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In derselben Nacht versuchte sich Lotte Gerstäcker das Leben zu nehmen. Sie kam nicht darüber hinweg, dass die große Liebe ihres Lebens ihr so furchtbar wehgetan hatte. Sie hatte geglaubt, Kurt würde genauso stark für sie empfinden wie sie für ihn. Die Enttäuschung darüber, dass dies nicht der Fall war, war für sie so schmerzhaft, dass sie sie nicht länger ertragen konnte, deshalb füllte sie ein Glas mit Orangensaft und löste darin alle Schlaftabletten auf, die sie im Haus hatte.

Sie legte ein Foto vor sich hin, das sie glücklich lächelnd mit Kurt zeigte, und vergoss heiße Tränen, als sie das Glas an die Lippen setzte und auf einmal leerte. Dann zerriss sie die Aufnahme mehrere Male, warf sie in den Papierkorb, legte sich auf die Couch, kreuzte die Arme über der Brust und wartete auf den Tod. Ihr Leben zog an ihrem inneren Auge vorbei. Kindheit. Jugend. Die erste Liebelei. Bis hin zu dem Tag, an dem sie dem Mann fürs Leben begegnet war, wie sie gemeint hatte.

Noch einmal sah sie mit ungeschminkter Deutlichkeit, was Kurt ihr angetan hatte, und sie hoffte, dass er seines Lebens nicht mehr froh werden würde, wenn man ihm von ihrer Verzweiflungstat berichtete. Sie wurde allmählich müde, ihr Geist wurde träge, ihre Gedanken wurden immer verschwommener.

Als ihr zum ersten Mal die Augen zufielen, erschrak sie.

Mein Gott, was tue ich?, dachte sie bestürzt. Ich darf mein Leben doch nicht einfach wegwerfen!

Panik erfasste sie. Sie hatte Angst vor dem Tod. Sie wollte auf einmal nicht mehr sterben, wollte leben - wenn es schon sein musste auch ohne Kurt!

Aber war die Vergiftung nicht schon zu weit fortgeschritten? War eine Umkehr auf dem Weg in den Tod denn überhaupt noch möglich?

Lotte wollte nach dem Telefon greifen und Hilfe rufen, doch sie konnte sich kaum noch bewegen. Ihre Gliedmaßen reagierten - wenn überhaupt - nur noch mit Verzögerung.

Lotte bewegte sich wie in Zeitlupe. Im Schneckentempo drehte sie sich zur Seite, und es ging fast über ihre Kräfte, sich aufzusetzen.

Endlich erreichte sie das Telefon. Ihr Hilferuf war fast nicht zu verstehen, und als die Retter eintrafen, war die junge Frau nicht mehr bei Bewusstsein. Der Krankenwagen raste mit ihr durch das nächtliche München und lieferte sie in der Notaufnahme der Paracelsus-Klinik ab.

Oberarzt Dr. Berger pumpte ihr unverzüglich den Magen aus, analysierte den Mageninhalt und leitete die erforderlichen entgiftenden Maßnahmen ein. Sie bekam ein herzkreislaufstärkendes Medikament, wurde an den Tropf gehängt, und eine Schwester wurde zu ihrer Beobachtung abgestellt.

Eifersucht, Tränen und letzter Wunsch: 5 Arztromane

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