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Brian Air

Der April, der seinem Namen alle Ehre machte, meinte es nicht gut mit den Freundinnen. Als sie in Friedrichshafen durchs Gate ins Freie traten, verwandelte ein launiger Föhn ihre gestylten Frisuren zu Vogelnestern und die ersten Regentropfen spendeten ihren Segen dazu.

„Warum hat dieser blöde Flughafen keine überdachten Gangways?“ Lilli musste trotz olympiareifem Sprint vom Gate bis zum Flugzeug wie alle anderen Gäste am unteren Ende der Zugangstreppe warten, bis sie an der Reihe war. Sie funkelte den schuldlosen Sicherheitsbeamten böse an. Dieser war mit schwierigen Fluggästen bestens vertraut und quittierte Lillis Feindseligkeit mit einem schiefen Lächeln.

„Lilli, er kann doch nichts dafür!“, murmelte Sandra über Lillis Schulter hinweg und versuchte mit einem entschuldigenden Blick, den geduldigen Mann vom friedlichen Naturell seiner Fluggäste zu überzeugen.

„Macht doch nichts, das bisschen Regen. Bis Hamburg sind wir wieder trocken.“ Emmas Naturlocken bauschten sich zu einem nostalgischen Afrolook auf.

„Genau! Was soll das Gemecker? Jetzt fängt unser Urlaub an!“ Melanie wollte sich die Reise nicht verderben lassen und ging in Gedanken bereits die Getränkekarte an Bord durch.

Marie, die neben ihr stand, hielt sich würdevoll aus der Diskussion heraus und wartete trotz inzwischen heftigem Regenfall, bis sie an der Reihe war.

Der altgediente Spruch „Zeit ist Geld“ musste vom Gründer der Brian Air stammen. Kaum hatten die letzten Passagiere die Boeing betreten, wurden sie von den Flugbegleitern bereits auf ihre Plätze gescheucht. Und sie mussten hilflos zusehen, wie ihnen die Gepäckstücke entrissen und in die Ablagefächer über ihren Köpfen gestopft wurden. Lilli hatte ihre Geldtasche im Handkoffer vergessen und wurde zurechtgewiesen, als sie noch einmal aufstand.

„Madam, please sit down! We will take off in a few minutes!“, wies ein Flugbegleiter sie zurecht.

Man konnte Lilli ansehen, was sie von der Rüge hielt, doch Melanie drückte ihre Freundin in den Sitz und zischte: „Sei bloß still, sonst bekommen wir später nichts zu trinken!“ Lilli verdrehte ihre Augen: „Du wirst schon nicht verdursten!“

„Mein Opa hat immer gesagt: ‚Durst ist schlimmer als Heimweh!‘ Obwohl – an Heimweh leide ich im Moment auch nicht.“ Melanie zog kichernd die Getränkekarte aus der Tasche am Vordersitz. Gemeinsam mit Lilli studierte sie die Auswahl.

Emma saß direkt vor Lilli. Sie blickte durch das mit Regentropfen gesprenkelte Fenster in den grauen Himmel. Auch wenn es geschneit hätte, nichts konnte ihre Vorfreude trüben. Sie wollte nur einmal alles hinter sich lassen. Hoffentlich hatte Frau Hagen mit ihrer Mutter keine Probleme!

Marie, die neben Emma saß, starrte Löcher in die Luft. Emma legte die Hand auf den Arm ihrer Freundin: „Geht’s dir gut?“ Marie zuckte zusammen, bevor sie mit zittriger Stimme antwortete: „Danke. Mir geht’s gut.“ Ihre geröteten Augen sagten jedoch etwas anderes. Emma streichelte den Arm ihrer Freundin.

„Bye bye, Friedrichshafen! Yuhuuu!“, schmetterte Melanie, als das Flugzeug langsam losrollte. Sie erntete den mitleidigen Blick einer Passagierin jenseits des Mittelgangs. So viel Enthusiasmus war bei Vielfliegern nicht üblich. Doch das tat Melanies Freude keinen Abbruch: „Sollen wir uns was zu trinken bestellen?“

„Ja, Melanie, sobald das Personal wieder Zeit hat, bestellen wir.“ Lilli linste über Melanies Brüste hinweg zur anderen Seite, um die schweigsame Sandra zu beobachten, deren Aufmerksamkeit anderweitig beansprucht wurde.

