Читать книгу Die Mohicaner von Paris - Александр Дюма - Страница 25

Erstes bis viertes Bändchen
XXV
Wo von den Wilder des Faubourg Saint-Jacques die Rede ist

Оглавление

Jeder nahm allmählich seinen gewohnten Lebensgang wieder an.

Justin, seine Mutter und seine Schwester umschlangen sich alle Drei mit derselben Kette, die sie einst an einander nietete, und fingen wieder an, die Kugel ihres schweren Daseins zu schleppen

Nur war es ein Leben, das, wo möglich. noch trauriger als ihr erstes Leben; denn die Monotonie ihres gegenwärtigen Lebens vermehrte sich durch die verlorene Freude ihres vergangenen Lebens.

Das Ende des Sommers verlief also sehr langsam damit, daß sie die Tage zählten, welche sie noch von der Rückkehr des Mädchens trennten.

Diese Rückkehr war, wie gesagt, auf den 5. Februar 1827 festgesetzt.

Die Hochzeit sollte am Tage nachher stattfinden.

Man hatte an den guten Pfarrer der Bouille geschrieben, um ihn zugleich um seine Erlaubniß und um seinen Segen zu bitten.

Er hatte die Erlaubniß geschickt und geantwortet er werde Alles in der Welt thun, wenn der Augenblick gekommen sei, um den Segen selbst zu bringen.

Am 6. Februar sollte Justin also der Glücklichste der Menschen sein.

Justin faßte auch Zuerst wieder Muth.

Als er eines Tages von Versailles zurückkam, wo er Mina mit Herrn Müller besucht, hatte er sie so hübsch so heiter, so liebevoll gefunden, daß er gewisser Maßen der Familie die Heiterkeit wiedergegeben.

Man war dem Monat Januar nahe.

Noch fünf Wochen Warten noch sieben und dreißig Tage Geduld, und Justin sollte den grünen Gipfel menschlicher Glückseligkeit erreichen.

Auch würde Eines bald die gute Familie zerstreuen.

Das waren die Vorbereitungen zur Heirath

Justin und die Mutter waren wohl der Ansicht gewesen, man müßte Mina von der Veränderung, welche in ihrem Leben vorgehen sollte, unterrichten; doch Schwester Céleste und der alte Professor hatten jedes seinerseits erwidert: »unnötig! ich stehe für sie!«

Sodann, wir müssen es sagen, machte sich Jedermann eine kindische Freude aus dem Erstaunen der theuren Kleinen, wenn man am 6. Februar Morgens, nachdem man sie am Tage vorher unter irgend einem Vorwande zur Beichte hätte geben lassen, aus dem Schranke ein weißes Kleid, einen Strauß von weißen Rosen. einen Kranz von Orangenblüthen ziehen würde.

Jedermann würde sie umgebend da sein; Jedermann würde ihre Freude sehen, die gute blinde Mutter ausgenommen; doch sie würde die Hand ihres Sohnes in der ihrigen halten, und an dem Scheuern dieser Hand würde sie Alles errathen.

Vom Anfange des Januars war man nur noch darauf bedacht, ein anständiges Zimmer zum Emfange der Neuvermählten in Bereitschaft zu setzen. Es war in demselben Bau, auf demselben Boden eine kleine Wohnung der der Mutter und der Schwester ähnlich, bestehend aus zwei Zimmern welche ganz nach Wünschen gemacht zu sein schienen um zur Aufnahme der beiden jungen Leute zu dienen.

Diese Wohnung hatte eine arme kleine Familie inne, welche einen großen Vortheil im Ausziehen fand, denn Justin erbot sich, auf seine Rechnung vier Termine zu übernehmen, die sie schuldig war.

Die Wohnung wurde am 9. Januar frei, und man gedachte sie so rasch als möglich zu meubliren: man hatte nicht ganz einen Monat vor sich.

Man lehrte das ganze Haus um, um etwas daraus zu ziehen, was man der Wohnung der jungen Wirthschaft anpassen könnte; doch nichts schien jung genug frisch genug, schön genug, um zu dieser Ehre erhoben zu werden.

Alle Drei stimmten darin überein, man müsse ein neues Mobiliar kaufen, allerdings einfach, aber frisch und nach dem Geschmacke des Tags.

Man schweifte also bei allen Ebenisten der Gegend umher; denn Tapezierer gab es in diesem Lande nicht, und wir glauben sogar versichern zu können, daß es noch heutigen Tages nicht einen einzigen dort gibt.

Endlich entdeckte man in der Rue Saint Jacques, ein paar Schritte von Val de Grace, einen Ebenisten, dessen Magazin von Meubles strotzte.

