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Theologisches Programm

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Wenn ich nun versuche, den vorgestellten Ansatz von Theologie inhaltlich in ein Programm zu übersetzen, so scheint sich mir folgende Agenda nahe zu legen: Der schultheologische Monotheismus steht zur Disposition, weil er keine hinreichende Antwort auf das Verhältnis von Absolutem und Endlichem gewährt, sondern im theologischen Krisenprodukt des Schöpfungsgedankens18 seine Verlegenheit verbirgt. Nicht von ungefähr hat Fichte ausgerechnet in der predigtnahen Anweisung zum seligen Leben den Schöpfungsgedanken als den „absoluten Grundirrthum aller falschen Metaphysik und Religionslehre“19 gebrandmarkt. Die Alternative hieße: Der traditionelle Monotheismus ist konsistent – aber dann verstehen wir ihn nicht und zündeln damit gut kierkegaardsch-protestantisch und zugleich postmodern mit einem arationalen Überhang in der Religion.20 Im Hintergrund dieser zugegeben auf den ersten Blick sperrigen These steht die aus dem enzyklopädischen Durchgang durch die denkerische Architektonik der Hochreligionen gewonnene Überzeugung Erik Voegelins,

„dass […] eine Metaphysik, welche das Transzendenzsystem der Welt als den immanenten Prozeß einer göttlichen Substanz interpretiert, die einzig sinnvolle systematische Philosophie ist, weil in ihr zumindest der Versuch gemacht wird, die bewusstseinstranszendente Weltordnung in einer ‚verstehbaren‘ Sprache zu interpretieren, während jede ontologisch anders fundierte Metaphysik zur Unmöglichkeit, die Transzendenz immanent zu verstehen, noch den Widersinn hinzufügt, sie in ‚unverständlicher‘, d. h. nicht an der einzig ‚von innen‘ zugänglichen Erfahrung des Bewußtseinsprozesses orientierter Sprache zu interpretieren.“21

|88|Die daraus resultierende systematisch-theologische Wahrnehmung der Aufgabe, Monotheismus und All-Einheit zusammenzuhalten, wäre gerade der christlich-katholischen Denkform auf den Leib geschrieben; sie müsste allerdings in ausreichendem Maß den philosophischen Verpflichtungen nachzukommen bereit sein, die mit einem solchen Unternehmen verbunden sind. Solche Theologie stellte sich der spätestens nach Spinoza, Kant und der idealistischen Zusammenführung beider Denkperspektiven22 nicht mehr hintergehbaren Herausforderung, Gott so zu denken, dass er „zugleich persönlich und alles ist“23, um eine Formel Peter Strassers aufzugreifen, die wie von Schelling aufgenommen klingt. „Gott ist das Einzelwesen, das alles ist“24, heißt es an einer Stelle der Philosophie der Offenbarung. Die Einlösung der mit diesem Begriff gestellten Aufgabe ist Schelling auch in dem über Jahrzehnte sich erstreckenden Weltalter-Projekt nicht gelungen, den Nachfolgenden – gerade den Ambitioniertesten, die sich unter dem Titel des „Spekulativen Theismus“ dem gemeinsamen Anliegen verbanden – auch nicht. Hermann Lotze erblickte den Grund dieser Abbrüche darin, dass in diesen Projekten das

„[…] System der Freiheit […] offner in einen Dualismus übergegangen [ist] als es die Anhänger desselben zugestehn.“25

Querdenker und Grenzgänger, die an diesem Punkt konsequenter blieben, sind meist aus ideenpolitischen Gründen philosophisch und theologisch ins Abseits gedrängt worden. Das Projekt selbst hat, wenn ich recht sehe, heute unter dem Vorzeichen eines bereits im Gang befindlichen „panentheistic turn“26 neue Aussichten. Dieser „turn“ ist im Wesentlichen von prozessphilosophischen Motiven getragen. Eine Metaphysik und Theologie, welche die Herausforderung durch das alle moderne Naturwissenschaft leitende Paradigma der Evolution ernst nehmen, können diese Motive nicht ignorieren.

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