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Dr. Berger öffnete vorsichtig die Tür und schaute in das Krankenzimmer. Katja Stemmle schien zu schlafen. Der Oberarzt hatte nicht die Absicht, sie zu wecken. Ebenso lautlos, wie er die Tür geöffnet hatte, wollte er sie wieder schließen. Da drehte Katja ihm ihr Gesicht zu und bat ihn, einzutreten. Er näherte sich lächelnd ihrem Bett.

„Ich dachte, Sie würden schlafen.“

„Ich kann nicht schlafen. Haben Sie ein bisschen Zeit für mich, Alfred?“

„Aber natürlich.“

„Sie sind sehr nett. Setzen Sie sich zu mir!“

Er ließ sich auf den Stuhl nieder, der neben ihrem Bett stand.

„Wie fühlen Sie sich?“, erkundigte er sich.

„Nicht sehr gut“, gab sie leise zur Antwort.

Er nickte ihr aufmunternd zu.

„Sie werden es schaffen. Ganz bestimmt.“

Sie schüttelte langsam den Kopf.

„Machen wir uns nichts vor, Alfred. Ich weiß, was auf mich zukommt. Vergessen Sie nicht, ich bin Krankenschwester, war vor zwei Jahren hier in dieser Klinik Sterbebegleiterin einer Leukämiepatientin. Ich kenne die Symptome und den Verfall, habe alles vom Anfang bis zum Ende miterlebt.“

„Jeder Krankheitsverlauf ist anders“, sagte der Oberarzt.

„Aber in seiner Grundstruktur bleibt er so gut wie immer gleich, und deshalb wird sich irgendwann die Tür dort öffnen - und der Tod wird eintreten.“

„Das dürfen Sie nicht sagen, Katja“, entgegnete Alfred Berger energisch.

Katja Stemmle schaffte ein mutloses Lächeln.

„Soll ich meine Augen vor der Wirklichkeit verschließen? Was für einen Sinn hätte es, wenn ich mir selbst etwas vormachen würde? Mein Weg nach unten ist vorgezeichnet. Sie wissen es. Dr. Härtling weiß es. Jeder in der Paracelsus-Klinik weiß es. Und ich weiß es auch.“ Sie schloss die Augen. „Todgeweihten gewährt man im Allgemeinen einen letzten Wunsch.“

Dr. Berger überlief es eiskalt.

„Haben Sie so einen ... einen letzten Wunsch?“

Katja Stemmle nickte kaum merklich.

„Ja, Alfred.“ Sie öffnete die Augen wieder. „Darf ich ihn aussprechen?“ Sie sah den Oberarzt flehend an. „Werden Sie ihn mir erfüllen?“

Alfred Berger hob die Schultern. „Wenn ich kann.“

„Sie können“, sagte Katja zuversichtlich. „Springen Sie über Ihren eigenen Schatten! Räumen Sie alles Trennende beiseite und versöhnen Sie sich mit Ihrem Bruder! Sie würden mir damit eine große Freude machen.“

Eifersucht, Tränen und letzter Wunsch: 5 Arztromane

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