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Es war Mittwoch – Lotte Gerstäcker Tag. Kurt Haagen befand sich zum letzten Mal allein im Reisebüro. Morgen würde er sich die Arbeit wieder mit seiner Kollegin teilen, die eine leichte Grippe erwischt hatte. Als es Zeit war, nach Hause zu gehen, schloss Kurt die Glastür ab und hängte ein Schildchen mit der Aufschrift ,Geschlossen‘ daran. Auf seinem Schreibtisch läutete das Telefon. Sollte er den Anruf noch entgegennehmen? Er hätte es nicht gemusst, aber da er es nicht eilig hatte, setzte er sich seufzend, griff nach dem Hörer und meldete sich.

Am anderen Ende war eine Frau. Sie war sehr schlecht zu verstehen. War die Verbindung nicht optimal? Sprach die Frau so gedämpft, weil sie nicht wollte, dass jemand das Gespräch mithörte? Hatte sie ein Taschentuch über die Sprechmuschel gelegt?

„Herr Haagen?“, fragte sie. „Herr Kurt Haagen?“

„Der bin ich“, gab Kurt zurück. „Was kann ich für Sie tun?“

„Ich tue so etwas nicht gern ...“

„Ich habe Sie akustisch nicht verstanden. Würden Sie bitte etwas lauter sprechen?“

„Ich tue so etwas nicht gern“, sagte die Anruferin nur unwesentlich lauter, „aber etwas in mir sagt mir, dass ich nicht tatenlos zusehen darf, weil ich mich sonst irgendwie mitschuldig mache.“

„Wobei dürfen Sie nicht tatenlos zusehen, Frau ...?“

„Oh, ich werde meinen Namen nicht nennen, Herr Haagen.“

„Haben Sie etwas zu verbergen?“

„Ich nicht“, sagte die Frau. „Ich nicht.“

„Und wer hat etwas zu verbergen?“

„Ich bin eine von vielen, die mit Lotte zusammenarbeiten“, erklärte die Anruferin. „Sie sollten nicht versuchen, herauszufinden, wer ich bin. Es würde Ihnen höchstwahrscheinlich nicht gelingen. Wenn aber doch, würde ich alles leugnen, und Sie könnten mir nichts beweisen.“

„Ich weiß nicht, ob ich Ihnen weiter zuhören soll ...“

„Oh, es wäre ein Fehler, jetzt aufzulegen, Herr Haagen. Ich würde bestimmt kein zweites Mal anrufen, und Sie würden dann vermutlich noch sehr, sehr lange nicht erfahren, was Lotte tut, wenn Sie nicht mit ihr zusammen sind.“

„Was tut sie denn?“, wollte Kurt wissen. Ohne dass er es wollte, war sein Interesse erwacht.

„Sie trifft sich mit einem anderen Mann“, behauptete die Anruferin.

„Das glaube ich nicht“, sagte Kurt scharf.

„Mit dem Freund, den sie vor Ihnen hatte“, behauptete die Frau am anderen Ende der Leitung.

Kurt beschlich ein flaues Gefühl. Stimmte das, was diese Frau ihm erzählte, etwa doch?

„Warum machen Sie Ihre Kollegin schlecht?“, fragte er rau. „Was haben Sie davon?“

„Ich habe nichts davon. Es widerstrebt mir nur, völlig gleichgültig mit anzusehen, wie Lotte Sie immer wieder hintergeht.“

Kurt kniff die Augen zusammen. Wer mochte die Anruferin sein? Er konzentrierte sich auf ihre Stimme, vermochte sie jedoch nicht zu identifizieren.

„Haben wir uns schon mal gesehen?“, fragte er lauernd.

„Kann sein“, antwortete die Frau vage.

„Im Kaufhaus?“

„Ich finde nicht richtig, was Lotte tut. Ich möchte nicht zu ihrer Mitwisserin, zu ihrer Komplizin werden. Sie scheinen mir ein sehr anständiger Mensch zu sein, der es nicht verdient, so skrupellos hintergangen zu werden. Sex mit dem Ex - das kommt leider viel öfter vor, als man meinen möchte. Meine liebe, so unendlich brav aussehende Kollegin kommt von ihrem früheren Freund nicht los, und der Leidtragende an dieser großen Entschlussschwäche sind Sie. Sie tun mir leid, und ich finde Sie sehr sympathisch, Herr Haagen, sonst hätte ich Sie bestimmt nicht angerufen.“

Kurt schwieg.

