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Das Pygmalion-Dilemma

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Wir strafen unsere Partner, wenn sie nicht in unsere Fantasien von einem Selbstobjekt passen und diese nicht erfüllen. Ungern machen wir uns daran, uns mit ihrer Realität überhaupt zu befassen – es wäre doch so viel schöner, wenn sie so wären, wie wir sie mit Hilfe unserer Fantasietätigkeit gemacht haben. Es gibt einen Mythos dazu, der für die narzisstische Störung so bedeutungsvoll ist wie die Sage von Ödipus für die Hysterie: Die von Pygmalion, dem kretischen Bildhauer, der aus Elfenbein ein Bild der Frau seiner Träume fertigte und sich derart in es verliebte, dass er in Sehnsucht verging, nicht mehr aß und trank, bis Venus ihn erlöste, gerührt von soviel Hingabe: Sie verwandelte das Bild in eine Frau aus Fleisch und Blut.

So endet die Geschichte glücklicher als die von Narziss, der sich in sein eigenes Spiegelbild in einer klaren Quelle verliebte und verschmachtete, weil es sich immer auflöste, wenn er es zu erreichen suchte. Pygmalion wurde von Venus erlöst; Narziss von ihr vernichtet. Der Mythos erwähnt eine Rache der Liebesgöttin, weil Narziss die Liebe der Nymphe Echo zurückgewiesen hatte. Natürlich spielt in diesen Geschichten die Haltung des Mythos zu Autoerotik und Homosexualität eine Rolle. Die Homosexualität lässt sich als Scheu vor der Andersartigkeit des nicht eigenen Geschlechts verstehen. Sie lässt vermuten, dass das Selbstgefühl eine traumatische Einschränkung erfahren hat, so dass keine Neugier die Angst vor dem Fremden überbrückt und die sexuelle Erforschung des anderen Geschlechts anziehend erscheinen lässt.

Doch dürfte der Homosexuelle seelisch stabiler und entwicklungsfähiger sein als Menschen, die sich nur aus sozialer Folgsamkeit, nicht aus Lust am erotischen Austausch heterosexuell verhalten. Er äußert den Mut zu sich selbst und wehrt sich gegen eine Normalität, die er emotional nicht ausfüllen kann. Damit unterscheidet er sich von jenen Personen, die so wenig in ihrer Sexualität beheimatet sind, dass sie im Grunde weder homo- noch heterosexuell sein können, sondern nur »normal«. Aus diesen Normopathen rekrutieren sich auch jene, welche die Homosexualität erbittert bekämpfen.

Narzisstische Störungen

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