Читать книгу Prosecco~Wellen - Ursula Flajs - Страница 21

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Rotes Karussell

Melanie wachte auf. Sie schluckte trocken, ihre Zunge fühlte sich pelzig an. Der helle Schimmer hinter ihren geschlossenen Augenlidern sagte ihr, dass es bereits hell war. Ein rotes Karussell drehte sich in ihrem Kopf und der Rücken tat ihr weh. Melanie wollte sich in eine bequemere Position drehen, doch eine Welle der Übelkeit ließ sie verharren. Oh, Mann, ist mir schlecht!

„Wäää …“, mit großer Anstrengung hob Melanie die Augenlider und blinzelte gegen die Helligkeit an, bis sie ihre Umgebung wahrnehmen konnte, die ihr vollkommen fremd war. Wo bin ich?

Melanie rätselte, wie sie hierhergekommen war. In ihrem Kopf dämmerte es vage: die Heiße Grotte. Sie erinnerte sich an Jens, der sie geküsst hatte, an zumindest drei, vier … oder mehr Gläser Hafenwelle, und dann an nichts mehr.

Ihr war kalt. Melanie zog die Steppdecke höher, sie spürte, dass sie darunter nackt war. Nackt? Verdammt, was hab ich getan? Aber auch wenn sich das Geschehen der letzten Nacht in einer nebulösen Gedächtnislücke verborgen hielt, war ihr klar, was sie getan haben musste. Mühsam rappelte Melanie sich auf, bis sie an der Bettkante saß. Eine weitere Welle der Übelkeit stieg in ihr hoch. Sie atmete sich eisern durch. Als es ihr besser ging, zog Melanie fröstelnd die Bettdecke um ihre Schultern.

Ihr Blick fiel auf eine dunkel bemalte Wand, die mit verschiedenen Postern behängt war: The Doors, The Rolling Stones, Queen und ein paar Bands, die Melanie nicht kannte. Darunter standen einige sorgfältig in Halterungen aufgestellte Gitarren. Sie sahen wertvoll aus. Natürlich konnte das nur die Wohnung von Jens sein. Aber wo war Jens? Melanie stöhnte. Wenn sie sich nur an etwas erinnern könnte – an irgendetwas!

Sie musste dringend auf die Toilette. Melanie stemmte sich aus dem Bett und erspähte ihre Kleidung, die ordentlich gestapelt auf einem Sessel lag. Ihre Handtasche hing an der Lehne. Wie aufmerksam! Das war sicher nicht ich. Melanie musste grinsen. Ihre Kopfschmerzen reagierten verstärkt auf diese Bewegung.

Während sie nach ihrer Unterwäsche in dem Kleiderbündel suchte, bemerkte sie, wie etwas Feuchtes über die Innenseite ihrer Schenkel rann. Melanie ahnte, was das bedeutete. Ohne Kondom? Scheiße! Wo ist dieser Trottel? „Jens? Jens …?“ Ihre Stimme klang grauenvoll, Melanie räusperte sich. Sie lauschte, aber sie hörte keinen Laut – sie war wohl allein in der Wohnung.

Nackt, mit ihrer Kleidung unter dem Arm, stakste Melanie in den kleinen Flur. Auf der ersten Tür links klebte ein Postit: „Hier sind Bad und WC – die Handtücher sind frisch, Jens.☺“

Diese fürsorglichen Worte gaben ihr den Rest. Melanie lehnte sich mit ihrem schweren Kopf an die Tür und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie hatte Jakob betrogen! Und sie war so betrunken gewesen, dass sie sich an nichts mehr erinnern konnte. Vielleicht war es das, was ihr am meisten leid tat? Sie zwang sich, mit dem Weinen aufzuhören.

Wenig später entspannte sie sich unter dem heißen Duschwasser. Wenn ich schon fremdgehe, wüsste ich gerne, ob es sich auch gelohnt hat, dachte Melanie trotzig. Als sie sich einseifte, stellte sie sich vor, was in der letzten Nacht in dem fremden Bett passiert war.

Nachdem Melanie sich angezogen hatte, trieb der Hunger sie in die kleine Küche. Auf dem dunkel gebeizten Küchentisch lag neben einem Papiersack mit frischem Gebäck ein weiterer Zettel: „Frühstück im Kühlschrank, Kaffeeautomat gefüllt – bediene dich. Muss in den Sender, Vorbereitungen für heute Abend! Wir sehen uns, Jens.☺“ Darunter hatte er seine Handynummer notiert. Melanie starrte auf die Zahlen, bis ihr der Zettel wegen einer plötzlichen Eingebung entglitt.

