsere Kinder bereits die Anlage zur Achtsamkeit. Wenn Sie an Ihre Kinder denken, so werden Sie erkennen, dass diese in manchen Momenten hoch konzentriert sind, eine große Liebe zum Detail zeigen und Freude haben an den scheinbar alltäglichsten Ereignissen. Für sie ist vieles, an das wir uns bereits gewöhnt haben, noch neu und aufregend. Ihr Erfahrungshorizont hat noch nicht für jedes Erlebnis ein Konzept und eine Erklärung parat. Dadurch eröffnet sich Raum zum Staunen und Erkunden.

Gleichzeitig erleben wir unsere Kinder auch oft als impulsiv, ungeduldig und unkonzentriert. Manchmal sind sie von ihren Erlebnissen überfordert, manchmal überflutet von allerlei Reizen und Informationen. Es fällt ihnen oft genug schwer ihre Emotionen zu regulieren, und zur Ruhe zurückzufinden. Doch wenn wir einen ehrlichen Vergleich ziehen zwischen den Reaktionen unserer Kinder und unseren eigenen Verhaltensweisen, dann werden wir feststellen, dass wir uns erstaunlich ähnlich sind. Wut, Angst, Sorge, Enttäuschung, Rastlosigkeit, Trägheit, Freude, Mitgefühl, Freundlichkeit – all das sind menschliche Weisen, mit Erlebnissen umzugehen, ganz unabhängig vom Alter.

Diese Erkenntnis kann uns zur Achtsamkeitspraxis ermutigen. Wir müssen für unsere Kinder nicht das Rad der Achtsamkeit neu erfinden, wohl aber verstehen wie wir ihnen die Achtsamkeitspraxis so nahebringen können, dass sie darin Freude und Nutzen finden. Anstatt ihnen ein Idealbild überzustülpen, sollten wir unsere Kinder dort abholen, wo sie gerade stehen – in ihrem Bedürfnis nach Erkundung, Wachstum, Bewegung, Kreativität und Aktivität. Entgegen aller stereotypen Bilder schließen sich Achtsamkeit und Spiel nicht aus. Achtsamkeit findet statt, wann immer wir präsent sind für unser Erleben – ob wir dabei stillsitzen oder uns bewegen, ob wir auf unseren Atem achten oder mit den Fingern die Umgebung erkunden, tut nichts zur Sache.

Wollen wir als Eltern und Bezugspersonen mit unseren Kindern Achtsamkeit praktizieren, sind wir immer auch selbst angesprochen. Kinder lernen viel mehr durch das gelebte Beispiel als durch graue Theorie. Wie Sie selbst Achtsamkeit leben, praktizieren und erkunden, wird unter Umständen mehr Eindruck auf Ihr Kind machen als jede Übung, die Sie ihm vorschlagen. Eine kurze, aber gemeinsam ausgeführte Praxis ist in der Regel nachhaltiger, als jede Anleitung oder Aufforderung. Am glaubwürdigsten wirken die Übungen, wenn Sie selbst mitmachen und aus Ihrer eigenen Achtsamkeitserfahrung sprechen.

Eine geteilte Praxis ist auch eine wunderbare Gelegenheit, gemeinsam etwas zu unternehmen und die Beziehung zwischen ihnen zu stärken. Aus diesem Grund sind viele Übungen in diesem Buch so angelegt, dass sie sie gemeinsam erkunden und ausprobieren können.

Für unsere Kinder, wie für uns selbst, kann Achtsamkeit Wege eröffnen zu einem ausgewogenen, gelassenen und freudvollen Umgang mit dem eigenen Erleben. Was Achtsamkeit dagegen nicht ist, ist eine Methode, Kinder ruhig zu stellen, ihnen Hochleistungen abzugewinnen oder bestimmte Verhaltensweisen anzugewöhnen. Niemals sollte Achtsamkeit als Strafe verwendet werden. Das würde den Kindern den Zugang zu Achtsamkeit und Meditation dauerhaft erschweren und ihnen damit eine mögliche hilfreiche Stütze für ihr Leben rauben.

Achtsamkeit ist eine Reise mit offenem Ende. Sie lädt Sie ein, sich, Ihr Kind und Ihre Beziehung zueinander neu zu entdecken. Als Menschen sind wir ständig im Begriff, uns zu verändern und weiterzuentwickeln. Achtsamkeit respektiert unsere dynamische Natur und ermuntert uns, miteinander und übereinander zu staunen. Nutzen Sie Achtsamkeit als ein mögliches Werkzeug, um Ihr Erleben gelassener, freudvoller und inniger zu gestalten.

Wachs mit mir!

Подняться наверх