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Der Brief, den Dr. Kayser erwähnt hatte, kam zwei Wochen später.

Ein Vordruck. Nur die persönliche Anrede war eingesetzt.

Sehr geehrter Herr Lenz!

Für Ihre Operation steht für Sie am 11.8.(7.30 Uhr, nüchtern) ein Bett zur Verfügung.

Hasso Lenz hatte das Schreiben x-mal gelesen. Er kannte es auswendig.

Sollten Sie aus persönlichen Gründen zu diesem Termin nicht operiert werden wollen oder besteht eine andere Krankheit (grippaler Infekt, Bronchitis o. a.), dann rufen Sie bitte zwischen 7.30 Uhr und 15.30 Uhr die unten angeführte Nummer an. Für spezielle Fragen stehen Ihnen die Durchwahlen 6960 und 6970 zur Verfügung.

Lenz verließ das Haus. Gaby befand sich in der Redaktion. Er hatte kurz mit ihr telefoniert.

„Der Brief ist eingetroffen, Kleines“, hatte er gesagt.

„Du hast einen OP Termin?“, hatte Gaby gefragt.

„Ja.“

„Wann?“

„Am elften August.“

„Es wird alles gutgehen, du wirst sehen.“

„Ich muss jetzt zu Dr. Kayser.“

„Alles Gute, Papa.“

„Danke, Gaby Liebling.“ Er seufzte, dann machte er sich auf den Weg in die Gartenstraße, wo Dr. Kaysers schönes Haus inmitten eines gutgepflegten Gartens stand.

Lotte, seine verstorbene Frau, fiel ihm ein, während er den Wagen durch die Straßen lenkte. Sie hatte Schlimmeres mitgemacht als er. Auch sie war operiert worden. Mehrere Male. Aber genutzt hatte es nichts. Während er Hoffnung auf völlige Genesung hatte.

Lenz stieg aus seinem Fahrzeug und betrat das Grünwalder Arzt Haus. Schwester Gudrun nahm ihn in Empfang.

„Tagchen, Herr Lenz“, grüßte die langjährige Sprechstundenhilfe freundlich. „Lange nicht jesehen.“ Hasso Lenz grinste. „Was soll ein gesunder Mensch beim Doktor?“

„Oh, da ham wa ein paar Exemplare, die sind zwar jesund, bilden sich aber ’nen Haufen Krankheiten ein und machen es sich bei uns im Wartezimmer schön jemütlich.“

„Nichts gegen Sie und Schwester Marie-Luise, und schon gar nichts gegen Dr. Kayser“, sagte Hasso Lenz, „aber ich weiß mir wirklich was Besseres, als meine Zeit im Wartezimmer meines Hausarztes zu verbringen.“

„Jehn Se rin“, sagte die Berlinerin. „Herr Dr. Kayser ruft Se in Kürze uff.“ Und so war es dann auch. Hasso Lenz zeigte dem Grünwalder Arzt, was ihm die Seeberg-Klinik alles geschickt hatte. Es waren Informationen und Anweisungen, die er vor der Operation zu beachten hatte. „Was hat es mit dieser Eigenblutvorsorge auf sich, Herr Doktor?“, wollte Lenz wissen. „Ich soll eventuell Blut auf Vorrat spenden.“

„Bei der Operation, die für Sie vorgesehen ist, müssen in der Regel drei bis vier Blutkonserven auf Grund des Blutverlustes während des Eingriffs transfundiert werden“, erklärte Dr. Kayser.

„So viel?“ Lenz wiegte den Kopf. „Jede Transfusion von Fremdblut bedeutet trotz sorgfältiger Spenderauswahl ein gewisses, wenn auch minimales, Risiko ...“

„Wegen Aids?“

„Auch“, sagte Sven Kayser. „Aber im Vordergrund steht die Übertragung von Gelbsucht. Trotz genauer Austestung jeder einzelnen Blutkonserve können solche Risiken niemals völlig ausgeschlossen werden.“

„Aha.“

Dr. Kayser fuhr fort: „Bei Patienten, deren Operation für einen längeren Zeitraum geplant werden kann, besteht nun die Möglichkeit, vor dem Eingriff mehrere Male Blut zu entnehmen und für die Operation bereitzustellen, so dass der Patient dann ausschließlich oder zum überwiegenden Teil sein eigenes Blut transfundiert bekommt. Dieses Verfahren bezeichnet man als präoperative Eigenblutspende.“

„Ich entnehme Ihren Worten, dass Sie für eine solche Eigenblutvorsorge sind, Herr Doktor“, sagte Hasso Lenz.

„Unbedingt“, antwortete der Allgemeinmediziner. „Weil nämlich, wenn Sie am Eigenblutprogramm teilnehmen, jede eingesparte Fremdblutkonserve zu einer Verminderung des Transfusionsrisikos beiträgt.“

„Dann werde ich das auf jeden Fall machen “, sagte Hasso Lenz entschlossen. Er legte die Handflächen aneinander, als hätte er die Absicht, zu beten, und während er das Gehörte geistig besser zu verarbeiten versuchte, drängten sich ihm bereits weitere Fragen auf.

„Ich würde gerne noch so einiges wissen, Herr Doktor“, sagte er nach einer Weile.