Oje, die Mädels machen sich sicher Sorgen!

Melanie rannte zurück ins Schlafzimmer. Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Handy, das auf lautlos gestellt war. Natürlich – zahlreiche Anrufe und Nachrichten von Lilli waren eingegangen. In den ersten schrieb sie noch, dass sie sich Sorgen machte, in der letzten bezeichnete sie Melanie als blöde Kuh.

Jakob hatte ebenfalls eine Nachricht geschickt: „Guten Morgen! Wie geht’s meiner Singdrossel?“ Melanie spürte einen Stich in der Herzgegend, sie wählte jedoch zuerst Lillis Nummer.

„Na endlich!“, schnaubte Lilli in den Hörer und polterte gleich weiter. „Was denkst du dir eigentlich? Wir haben uns Sorgen gemacht! Wo warst du? Wo bist du jetzt? Was glaubst du denn …?“

„Wenn du mal den Mund halten würdest, könnte ich es dir erklären!“, brüllte Melanie zurück.

„Dann sprich!“, keifte Lilli.

„Es tut mir sehr leid, Lilli, dass ihr euch Sorgen gemacht habt!“, sagte Melanie beschwichtigend. Sie beschloss, die erfrischende Dusche zu unterschlagen. „Ich bin gerade erst aufgewacht und weiß nicht mehr, wie ich hierhergekommen bin“, erklärte sie ihrer Freundin.

„Wo bist du denn?“

„In Jens’ Wohnung“, gestand Melanie kleinlaut.

„Aha … soso …“, Lilli schnaubte hörbar. „Klar, wo auch sonst?“ Nach einer Schweigesekunde bohrte sie weiter: „Dann weißt du auch nicht, wo Emma ist?“

„Was? Emma ist weg?“, fragte Melanie verblüfft.

„Ja, unsere Emma.“ Obwohl Lillis Stimme resigniert klang, machte sie sich wohl große Sorgen. „Ich bringe Riesen-Lars um, wenn er ihr etwas getan hat!“, bellte sie wütend ins Telefon, bevor sie auflegte.

Melanie verschlang ein Croissant und spülte es mit einer Tasse Kaffee hinunter, bevor sie sich auf den Weg machte. Ihr Blutzucker nahm es ihr übel, wenn sie morgens nichts aß. Sie fühlte sich danach trotz der Ungewissheit über Emmas Verbleib, ihres bedenklichen Blackouts und der Gewissensbisse wegen Jakob wieder besser.

Sie hatte Jens einen Zettel hinterlassen: „Danke für alles, Melanie (ohne Smiley).

Danach schrieb sie eine Nachricht an Jakob, um ihn vorsorglich von einem Anruf abzuhalten: „Wir haben lange geschlafen ☺ und machen uns gleich auf den Weg. Wir müssen vor dem Auftritt heute Abend noch einiges erledigen. Ich melde mich später! Küsschen, Melanie.“

Als sie vor die Tür trat, wurde ihr bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie war. Doch am Ende der Straße, etwa hundert Meter entfernt, konnte sie ein U-Bahn-Zeichen erkennen. Melanie musste nur einmal umsteigen, bis sie die richtige Linie zum Hotel nehmen konnte. Sie stürmte durch die belebte Straße in Richtung Hotel Rote Möwe. Die Damen des leichten Gewerbes machten angesichts ihres Kampfamazonenblicks freiwillig Platz.

Im Hotel angekommen rannte sie keuchend an der Rezeption vorbei. Dabei nahm sie beschämt wahr, wie Mr. Fu Chang ihr erleichtert nachrief: „Oh, wie schön, Sie zu sehen!“

Sie eilte über die Treppe in den dritten Stock und klopfte dort an ihre Zimmertür. „Ich bins! Mach auf, Lilli!“

Ihre zornfunkelnde Freundin riss die Tür auf. „Wie schön! Unser Groupie ist da!“, gab Lilli spöttisch von sich.

Melanie gönnte ihr den Spott. Sie verzichtete auf eine Erwiderung, nicht nur, weil sie außer Atem war. „Ist Emma … schon aufgetaucht?“, hechelte sie. Lilli verzichtete auf weitere Tiraden und schüttelte nur stumm ihren Kopf. Erst jetzt fiel Melanies Blick auf das Sofa. Laura saß darauf und blickte ihr dackeläugig entgegen. Daneben starrte Marie, erschreckend bleich, vor sich hin.

