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4.3Verbot des Angriffskrieges und Kriegswaffenkontrolle
Оглавление86Die an zahlreichen Stellen des Grundgesetzes betonte Friedlichkeit der Bundesrepublik Deutschland29 verdichtet sich in Art. 26 GG zum Verbot des Angriffskrieges. Das Grundgesetz nimmt damit die Entwicklung in der Völkerrechtsordnung auf, in der das Recht zum Krieg (ius ad bellum) der klassischen Epoche des Völkerrechts (etwa 1648–1918) abgelöst wurde durch das Kriegs- und Gewaltverbot sowie die Friedenssicherungspflicht der Staaten.30 Nach Art. 26 GG sind „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten“ verfassungswidrig, und sie sind unter Strafe zu stellen, was der Gesetzgeber mit den §§ 80 und 80a StGB getan hat. Die Problematik dieser Vorschriften liegt – wie oft bei Tatbeständen politischen Strafrechts – in ihren Gesinnungs- und Prognoseelementen. Dies macht die Anwendung im Einzelfall außerordentlich schwierig.
Art. 26 Abs. 2 GG knüpft die Herstellung und den Handel mit Kriegswaffen an einen Genehmigungsvorbehalt.31 Zuständig für die Genehmigung ist die Bundesregierung.32 Der Bundestag ist zur Kontrolle befugt.33 Die näheren Regelungen finden sich im Kriegswaffenkontrollgesetz, für das Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GG die Rechtsgrundlage enthält.
Rechtsprechung: BVerfGE 18, 441 – AG in Zürich; 58, 1 – Eurocontrol I; 68, 1 – Nato-Doppelbeschluss; 90, 286 – Bundeswehreinsatz; 104, 151 – NATO-Strategiekonzept; 118, 244 – Tornado-Einsatz Afghanistan; 121, 135 – AWACS-Einsatz; 112, 1 – entschädigungslose Enteignungen; 117, 141 – Immunität; BVerfGE; 118, 124 – Staatsnotstand als Zahlungseinrede nicht anzuerkennen; 137, 185 – Informationsanspruch Kriegswaffenexportkontrolle; 143, 101 – Völkerrecht begrenzt nicht Untersuchungsausschussrechte.
Literatur: H.-J. Cremer, Allgemeine Regeln des Völkerrechts, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 235; Th. Flint, Die Übertragung von Hoheitsrechten, 1998; J. Hecker, Grundgesetz und horizontale Öffnungen des Staates, AöR 127 (2002), 291; W. Heintschel von Heinegg/V. Epping, Friedenssicherung und friedliche Streitbeilegung, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, §§ 51–55; W. Heintschel von Heinegg, Die weiteren Quellen des Völkerrechts, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, §§ 17–22; St. Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, 1998; D. Holtenhausen, Der Verfassungsauftrag des Art. 26 Abs. 2 GG und die Ausfuhr von Kriegswaffen, JZ 1995, 284; D. König, Die Übertragung von Hoheitsrechten im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses – Anwendungsbereich und Schranken des Art. 23 GG, 2000; Ph. Kunig, Völkerrecht und staatliches Recht, in: Graf Vitzthum/Proelß (Hrsg.), Völkerrecht, 8. Aufl. 2019, S. 61; St. Oeter, Systeme kollektiver Sicherheit, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 243; A. Proelß, Das Friedensgebot des Grundgesetzes, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 227; A. Voßkuhle/A.-K. Kaufhold, Grundwissen – Öffentliches Recht: Offene Staatlichkeit, JuS 2013, 309; R. Wahl, Der offene Staat und seine Rechtsgrundlagen, JuS 2003, 1145; R. Wolfrum, Das Grundgesetz und die internationale Streitschlichtung, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 242.
Lösung zu Fall 1: Das Staatsoberhaupt der Republik
1a)Lässt das Grundgesetz die Einführung einer Monarchie im Bund zu?
Gemäß Art. 20 Abs. 1 GG ist Deutschland eine Republik mit einem Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt, der gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 GG auf fünf Jahre gewählt wird. Diese Vorschriften müssten zum Zwecke der Einführung der Monarchie im Bund geändert werden. Art. 79 Abs. 3 GG, die sog. Ewigkeitsgarantie, verbietet allerdings Verfassungsänderungen, durch welche die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden. Die Einführung der Monarchie durch Verfassungsänderung ist also unzulässig, wenn sie eines der Staatsstrukturprinzipien des Art. 20 GG berührt.
Wesentlicher Inhalt des Staatsstrukturprinzips „Republik“ ist die Absage an eine Monarchie im Sinne der Bestimmung des Staatsoberhauptes im Wege der Erbfolge oder ggf. auch per Wahl auf Lebenszeit. Mit der Einführung der Monarchie im Bund würde die Staatsform der Republik nicht nur berührt, sondern negiert. Es liegt ein Verstoß gegen Art. 79 Abs. 3 GG vor.
1b)Lässt das Grundgesetz die Einführung einer Monarchie in einem Bundesland zu?
Das Grundgesetz enthält keine Bestimmung über die Staatsoberhäupter der Bundesländer. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG gebietet jedoch, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne des Grundgesetzes entsprechen muss (sog. Homogenitätsklausel). Mangels Übereinstimmung mit der republikanischen Staatsform würde die Einführung der Monarchie in einem Bundesland gegen Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen.
2a)Könnte das Grundgesetz mit verfassungsändernder Mehrheit dahin abgeändert werden, dass der Bundespräsident vom Volk gewählt wird?
Gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt. Die Einführung einer Wahl durch das Volk, wie sie die Weimarer Reichsverfassung vorsah, bedürfte also einer Verfassungsänderung. Die nötige Mehrheit gemäß Art. 79 Abs. 2 GG steht nicht in Frage. Art. 79 Abs. 3 GG verbietet allerdings Verfassungsänderungen, welche die Grundsätze des Art. 20 GG berühren. Die Grundsätze sind berührt, wenn ihre prinzipielle Geltung in Frage gestellt wird. Durch die Änderung des aktiven Wahlrechts hinsichtlich der Wahl des Bundespräsidenten wird die Staatsform der Republik nicht berührt. Die Wahl durch das Volk stellt zudem eine demokratische Form dar, um das Staatsoberhaupt zu bestimmen. Die Betroffenheit weiterer Grundsätze ist nicht ersichtlich. Eine entsprechende Verfassungsänderung ist folglich zulässig.
2b)Könnte das Grundgesetz mit verfassungsändernder Mehrheit dahin abgeändert werden, dass der Bundespräsident nicht mehr auf fünf Jahre, sondern auf Lebenszeit gewählt wird?
Maßstab für die Beantwortung dieser Frage ist wiederum Art. 79 Abs. 3 GG, der die Grundsätze des Art. 20 GG vor Verfassungsänderungen bewahrt. Der in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerte Grundsatz der Demokratie besagt, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Die Rückkoppelung der ausübenden Staatsorgane an das Volk verlangt, dass dieses in regelmäßigen Abständen Einfluss auf die Besetzung der Organe nehmen können muss. Dementsprechend werden alle obersten Staatsorgane unmittelbar oder mittelbar auf Zeit gewählt. Die Wahl des Bundespräsidenten auf Lebenszeit missachtet diesen Grundsatz. Ein sachlicher Grund für eine Ausnahme ist nicht erkennbar. Damit steht Art. 79 Abs. 3 GG einer solchen Verfassungsänderung entgegen.