Sven Kayser nickte. „Fragen Sie.“ Sein Patient deutete mit dem Daumen über seine Schulter. „Draußen sitzen noch einige Patienten.“

„Ich nehme mir für jeden einzelnen so viel Zeit, wie er braucht“, erklärte Sven Kayser ungerührt. „Dagegen haben nur ganz wenige Querulanten etwas einzuwenden. Alle andern kommen ja immer wieder auch selbst in den Genuss dieser Regelung. Was möchten Sie wissen, Herr Lenz?“

Der Patient zögerte, wischte sich kurz mit der Hand über die Stirn. „Wie lange wird die Operation dauern?“

„Es werden dafür drei bis fünf Stunden anberaumt.“

„Und danach?“

„Nach dem Eingriff kommen Sie auf die Intensivstation“, sagte Dr. Kayser.

„Wie lange werde ich ohne Bewusstsein sein?“

„Unter normalen Umständen wacht man wenige Stunden nach der Operation auf.“

„Und was spüre ich, wenn ich wach werde?“, erkundigte sich Hasso Lenz, und es war ihm deutlich anzumerken, dass er sich ziemlich unsicher fühlte. „Den Tubus.“

„Tubus?“

„Beim Erwachen nach einer Operation spürt man in erster Linie den Atmungsschlauch, den Tubus, der gelegentlich ein unangenehmes Würgen auslöst“, erklärte der Grünwalder Arzt. „Sobald der Patient ganz wach, der Kreislauf stabil und die Lungenfunktion in Ordnung ist, kommt der Beatmungsschlauch aus der Luftröhre.“

„An welche Maschinen werde ich angeschlossen sein?“

„Nur an die Beatmungsmaschine“, antwortete der Allgemeinmediziner. „Alle anderen Medikamente laufen über einen Verteiler in eine Plastikkanüle, die bei der Narkoseeinleitung am Hals in die eine große Vene gestochen wurde.“

„Wann darf ich aufstehen?“

Dr. Sven Kayser sagte: „Ein Frischoperierter darf und soll am zweiten oder dritten Tag das Bett verlassen. Zeitpunkt und Dauer hängen natürlich, das versteht sich von selbst, vom klinischen Zustand ab.“

„Wann ist die schwierigste Zeit vorbei?“

„Ohne Risikofaktoren nach zwei bis drei Tagen, sobald die Nieren und die Lungenfunktion sich erholt haben.“

„Und wie lange werde ich in der Seeberg-Klinik bleiben müssen?“

„Ein bis zwei Wochen“, erklärte Dr. Kayser geduldig.

Hasso Lenz nickte versonnen. Er sprach eine Weile nicht, schien erst Ordnung in seine Gedanken bringen zu wollen. Schließlich sagte er: „Nun bin ich also operiert ...“

„Ja? Und?“

„Was darf ich nach der Operation tun?“, wollte Hasso Lenz wissen.

„Sie dürfen grundsätzlich alles tun“, behauptete Dr. Kayser. „Voraussetzung ist natürlich ein normaler Lebens- und ein normaler Ernährungsstil. Sie können baden, sofern das Wasser sauber ist, also nicht in Tümpeln. Auch sollten Sie darauf achten, sich nicht mit Fußpilz anzustecken. Auch gegen einen Saunabesuch ist nichts einzuwenden. Er ist verträglicher als ein zu heißes Bad. Vorsichtig sollten Sie allerdings beim Abkühlen sein.“

„Sonnenbäder?“, fragte Lenz. Sven Kayser nickte. „Kein Einwand, wenn es nicht übertrieben wird. Aber das gilt auch für ‘Gesunde’. Zu den Themen Rauchen und Alkohol wäre zu sagen: Da Rauchen grundsätzlich gesundheitsschädigend ist, sollte man es ganz lassen. Alkohol kann man trinken, allerdings nur wenig, mit Maß und Ziel. Das Heben von schweren Lasten, über vier Kilogramm, sollte bis acht Wochen nach der Operation unterbleiben. Und nach zwei Monaten können Sie sich wieder bedenkenlos in den Arbeitsprozess einklinken.“

„Komme ich in ein Rehabilitationszentrum?“

„Für vier bis sechs Wochen“, sagte der praktische Arzt.

„Sie erwähnten vorhin einen normalen Ernährungsstil“, erinnerte sich Lenz. „Was ist normal? Was darf ich nach der Operation essen und trinken?“

„Nach dem Eingriff sollten Sie so leben wie jeder andere gesunde Mensch, das heißt, Sie sollten möglichst fettarm und ausgewogen essen und entsprechend trinken. Allerdings sollten Sie Ihr Gewicht nach der Operation im Auge behalten, denn Übergewicht kann zu einem großen Problem werden, wenn man nicht aufpasst.“

„Und was soll ich am elften August in die Seeberg-Klinik mitbringen?“, fragte Hasso Lenz abschließend.

„Ihre letzten Befunde und den Blutgruppenausweis“, antwortete Sven Kayser. „Weiterhin sollten Sie die Medikamente, die Sie einnehmen müssen, mitbringen, da auf Grund der Vielzahl der Medikamente nicht immer genau das Ihre verfügbar ist. Ansonsten sind Toilettenartikel wie Kamm und Rasierapparat, Hausschuhe, bequeme Kleidung, Morgenmantel, Handtücher und etwas Geld mitzubringen. Wertsachen lassen Sie besser zu Hause.“

„Danke, Herr Doktor“, sagte Hasso Lenz. „Danke für die erschöpfende Auskunft. Und wann beginnen wir nun mit der Eigenblutvorsorge?“

„Ich würde sagen, wir fangen jetzt gleich damit an“, erwiderte Dr. Kayser.

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