Ein sehr britisch anmutender Flugbegleiter mit rötlichen Haaren und Sommersprossen kam eilig den Gang entlang, um vermutlich etwas Wichtiges im hinteren Teil des Flugzeugs zu erledigen. Sandra fixierte ihn mit ihrem Blick. Als der Mann ihre Sitzreihe passierte, legte sie ein Bein über das andere, sodass ihr kurzer Rock noch höher rutschte.

Lilli schnaubte: „Also, Sandra! Du stehst auf Prinz Harry?“

„Ich weiß nicht, was du meinst!“ Sandra zuckte ungerührt die Schultern und schwenkte ihren Kopf, damit sie auch die Rückenansicht des Flugbegleiters begutachten konnte. Ihren geweiteten Augen nach fiel das Urteil positiv aus.

Marie hatte den Wortwechsel auf der hinteren Sitzreihe mitbekommen und schüttelte stumm ihren Kopf. Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, wie Sandra und sie Schwestern sein konnten.

Nachdem das Flugzeug seine Reisehöhe erreicht hatte, wurde Melanie ungeduldig. „So, jetzt könnte mal jemand auftauchen und die Bestellungen aufnehmen! Ich hab geglaubt, diese Fluggesellschaften legen Wert auf konsumierende Gäste.“

„Melanie, man könnte denken, du hast Entzugserscheinungen.“ Lilli deutete auf eine Passagierin, die mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihnen herübersah.

Aber Melanie zuckte nur mit den Achseln: „Und? Mir egal! Ich will Spaß!“

Der große Wunsch nach Getränken einiger Passagiere musste bis zur Crew vorgedrungen sein. Denn bald darauf schob Prinz Harry mit einer blonden Kollegin den heißersehnten Getränkewagen durch den Gang.

„Und was möchtet ihr? Ich bezahle! Die erste Runde geht auf mich!“ Melanie fuchtelte mit der Getränkekarte zwischen Maries und Emmas Sitz herum. Da die beiden unentschlossen mit ihren Schultern zuckten, entschied Melanie: „Also gut, fünf Mal Prosecco!“ Der Flugbegleiter schenkte ihnen ein erfreutes Lächeln und bediente sie mit geschulten Handgriffen: „That costs 35 Euros, Madam, please!“

Melanie schlug ein ordentliches Trinkgeld drauf und bezahlte ohne mit der Wimper zu zucken. Prinz Harry bedankte sich mit einem royalen Lächeln.

„Melanie, das ist aber teuer.“ Emma guckte zwischen den Sitzen hindurch nach hinten und hob dankbar das Plastikglas. „Auf dich!“ Mit zustimmendem Gemurmel streckten alle die Hände über ihren Köpfen zusammen: „Zum Wohl, Mädels!“ Melanie grinste: „Was soll’s? Das Geld kommt ohnehin von Jakobs Konto.“ Dann nahm sie einen kräftigen Schluck.

Gut eineinhalb Stunden und zwei Runden Prosecco später landete das Flugzeug in Hamburg. Sandra trödelte beim Aussteigen und bedachte den rothaarigen Flugbegleiter mit einem: „Thank you so much!“ Lilli schubste sie unsanft: „Sandra, du blockierst hier alles. Los raus!“ Sandra ließ sich von Lillis Kommentar nicht beeindrucken. Dafür dankte Prinz Harry Lilli mit einem: „I hope you’ve enjoyed the flight.“

Im Terminal schickte Melanie eine Nachricht an ihre Familie, auch die anderen waren mit ihren Handys beschäftigt.

