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Angriff, räuberischer auf Kraftfahrer/Mitfahrer (mit »Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs«) § 316a I StGB
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»Angriff« ist eine gegen Leib, Leben oder Entschlussfreiheit (zu Letzterer, insbesondere zu Täuschungen und List als Angriffsmittel Rn. 39) des Fahrzeugführers bzw. eines Mitfahrers gerichtete feindselige Handlung (Einwirkung).
Der »Angriff« kann sich unmittelbar gegen das Fahrzeug und nur mittelbar gegen dessen Insassen richten; ob er außerhalb oder innerhalb des Fahrzeugs erfolgt, ist unerheblich. »Angreifer« kann jeder sein, auch der Fahrzeugführer, der den Mitfahrer angreift. |
Einen Angriff »verübt«, wer ihn ausführt. Der Angriff ist »ausgeführt« (vollendet), wenn der Täter die Angriffstätigkeit – zumindest aus seiner Sicht – derart abgeschlossen hat, dass das Opfer bereits in den Wirkungsbereich des jeweiligen Angriffsmittels gelangt ist (Rn. 35, dort auch zum Versuch des Angriffs; zur Vorbereitung Rn. 40).
Eine Verletzung von Leib, Leben und Entschlussfreiheit ist zur Ausführung (Vollendung) nicht erforderlich, erst recht nicht ein Versuch oder die Vollendung des geplanten Raubes oder sonstigen räuberischen Delikts. |
Ein Angriff auf den »Führer« des Fahrzeugs liegt – nur dann – vor, wenn der Fahrer im Zeitpunkt des Angriffs das Fahrzeug in der Weise »führt«, dass er mit dessen Betrieb oder sonst mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen befasst ist; ein Angriff auf den »Mitfahrer« setzt ein vom Fahrer »geführtes« Fahrzeug voraus (»Akzessorietät« der Mitfahrer-Eigenschaft) Rn. 37.
Die »besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs« werden für den Angriff[1] »ausgenutzt«, wenn sich der Täter die typischen Gefahrenlagen – bewusst – zunutze macht, die für das Opfer mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbunden sind (Rn. 38).
Die Gefahren ergeben sich für den Fahrer aus der Beanspruchung durch das »Führen« des Fahrzeugs, für »Mitfahrer« namentlich aus der Erschwerung von Flucht, Gegenwehr oder fremder Hilfeleistung aufgrund ihrer Isolierung im Fahrzeug. |
Literatur:
Bosch Jura 2013, 1234 ff; MK-Sander, 2. Aufl., § 316a Rn. 8 ff; Sowada, Otto-FS, 2007, S. 799 ff; Steinberg NZV 2007, 545 ff sowie Ingelfinger JR 2000, 225 ff (insbes. zu den Änderungen durch das 6. StrRG) und Jesse JZ 2008, 1083 ff (gesetzeskritisch). Einführend: Rengier, BT 1, § 12 Rn. 5 ff. Monographisch: Hübsch, Der Begriff des Angriffs in § 316a StGB, 2007.
Rechtsprechung
Grundlegend (für die neue einschränkende Rspr.): BGHSt 49, 8 ff mit Anm. Herzog JR 2004, 258 ff, Krüger NZV 2004, 161 ff, Sander NStZ 2004, 501 ff und Sternberg-Lieben JZ 2004, 633 ff; BGHSt 50, 169 (170 ff); 52, 44 (45 ff) mit Anm. Bosch JA 2008, 313 ff, Dehne-Niemann NStZ 2008, 319 ff, Krüger NZV 2008, 234 ff und Sowada HRRS 2008, 136 ff. Beispielhaft: BGH NStZ 2004, 269 (Angriff nach dem Anhalten); 2004, 626 (Angriff auf Mitfahrer); 2007, 35 (36 – Beihilfe). – Zur Rspr. vor BGHSt 49, 8 vgl. die Nachw. in der 6. Aufl. 2005, S. 19 sowie Rn. 36.
BGH NZV 2006, 431 (432): „Liegt ein Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs … vor, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Täter »dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs« ausgenutzt hat. Danach ist erforderlich, dass der tatbestandsmäßige Angriff gegen das Tatopfer als Kraftfahrzeugführer unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs begangen wird… Das ist (objektiv) der Fall, wenn der Führer eines Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt des Angriffs noch in einer Weise mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist, dass er gerade deshalb leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann… Verübt der Täter den Angriff im fließenden Verkehr oder bei einem verkehrsbedingten Halt, stellt dies ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass er dabei auch die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt. Aber auch bei einem nicht verkehrsbedingten Halt … kann im Einzelfall eine Gegenwehr des angegriffenen Fahrzeugführers infolge spezifischer Bedingungen des Straßenverkehrs erschwert sein… Hierfür genügt jedoch nicht, dass der Fahrzeugmotor noch läuft und der Fahrer (allein) deshalb mit dem Betrieb des Fahrzeugs beschäftigt ist… Vielmehr müssen weitere verkehrsspezifische Umstände vorliegen, die zu einer Beeinträchtigung der Abwehrmöglichkeiten des angegriffenen Fahrzeugführers geführt haben.“