Noch mehr Probleme, dachte Melanie, während sich ihr Atem langsam wieder beruhigte. Doch nun prasselte alles, was ihr Sorgen bereitete, auf sie ein: sie hatte Jakob betrogen, Emma war verschwunden, das Sorgenkind Laura war aufgetaucht und Marie schien wieder ihr Ehedrama zu wälzen. Und wo ist eigentlich Sandra? Irgendwie war alles plötzlich zu viel! Ohne Vorwarnung schlug Melanie die Hände vor ihr Gesicht. Sie ließ sich, von einem Weinkrampf geschüttelt, auf den Fußboden sinken.

Bestürzt blickten alle auf Melanie, bis Marie aufsprang, an ihre Seite glitt und wimmernd den Kopf auf ihre Schultern legte: „Johannes meldet sich nicht mehr – es ist vorbeeeiii …“ Nun schluchzten beide hemmungslos im Duett.

Einen wunderbaren Augenblick lang verspürte Lilli den Drang, über diese theatralische Szene zu lachen. Doch sie widerstand der Verlockung, bückte sich, umarmte ihre Freundinnen und klopfte ihnen abwechselnd auf die Schultern: „Sch, sch …, Mädels, das wird schon wieder.“

Laura blieb still auf dem Sofa sitzen. Sie beobachtete das Geschehen mit großen Augen und überlegte, ob sie sich nicht besser davonschleichen sollte.

Emma streckte sich wohlig unter der warmen Decke, sie horchte mit geschlossenen Augen. Nein! Niemand rief nach ihr und kein Babyfon krächzte. Sie war aufgewacht, weil sie sich ausgeschlafen fühlte.

Langsam dämmerte Emma, dass sie nicht zu Hause in ihrem Bett lag. Als sie vorsichtig ihre Augen öffnete, bemerkte sie, dass sie nicht allein war. Neben ihr lag schlafend – Riesen-Lars. Sein nackter Oberkörper mit den rotblonden Brusthaaren hob und senkte sich unter seinem Atem. Das Laken war ab der Hüfte zur Seite gerutscht, sein unbedecktes muskulöses Bein lag wie ein Baumstamm neben Emma.

Sie riss die Augen auf und öffnete ihren Mund zu einem gehauchten: „Oooh …“ Wie? Was?

Eine Flut von Eindrücken spülte Emmas Überraschung fort: die Heiße Grotte – dass Riesen-Lars seine große Hand unter dem Tisch auf ihren Schenkel gelegt hatte, und als sie sich nicht gewehrt hatte, er seine Hand nach oben zwischen ihre Beine wandern gelassen hatte –, dass Emma immer erregter wurde –, dass sie Lilli nicht mehr sehen konnte und Melanie mit Jens verschwunden war –, dass Riesen-Lars vorschlug, sie könnten in den Wonnepool gehen –, dass Emma dort, abgeschreckt und fasziniert zugleich, Paare beim Sex beobachten konnte –, dass Riesen-Lars anbot, ein Zimmer zu nehmen und Emma erst halbherzig ablehnte –, dass er meinte, sie könnten auch nur etwas trinken und sehen, wie es weiterlaufen würde –, dass Emma sich nicht wehrte, als Riesen-Lars, kaum dass er die Zimmertür zugeworfen hatte, sie auf das Bett warf und ihr die Kleider vom Leib zerrte –, dass sie stumm schrie, als Riesen-Lars seine Hose abstreifte und Emma sah, dass sein erigierter Penis seinem Namen alle Ehre machte –, dass sie bewegungslos auf dem Bett liegen blieb, bis er sein Kondom übergestreift hatte und mit voller Wucht in Emma eindrang – und dass sie diesmal laut aufschrie, aber nicht vor Schmerz, sondern vor purer Lust.

Emma keuchte bei der Erinnerung an das intensivste erotische Erlebnis ihres Lebens auf. Jede Zelle ihres Körpers schien zu vibrieren und ihre Schamlippen pochten sehnsuchtsvoll. Emmas Augen wanderten zu dem Penis, der sich deutlich unter dem Laken abzeichnete. Sie sah zu, wie er wuchs. Emma hob den Blick. Riesen-Lars hatte die Augen zu Schlitzen geöffnet, er beobachtete sie wie ein Raubtier vor dem Sprung.

