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Ziele und Erwartungen

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Probieren wir etwas Neues aus oder nehmen ein Vorhaben in Angriff, so kommen wir nicht umhin, dies mit einer bestimmten Erwartung oder Zielsetzung zu tun. Wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, so stellt sich die Frage, was Sie zum Lesen und Ausprobieren motiviert. Warum sind Sie bereit Zeit und Energie in das Lesen und vielleicht sogar das Üben der Achtsamkeit zu investieren? Was motiviert Sie dazu?

Das ist keine geringe Frage, denn unsere Motivation hat einen großen Einfluss darauf, ob wir unsere Ziele umsetzen oder nicht. Und nicht nur darauf, ob wir etwas tun, sondern auch „wie“ wir es tun. Mit Kindern Achtsamkeit zu üben, gelingt dann am besten, wenn uns der Wunsch führt, gemeinsam mit unseren Kindern einen Weg zu mehr innerer Ruhe und Zufriedenheit zu finden. Die Betonung liegt in der Gemeinsamkeit. Nicht umsonst lautet der Titel dieses Buches „Wachs mit mir“ Dieser Imperativ sagt es ganz deutlich: Es handelt sich um einen gemeinsamen Weg, auf dem Sie und Ihr Kind miteinander und voneinander lernen.

Als Eltern und Bezugspersonen wünschen wir unseren Kindern natürlich das Beste. Dies kommt in dem Wunsch zum Ausdruck, sie glücklich, gesund und in Sicherheit sehen zu wollen. Wir wünschen Ihnen, dass Sie in der Lage sind, mit den verschiedenen Herausforderungen des Lebens einen Umgang zu finden, ohne dabei Klarheit und innere Ruhe zu verlieren. Wir möchten Sie darin unterstützen Entscheidungen zu treffen, die Ihrem Glück zuträglich sind und Ihnen zeigen, wie wir als Menschen Bindungen eingehen, die uns Freundschaft und Verbundenheit schenken.

Als Erwachsene blicken wir auf viele Momente unseres Lebens zurück, in denen sich die Welt nicht nach unseren Wünschen und Erwartungen entwickelt hat. Wir haben erlebt, dass nicht alles in unserem Leben unter unserer Kontrolle ist und dass es oftmals Geduld, Gelassenheit und eine gehörige Portion Mitgefühl braucht, um mit unerwünschten Entwicklungen und Enttäuschungen zurechtzukommen.

Manchmal erleben wir auch, dass unsere persönlichen Wünsche für unsere Kinder in Reibung geraten mit den Vorstellungen und Zielen, die unsere Kinder aus Gesellschaft und Kultur vermittelt bekommen. Wo es in der Zweisamkeit um Zufriedenheit, Herzensruhe und Freundschaft geht, da geht es auf gesellschaftlicher Ebene oft um Erfolg, emotionale Unverwundbarkeit, hohe Leistungsfähigkeit und maximalen Genuss. Ein tägliches Spannungsfeld, das oft genug Verwirrung stiftet und auch seinen Einfluss auf die Praxis der Achtsamkeit nimmt. So leicht kommen wir auch hier in Leistungsdruck oder praktizieren Achtsamkeit, um uns unverwundbar oder „besser“ zu machen. Das ist der Grund, warum die Frage: ‚Warum übe ich mich in Achtsamkeit?‘ von so großer Bedeutung ist.

Achtsamkeit wird allzu leicht Opfer unserer Vorstellungen davon, wie wir sein sollten. Wir könnten alle immer noch ein wenig aufmerksamer, konzentrierter und fokussierter sein. Oft ertappen wir uns dabei, dass wir für lange Zeit geistesabwesend handeln oder unseren Gedanken nachhängen und nur wenig Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment aufbringen. Wie leicht ist es da, mit sich zu hadern und eine Haltung des inneren Kritikers einzunehmen, der unser Verhalten kommentiert und entwertet?

Um Achtsamkeit nicht zu einem weiteren Feld für Selbstkritik und Selbstoptimierung zu machen, ist es wichtig, die eigenen Erwartungen und Zielsetzungen zu überprüfen. Wie viel Druck übt unsere Achtsamkeitspraxis auf uns aus? Wie viel Akzeptanz können wir für uns selbst, für unser Kind und unsere momentane Lebenslage aufbringen? Sind wir in der Lage, uns selbst und unser Kind so anzunehmen, wie wir gerade sind?

Wenn wir uns in einer solchen Haltung üben, dann ist es möglich, dass die Achtsamkeitspraxis sich mit unserem natürlichen Mitgefühl verbindet. Mitgefühl und Freundlichkeit sind der Schlüssel zur Achtsamkeitspraxis. Sie erlauben uns, uns selbst und andere anzunehmen und sind gleichzeitig daran interessiert, dass wir und andere wachsen und zu mehr Wohlbefinden finden.

Wir sind eingeladen, immer einmal wieder einen Blick auf unsere Ansprüche und Erwartungen zu werfen und diese zu hinterfragen. Geht es noch immer darum, mehr Glück, Ruhe, Gelassenheit oder Freude zu fördern, und unsere Kinder dazu zu befähigen, mit Schwierigkeiten und Herausforderungen einen angemessenen Umgang zu finden? Oder haben Ideale und Ziele die Oberhand gewonnen, die zu einem Gefühl von Druck oder Ablehnung führen?

Achtsamkeit ist eine große Stütze, wenn sie sich mit Fürsorge und Wohlwollen verbindet. Dann entsteht die Gelegenheit Achtsamkeit zu einer gemeinsamen Entdeckungsreise werden zu lassen, die durch beständiges Ausprobieren neue Spielräume schafft. Achtsamkeit reagiert immer auf die spezifische Situation, wie sie sich hier und jetzt zeigt. Und nicht darauf, wie etwas sein sollte oder wir es geplant hatten. Achtsamkeit erkennt, dass Perfektion stets eine Idee ist, die uns ausbremst und daran hindert zu wachsen. Wir können diese Idee getrost fallen lassen, und sind eingeladen Achtsamkeit auf eine unperfekte Weise in einer unperfekten Welt zu üben. Mit allen Höhen und Tiefen.

Wachs mit mir!

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