Читать книгу Der Arztroman Koffer Oktober 2021: Arztroman Sammelband 10 Romane - A. F. Morland - Страница 29

Hasso Lenz wurde operiert, und alles ging gut. Nach dreieinhalb Stunden funktionierte seine Herzklappe richtig, und nach weiteren eineinhalb Stunden wachte er auf. Und sein erster Gedanke war: Sie haben es nicht geschafft, aber das macht nichts. Dann bin ich eben jetzt bei Lotte.

Er dachte das aus einem ganz bestimmten Grund: Sein Sehvermögen war zwar noch ein wenig beeinträchtigt, es hingen noch dünne Schlieren vor seinen Augen, aber er erkannte trotzdem seine Lotte.

Nie würde er ihr schönes Antlitz vergessen. Bis ans Ende seiner Tage, und darüber hinaus nicht.

„Lotte“, flüsterte er, als sie sich über ihn beugte. Er war noch ziemlich benommen.

Sie streichelte seine Wange. Gott, wie lange hatte sie das schon nicht mehr getan. Die Berührung tat ihm gut, und ihr sanftes Lächeln erfüllte sein Herz nach dieser langen Zeit endlich wieder mit Wärme.

Sie war älter geworden. Er hätte nicht gedacht, dass man im Jenseits auch altern würde. Nun sah er, dass Lotte reifer geworden war.

Da waren Fältchen um ihre Augen, die sie früher nicht gehabt hatte. Sie passten ihr gut.

„Lotte“, flüsterte er noch einmal. „Was für eine große Freude, dich nach so langer Zeit wiederzusehen. Wie geht es dir?“

„Wie geht es Ihnen, Herr Lenz?“, fragte sie.

Er schüttelte schwach den Kopf. „Ihnen? Und Herr Lenz? Haben wir uns so sehr entfremdet, Lotte? Das darf nicht sein. Erkennst du mich denn nicht wieder? Ich bin Hasso. Dein Hasso.“

„Sie sollten noch nicht so viel sprechen, Herr Lenz.“

„Nenn mich doch bitte Hasso.“

„Na schön, Hasso. Strengen Sie sich nicht an, Hasso.“

„Es ist nicht anstrengend für mich, mit dir zu sprechen, Lotte“, sagte der benommene Patient.

„Ich bin nicht Lotte.“

„Aber natürlich bist du es. Warum gibst du es nicht zu? Ich erkenne dich doch wieder, Lotte.“

„Ich bin Schwester Rosalinde.“

„Wer hat dir diesen anderen Namen gegeben?“, fragte Hasso Lenz verwirrt. „Hast du ihn dir ausgesucht? Darfst du hier nicht mehr Lotte heißen? Werde ich auch einen anderen Namen bekommen?“

„Ich weiß nicht, wo Sie glauben, dass Sie sind, Hasso.“

„Na, bei dir bin ich, geliebtes Lottchen. Bei dir im Himmel.“

„Sie befinden sich zum Glück im Irrtum, Hasso. Sie sind nach wie vor in der Seeberg-Klinik. Dies hier ist die Intensivstation, und ich bin Schwester Rosalinde. Sie haben den Eingriff großartig überstanden. Herr Dr. Seeberg und seine Kollegen haben glänzende Arbeit geleistet.“

„Und du bist nicht, Lotte?“

„Tut mir leid, Herr Lenz. Schlafen Sie ein wenig, erholen Sie sich.“

„Nicht Lotte ... Aber, du bleibst, bleibst bei mir, ja?“

„Ja, Herr Lenz. Ich bleibe bei Ihnen.“

„Nicht schon wieder Herr Lenz ... Hasso ... Hasso ...“

„Hasso“, sagte Schwester Rosalinde, die wie Lotte Lenz aussah, und ihm fielen die Augen zu.