„So, jetzt wissen alle, dass Brian Air uns nicht mit dem Schleudersitz frühzeitig von Bord geschafft hat. Auf zur S-Bahn!“, trieb Melanie ihre Freundinnen an. Melanie, Lilli und Sandra gingen voraus, während Emma sich bei Marie einhängte, die konzentriert auf ihr Telefon starrte. „Alles okay?“

Marie blickte kurz auf. „Ich habe Johannes Bescheid gegeben. Schließlich sind wir verheiratet!“, sagte sie mit Nachdruck. Emma drückte Maries Arm und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, dann folgten sie ihren Freundinnen.

Eine Viertelstunde später saß das Quintett in der S-Bahn und ließ die Hamburger Vorstadt am Fenster vorbeiziehen. Melanie, Lilli, Emma und Sandra saßen sich gegenüber, Marie belegte die 4er-Sitzgruppe nebenan allein. Sie blickte aus dem Fenster, ohne die Landschaft zu sehen, das Geplauder ihrer Freundinnen nahm sie wie durch einen Schalldämpfer wahr. Ihre Gedanken kreisten um den Abschied von Johannes am Morgen.

„So, ich muss dann los“, hatte Johannes gesagt. Er war vorbeigekommen, um seinen Tennisschläger zu holen, und Marie hatte den Eindruck gehabt, er sei überrascht, sie hier noch zu sehen. Sie bot ihm einen Kaffee an, den er im Stehen trank. Johannes stellte die leere Tasse in den Geschirrspüler. Sie hatte seine Ordentlichkeit immer gemocht.

Marie saß auf einem der Chromstahlhocker an der Theke und fragte in ihre Tasse: „So früh schon unterwegs heute?“

Johannes zerrte an seinem ohnehin perfekten Krawattenknoten: „Ich habe Interessenten für die Weißenstein-Villa. Da möchte ich rechtzeitig vor Ort sein. Ich wünsche dir eine schöne Reise!“ Aber er rührte sich nicht von der Stelle und hielt sich mit beiden Händen an der Marmorarbeitsplatte fest – so, als hätte er Angst.

Wie lächerlich! Er musste doch wissen, dass sie niemals eine Szene machen würde. Maries Magen zog sich zusammen. Mit geschlossenen Augen atmete sie tief durch die Nase ein und blies die Luft langsam wieder aus den Lungen. Dann öffnete sie ihre Lider und sah Johannes direkt in die Augen – nicht fragend, sondern klar und offen. Sein Blick war distanziert, als würde er eine mäßig interessante Immobilie betrachten. Marie war gekränkt. Sie wusste, dass sie heute gut aussah – so wie immer! Sie trug eine schmal geschnittene dunkelblaue Hose, die ihre langen Beine gut zur Geltung brachten. Dazu eine weiße Bluse mit einem locker gebundenen Schal im weiß-blau-roten Paisley-Muster. Ihr langes dunkles Haar hatte sie im Nacken zusammengebunden. Früher hatte Johannes sie bewundert. Als ‚sein schönstes Objekt hatte er sie oft bezeichnet. Sie war eine Frau, die bei Geschäftsessen redegewandt und elegant an seiner Seite geblieben war und ihn bei seiner Karriere unterstützt hatte.

Marie hätte nicht sagen können, was sie mehr schmerzte: Sein offensichtliches Desinteresse oder die Tatsache, dass er nicht mehr da sein würde, wenn sie zurückkam. Und ohne lange zu überlegen, rutschten die Worte aus ihrem Mund: „Soll ich hierbleiben? Soll ich nicht nach Hamburg fahren?“ Oh, Gott – was sag ich da? Marie schluckte ihre Reue hinunter.

Johannes Blick wechselte von distanziert zu mitleidig, was sie noch mehr beschämte.

„Es tut mir leid, Marie. Ich werde am Wochenende meine restlichen Sachen packen und am Sonntagabend ausgezogen sein, wenn du zurückkommst.“ Johannes presste seine Lippen zusammen.

Seltsam! Marie konnte sich nicht daran erinnern, ihm gesagt zu haben, wann sie wieder zurückkam.

„Ich muss jetzt los. Mach’s gut!“ Johannes flüchtete mit einem letzten schiefen Lächeln aus der Küche.