Und ohne ein Wort erhob er sich, riss Emma die Decke vom Körper und warf sie auf den Bauch, sodass sie mit ihrem Gesicht auf dem Kissen lag. Emma hörte das Reißen der Kondomverpackung. Dann spürte sie, wie Riesen-Lars mit beiden Händen ihre Hüften anhob und mit einem Aufbrüllen, dem ersten Laut, seit der Hüne wach war, in sie eindrang.

Wenig später lag Emma noch immer auf dem Bauch und vergrub ihr Gesicht im Kissen. Obwohl ihre Vagina brannte, gurrte Emmas ganzer Körper vor Wonne. Neben sich hörte sie, wie sich der Atem von Riesen-Lars langsam beruhigte.

„Du bist echt ein geiles Ding!“, waren die ersten Worte, die er an diesem Morgen von sich gab. Emma blieb mit dem Gesicht im Kissen liegen, ihr wäre lieber gewesen, Riesen-Lars würde nicht reden. „Du könntest für mich arbeiten! Natürlich nicht auf der Straße, dafür bist du zu schade!“

Emma hob ungläubig ihr Gesicht aus dem Kissen und starrte Riesen-Lars an. Hat er den Verstand verloren?

Doch Riesen-Lars meinte es ernst, er witterte ein gutes Geschäft. „Du könntest richtig Kohle machen! Du hast eine geile Figur, da ist alles dran. Und trotzdem wirkst du unschuldig, auch wenn du nicht mehr die Jüngste bist. Aber du bist genau die Richtige für Macker, die auf den weichen mütterlichen Typ stehen! Glaub mir, da gibt es mehr von, als du denken würdest!“

Erst jetzt registrierte er Emmas ungläubig aufgerissene Augen.

„Was denn? Du stehst doch drauf! Sowas merk ich sofort! Stell dir vor, du könntest damit Geld verdienen. Da musst du einen Monat in einem Büro hocken, was du in ein paar Nächten mit Sex verdienen kannst!“

Emma hatte Riesen-Lars nichts von ihrem Privatleben erzählt. Dass sie in einem Büro arbeiten würde, hatte er sich selbst zusammengereimt. „Du hast nicht alle Tassen im Schrank, ich bin keine Hure!“, brachte Emma empört hervor. Sie sprang aus dem Bett, suchte ihre verstreute Wäsche zusammen und lief ins Badezimmer. Der Hüne blickte ihr verdutzt nach.

Als Emma wieder fertig angekleidet aus dem Bad trat, war Riesen-Lars bereits in seine Hose geschlüpft, er knöpfte sein Hemd zu. Sie würdigte ihn keines Blickes und streifte ihre Schuhe über. Emma schnappte sich ihre Jacke und lief zur Tür, als Riesen-Lars sagte: „Hey, jetzt sei nicht beleidigt, war nur ein Vorschlag! Ich wusste ja nicht, wie du dazu stehst“, und er fügte mit einem ordinären Grinsen hinzu, „vielleicht könnten wir trotzdem wieder mal ficken?“

Emma, die bereits die Türklinke in der Hand hielt, zögerte einen Moment, bevor sie grußlos das Zimmer verließ.

Vor dem Gebäude blieb Emma stehen. Sie atmete tief durch und ignorierte die abschätzigen Blicke der Männer, die an ihr vorbeistreiften. Emma kam es vor, als wäre aus ihr ein anderer Mensch geworden. Als würde sie sich selbst nicht kennen. Als wäre sie sich fremd. Nein –, als gäbe es zwei Emmas.

Benommen lief sie in Richtung U-Bahn. Die frische Morgenluft kühlte ihre Sinne und allmählich hörte das Karussell in ihrem Kopf auf, sich zu drehen. Sie wollte sich jetzt nicht mehr mit der letzten Nacht befassen, doch Emma war sich bewusst, dass sie keine Sekunde davon bereute.

„Endlich, Emma!“, empfing Lilli ihre Freundin, nachdem sie die Tür geöffnet hatte. „Wo warst du? Wir haben schon daran gedacht, die Polizei einzuschalten!“ Sie zerrte Emma ins Zimmer und musterte sie: „Du siehst merkwürdig aus! Geht’s dir gut?“

„Sicher! Mir geht es gut.“ Emma hatte sich auf dem Weg ins Hotel überlegt, was sie ihren Freundinnen erzählen sollte. Sie konnte unmöglich die Wahrheit sagen. Emma war nicht gut im Schwindeln, dennoch präsentierte sie ihre schnell zusammengereimte Geschichte. „Ich habe euch nicht mehr gesehen, also bin ich mit ein paar Frauen aus unserer Tourgruppe weitergezogen“, erklärte Emma vage.

