Читать книгу Narzisstische Störungen - Wolfgang Schmidbauer - Страница 17
Das schöpferische Selbstgefühl
ОглавлениеDas schöpferische Selbstgefühl ist mit der Schönheit und Beweglichkeit des Organismus vergleichbar. Es entsteht unter »normalen« äußeren Umständen, die beim Menschen individuell nicht organisierbar sind. Ein menschliches Baby kann nur überleben, wenn es von einer Kultur beschützt wird, deren Agentin meist die Mutter ist. Diese Kultur ist nicht vorwiegend darauf ausgerichtet, besonders günstige Voraussetzungen für die Entwicklung des Individuums zu schaffen. Sie kämpft immer auch um das eigene Überleben.
Wird das Kind unzureichend mit einfühlendem Austausch versorgt, entstehen Verletzungen. Diese werden durch starre Idealisierungen ausgeglichen. Dieser Prozess begleitet unser Leben. Wo wir einem einfühlenden Austausch begegnen, werden wir kreativer; wo er uns fehlt, verkümmert unsere Kreativität. Gute wie schlechte Erfahrungen werden auf dem Weg der Identifizierung gespeichert, nicht nur in der Kindheit, sondern das ganze Leben lang in unterschiedlicher Intensität – besonders intensiv in Verliebtheitsphasen oder in Zuständen der Trance und Inspiration. Wie wir aus der Beobachtung animistischer Kulte (z.B. Voodoo) wissen, sind auch solche Inspirationen ein Leben lang möglich. Unsere Fähigkeit zu befreienden Identifizierungen ebenso wie unsere Gefährdung durch lähmende Traumatisierungen verlieren wir erst durch den Tod.