Marie hörte, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Ihr Blick blieb an der kalten Marmorarbeitsplatte haften, an die sich Johannes vorhin gelehnt hatte. Es fühlte sich an, als läge ihr Herz darauf.

„Marie, Marie …!“ Die Worte kamen von weit her. Eine Stimme rettete Marie aus ihren düsteren Gedanken. Emma musterte sie fragend, doch sie schüttelte ihren Kopf. Auch die Augen der anderen Freundinnen ruhten mitleidig auf ihr, was sie als demütigend empfand.

„Wie heißt nochmal das Hotel, in dem wir heute Abend auftreten?“, versuchte Marie, ihre Freundinnen abzulenken.

„Zur goldenen Welle!“ Melanie zog einen Brief aus ihrer Handtasche und las ihn nicht zum ersten Mal vor:

Sehr geehrte Mitglieder des Prosecco-Chors,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie zu den sechs auserwählten Chören gehören, die sich um den Titel der A-cappella-Königinnen messen dürfen. Die Vorentscheidung findet am Donnerstag, den 24. April, um 20.00 Uhr im Ballsaal des Hotels Zur goldenen Welle statt. Wir bitten Sie, sich pünktlich bis 18.00 Uhr dort einzufinden, damit Sie sich auf Ihren Auftritt vorbereiten können. Beiliegend übersenden wir Ihnen Informationen für den weiteren Ablauf des Wettbewerbs.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Mit freundlichen Grüßen

Franco Monetta, Redaktion: Singspuren

RHM – Radio Hamburg Musikwelle

Melanie hatte von dem Wettbewerb im Internet gelesen und ihren Chor zur Teilnahme überredet. Die Freundinnen sangen seit zwanzig Jahren zusammen, sie wurden vorwiegend für Hochzeiten oder Taufen gebucht. Wobei sich die Anzahl der Auftritte in Grenzen hielt, da der Chor seine Engagements ausschließlich über Mundpropaganda erhielt. Der Auftritt in Hamburg versprach, eine aufregende Erfahrung zu werden.

Da Melanie den Chor üblicherweise mit ihrer Gitarre begleitete, war der A-cappella-Auftritt eine Herausforderung. Doch offensichtlich entsprachen sie den Vorstellungen des Sendeteams. Denn bald nach der geforderten Videobewerbung waren sie vom Sender zur Teilnahme eingeladen worden. Den Gewinnern winkten eine professionelle Studioaufnahme sowie die Ausstrahlung im RHM-Sender. Melanie hatte ihre Freundinnen im Laufe der letzten Wochen mit einem straffen Probenplan zu gesanglichen Höchstleistungen angetrieben.

„Warum machen sie den Wettbewerb nicht im Sendergebäude?“, rätselte die Chorleiterin, während sie in einen Schokokeks biss und die offene Packung einladend in die Runde hielt. Sie dachte an den heimischen Radiosender Ländlefunk, der immer wieder mit Veranstaltungen im Publikumssaal lockte.

„Wahrscheinlich haben sie dort nicht genug Platz. Die Amsel findet ja auch nicht im Studio statt!“, stellte Lilli fest.

Die Amsel war ein musikalischer Wettbewerb, bei dem die lokalen Bands im Vorarlberger Dialekt sangen. Die Veranstaltung fand immer auf einer großen Bühne im Freien statt.

„Im Hotel wird es sicher schöner sein!“, meinte Emma zuversichtlich und griff nach einem Keks. Sie verspürte ohnehin keinen Drang, im hohen Norden auf einer zugigen Bühne zu singen.

„Wo wohnen wir noch mal? Im Hotel Rote Schwalbe, oder?“, fragte Melanie und beförderte die Keksbrösel von ihrem Shirt auf den Boden.

„Hotel Rote Möwe im Stadtteil St. David“, erklärte Lilli und verschränkte die Arme vor ihrem Körper, um der lockenden Kekspackung zu widerstehen. Sie hatte den Flug und das Hotel organisiert.