„Wohin?“, so leicht ließ sich Lilli nicht abspeisen.

„In irgendeine Bar auf der Reeperbahn, ich weiß nicht mehr, wo. Dann hat eine der Frauen gesagt, dass sie in der Nähe wohne und es günstiger sei, zu Hause zu feiern. Also sind wir zusammen dorthin gegangen. Wir haben ziemlich viel getrunken –, ich durfte auf dem Sofa schlafen.“

Lilli hatte selten eine lahmere Geschichte gehört und diese passte so gar nicht zu Emma. „Und du hättest nicht antworten können auf meine Anrufe oder Nachrichten? Ich habe mir Sorgen gemacht!“ Die offensichtliche Lügenstory machte sie wütend.

„Es tut mir leid“, gab sich Emma zerknirscht, „mein Akku war leer und ich weiß eure Telefonnummern nicht auswendig.“

Emmas Ausrede war fantasielos, aber irgendwie plausibel. Trotzdem spürte Lilli, wie sich das Bedürfnis, Emma beschützen zu müssen, in Luft auflöste. Melanie und Marie, die auf dem Sofa saßen, hatten den Wortwechsel stumm mitverfolgt.

Die sehen auch mitgenommen aus, dachte Emma, als sie einen Blick auf die beiden warf. „Was habt ihr? Wie geht es euch?“ Sie wollte nicht mehr im Mittelpunkt stehen.

„Danke, es geht“, antwortete Melanie und murmelte etwas „von einer harten Nacht“, woraufhin Lilli unüberhörbar schnaubte. Marie nickte zustimmend, gab aber keine Erklärung ab.

Da ihre Freundinnen sich mundfaul gaben, übernahm Lilli wieder das Gespräch. „Wir haben Zuwachs bekommen“, erklärte sie der verdutzten Emma, „Laura ist wieder da!“ Sie bemerkte Emmas Blick, der durch das Zimmer schweifte, und fügte hinzu: „Sie ist grad auf dem Klo. Laura wird vermutlich denken, sie wäre besser zu Hause geblieben, nachdem sie all die Dramen hier miterleben durfte.“

Emma wusste nicht, welche Dramen Lilli meinte, aber sie beschloss, lieber keine schlafenden Hunde zu wecken und verkniff sich die Frage. Stattdessen fragte Emma: „Seit wann ist sie da? Und warum?“

„Seit gestern Nacht! Sie ist vor dem Hotel herumgelungert, als ich angekommen bin. Und der Grund ist der Gleiche wie schon vorgestern. Sie hat sich wohl gedacht, besser bei einer verrückten Truppe unterkommen, als niemanden zu haben, der einem hilft“, sagte Lilli. Sie ließ dem Sarkasmus in ihrer Stimme freien Lauf.

„Was machen wir jetzt mir ihr? Sie wird doch sicher von ihrer Mutter gesucht!“ Emma sprach aus, was allen längst im Kopf herumschwirrte.

„Das wissen wir nicht, aber wenn wir Laura unter Druck setzen, haut sie bloß wieder ab! Es ist besser, sie bleibt vorerst hier, bei uns ist sie wenigstens in Sicherheit.“

Als hätte sie auf das Stichwort gewartet, schlüpfte Laura aus dem Bad heraus. „Hallo …“, piepste sie in Richtung Emma.

„Hallo!“ Emma lächelte sie aufmunternd an, dachte jedoch: Du armes Würmchen! Manche Menschen sollten besser keine Kinder in die Welt setzen.

Lilli, Melanie und Marie hatten bereits Krisenrat gehalten und alle wussten keine andere Lösung, als Laura vorerst Unterschlupf zu gewähren. Melanie hatte vorgeschlagen, Laura am nächsten Tag, bevor sie zum Flughafen fuhren, nach Hause zu bringen und sich ihre Mutter vorzuknöpfen. Aber vor Laura gaben sie ihre Absichten nicht preis. Abgesehen davon mussten die Freundinnen zuerst die Adresse aus ihr herausbekommen.

Was ist bloß aus unserem fröhlichen Chorausflug geworden? Der Gedanke huschte durch mehrere Köpfe im Raum.

Die trüben Überlegungen stoben auseinander, als die Zimmertür aufgerissen wurde und eine gut gelaunte Sandra hereinwehte: „Dobraj ranicy, ihr Hübschen!“

Prosecco~Wellen

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