„Ich habe getan, was ich tun musste“, sagte die Unbekannte. Sie klang jetzt irgendwie erleichtert, als hätte sie sich von einer schweren Last befreit. „Alles Weitere geht mich nun nichts mehr an. Wenn Sie Lotte mit ihrem Ex teilen möchten, ist das Ihre Sache. Es soll ja Leute geben, die so etwas nicht stört. Falls Sie zu dieser Sorte gehören, wäre ich von Ihnen allerdings sehr enttäuscht, und ich müsste erheblich an meiner bisher recht zuverlässigen Menschenkenntnis zweifeln, denn dann hätte ich Sie nämlich ziemlich falsch eingeschätzt.“

Gedankenfetzen wirbelten durch Kurt Hagens Kopf. Seine Stirn glühte, seine Wangen waren heiß, in seinen Augen loderte ein zorniges Feuer. Lotte und ihr Exfreund ... Immer, wenn ich sie nicht sehe ... Verflucht noch mal, sie ist mit dem anderen öfter zusammen als mit mir! Für mich hat sie den Mittwoch, den Samstag und den Sonntag reserviert ... Die Woche hat aber sieben Tage ... Wie kann Sie mir ins Gesicht lügen, ich wäre die große Liebe ihres Lebens?

Er bekam erst nach einer Weile mit, dass die Leitung tot war. Die Frau, die es so wahnsinnig gut mit ihm meinte, hatte aufgelegt.

Er warf den Hörer auf den Apparat, und Lotte Gerstäcker konnte von Glück sagen, dass sie nicht bei ihm war, weil er ihr sonst eine Menge Gemeinheiten an den Kopf geworfen hätte. Er verließ das Reisebüro und fuhr wutentbrannt nach Hause. Er würde sich heute nicht mit Lotte treffen. Soll ihr Ex eine Sonderschicht fahren, dachte er zornig.

Als das Telefon in seiner Wohnung läutete, hatte er bereits vier doppelte Schnäpse getrunken. Er war gereizt und aggressiv, das merkte Katja sofort, und sie fragte ihn so sanft wie möglich, was denn geschehen wäre. Er sagte es ihr - bissig und hasserfüllt. Sie bemitleidete ihn.

„Zuerst die ewigen Streitereien mit Barbara - und nun das“, sagte Katja mitfühlend. „Du bist wirklich zu bedauern.“

„Immer erwische ich die falschen Frauen“, jammerte Kurt.

„Wie man sich doch in einem Menschen täuschen kann. Ich habe Lotte für durch und durch anständig gehalten. Ich hätte ihr niemals zugetraut, dass sie zweigleisig fährt.“

„Ich auch nicht“, sagte Kurt zerknirscht. „Ich sollte die Finger von den Frauen lassen. Meine Beziehungen gehen ja doch nur alle immer wieder schief.“

„Und was tust du nun?“, erkundigte sich Katja. „Gibst du dich wieder dem Suff hin?“

„Selbstverständlich. Was soll ich denn sonst tun? Ich möchte diesen ganzen Mist vergessen.“

„Das geht auch anders“, sagte Katja.

„Verrätst du mir, wie?“

„Ich zeige es dir“, sagte Katja Stemmle und zwanzig Minuten später war sie bei ihm.

Wieder einmal musste sie ihn trösten. Aber diesmal ging ihr Trost über freundliche Worte und sanftes Streicheln sehr weit hinaus. Diesmal durfte Kurt Haagen ihr zeigen, wieviel er wirklich für sie empfand.

Katja ließ ihn gewähren. Sie wollte, dass es passierte. Und es passierte. Sehr schnell landeten Katja und Kurt im Bett, und dann ließen zwei Menschen, die sehr viel füreinander empfanden, ihren Gefühlen freien Lauf.

Als Katja vor Leidenschaft leise aufschrie - sie konnte es einfach nicht unterdrücken, stand plötzlich Lotte Gerstäcker, zitternd und kreidebleich, in der offenen Schlafzimmertür.

Katjas Rechnung war voll auf gegangen ...

Eifersucht, Tränen und letzter Wunsch: 5 Arztromane

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