„Ist das nicht ein Rotlichtviertel?“, fragte Melanie, wobei sie sich verschluckte und von Lilli mit einem Trommelwirbel auf ihrem Rücken gerettet wurde. Als Melanie sich wieder beruhigt hatte, stellte Lilli grinsend klar: „Ja und? Du willst doch auch einmal nach St. Pauli – dort geht sicher noch mehr ‚die Post ab‘! Und wir müssen auf jeden Fall unser Sightseeing-Programm durchziehen! Wer weiß, wann wir wieder mal hierher kommen?“

„Aber erst holen wir uns den Titel der A-cappella-Königinnen!“ Melanie spülte ein letztes Räuspern mit einem Schluck aus ihrer Wasserflasche hinunter. Dann reckte sie sich in eine aufrechte Position und forderte spontan: „Also Mädels, auf geht’s! Wir singen jetzt Only you.“

„Hier im Zug?“ Marie blickte sich unsicher im gut besetzten Zugabteil um, während die anderen bereits auf Melanies Kommando warteten.

„Warum nicht? Das ist doch eine gute Übung für heute Abend.“ Melanie kramte nach ihrer Stimmgabel und hob die Hände wie ein Dirigent. Dann summte sie den ersten Ton und alle stimmten in das Lied ein: „Badadada, Badadada, Badadada, Badadada …“

Nach dem letzten „Badadada“ war es, bis auf das Rauschen des Zuges, im ganzen Abteil mucksmäuschenstill. Dann begannen zwei ältere Herren im Businessanzug, zu applaudieren, bald stimmten weitere Fahrgäste ein. Dazwischen waren sogar ein paar „Bravo“-Rufe zu hören. Melanie stand auf und verbeugte sich dankend, bis Lilli sie am Saum ihres Trenchcoats wieder auf den Sitz zog. Doch Melanies Busen schien um eine Körbchengröße gewachsen zu sein. Sie verkündete: „Na, das war doch schon was, Mädels! Ich bin stolz auf euch!“

Als sich der Zug dem Hauptbahnhof näherte, sammelten die Freundinnen ihr Gepäck ein und machten sich für den Ausstieg bereit. Die älteren Herren im Anzug schoben ihre Trolleys vorbei. Der Größere der beiden, vom Typ: Sky Du Mont, bemerkte dabei: „Das war wirklich ein Ohrenschmaus, meine Damen. Planen Sie einen Auftritt oder soll es nur ein wenig Straßenmusik werden?“

Sein Tonfall klang durchaus respektvoll, doch Lilli schnaubte entrüstet: „Also bitte! Straßenmusik! Was denken Sie von uns? Wir fahren zum Wettbewerb der A-cappella-Königinnen!“

„Verzeihung, gnädige Frau! Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten!“ Sky Du Mont verbeugte sich wie ein Butler und schenkte Lilli ein schelmisches Lächeln, bevor er das Abteil verließ.

„Und die ‚Gnädige‘ kann er sich auch schenken.“ Lilli schnappte sich ihren Blazer vom Haken.

„Aber der war doch ganz nett, sei nicht immer so angriffslustig!“ Sandra zog ihre kurze Lederjacke an und hängte sich ihre Handtasche quer über die Brust.

„Ich bin nicht angriffslustig!“, knurrte Lilli.

Melanie grinste: „Nein, überhaupt nicht!“ Sie schubste Lilli vor sich her, die anderen folgten ihnen. Auf dem Bahnsteig waren sie aber nur noch zu viert.

„Wo ist Emma?“ Lilli drehte sich suchend im Kreis. Dann schaute sie durch das Zugfenster in das Abteil zurück. Dort saß Emma mit dem Handy in der Hand und tippte darauf herum. Lilli trommelte ans Fenster: „Emma, was machst du? Komm raus! Oder willst du wieder zurück zum Flughafen fahren?“

Emma stolperte mit roten Wangen aus dem Zug und stammelte: „Oh, entschuldigt! Ich habe gerade eine Nachricht von Frau Hagen bekommen! Sie wollte nur etwas wegen Mama wissen.“

„Gut, dass du Frau Hagen hast!“ Sandra tätschelte den Rücken ihrer Freundin, bis die Sorgenfalte auf Emmas Stirn verschwand.

Prosecco~Wellen

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