Meubles von Nußbaumholz, wohlverstanden, im Jahre 1827 war von Mahagonimeubles weder im Faubourg, noch sogar in der Rue Saint-Jacques die Rede; man ließ die Einwohner, welche die andern Quartiere durchlaufend solche bemerkt hatten, darauf hoffen; man erwartete von Tag zu Tage das Schiff, das mit diesem kostbaren Holze beladen war, konnte jeden Augenblick ankommen . . . wenn es nicht untergegangen.

Dies war aber Alles, was man den Ebenisten der Rue du Faubourg Saint-Jacques entnehmen konnte.

Mittlerweile, wenn man Eile hatte, eine Commode, einen Secrétaire, ein Bett zu bekommen, mußte man dies von Nußbaumholz, diesem Mahagoni der Unglücklichen, kaufen.

Trotz des tollen Ehrgeizes der guten Familie, ein Mobiliar von Mahagoni zu besitzen, war man also genötigt, sich mit den Meubles zu begnügen, die der Ebenist anbot.

Man war übrigens so sehr gewohnt, sich mit Wenigem zu begnügen, daß die neuen Meubles selbst von Nußbaumholz diesen braven Leuten als ein Schatz erschienen.

Was die Vorhänge und das Weißzeug betrifft, das übernahm Schwester Céleste.

Die Arme war seit sechs Monaten nicht ausgegangen; das gab eine ganze Reise für sie; es handelte sich darum, bis zu einem, zu jener Zeit schon im Quartier Saint-Jacques berühmten, Leinwandhändler zu gehen, den man Qudot nannte.

Das war weit für die arme Céleste; Gott allein kennt die erhabene Selbstverleugnung, die die Seele der Armen erfüllte; Gott allein weiß, ob während des langen Ganges der Schatten eines neidischen Gedankens ihr redliches Herz streifte.

Und doch . . . für wen machte sie diese Einkäufe?

Konnte sich das arme Mädchen nicht fragen: »Wie kommt es, wenn Gott das Leben zwei menschlichen Creaturen von demselben Geschlechte gibt, welche Beide keiner Sünde schuldig, da sie so eben erst geboren worden sind; wie kommt es, daß die Eine dahin gelangt, daß sie schön, glücklich und im Begriffe ist, den Mann zu heirathen den sie liebt, und den sie anbetet, während die Andere häßlich, krank, betrübt, und als alte Jungfer zu sterben bestimmt ist?«

Nein, sie fragte sich das nicht, und wenn sie es sich gefragt hätte,so würde sie diese Ungleichheit bei zwei ähnlichen Wesen nicht einmal murren gemacht haben.

Weit entfernt hiervon, ging sie freudig hin, als hätte sie ihre eigene Aussteuer zu kaufen gehabt.

Diese alte Jungfer war in der That eine Heilige, und trotz ihres geringen Respectes für die Andern, warteten die Nachbarn unleugbar nur aus ihre Heiligsprechung, um sie anzubeten.

Alle Vorübergehenden grüßten sie ehrfurchtsvoll; dergestalt strahlte ihre bleiche, kränkliche Stirne von glänzender Tugend.

Die Mutter, welche nichts zur Verschönerung des Hochzeitgemachs thun konnte, aber dennoch zum neuen Luxus der zwei jungen Leute beitragen wollte, nahm aus ihrer Commode die alten, reichen Spitzen, welche ihr Brautkleid geschmückt hatten, und die sie vom Tage ihrer Verheirathung weder mehr gesehen noch angezogen.

Sie gab sie Justin, daß er sie waschen und an das Kleid des Mädchens nähen ließe.

Herr Müller wollte auch sein Geschenk bringen.

Eines Morgens, das war am 28. oder 29. Januar, sah man, – zum großen Erstaunen der Nachbarn welche alle Tage ein neues Meuble vorüber tragen sahen, ohne sich die wirkliche Ursache dieser täglichen Anschaffungen erklären zu können, – man sah, sagen wir, eines Morgens, zu ihrer Verwunderung, einen großen, mit einem dicken Tuche bedeckten Wagen ankommen, der ein starkes Geräusch auf dem Pflaster machte.

Kaum hatte das unbekannte Vehikel vor der großen Thüre des Hauses, das Justin bewohnte, angehalten, da war es umgeben von allen Basen, allen Straßenjungen, allen Hunden, allen Hühnern der Vorstadt.

Man hätte glauben sollen, man sei bei einer Poststation in einem Provinzdörfchen.

Die Vorstadt Saint-Jacques ist eine von den primitivsten Vorstädten von Paris. Woher rührt dies? Etwa davon, daß von diesem Quartier, da es von vier Hospitälern umgeben ist, wie eine Citadelle von vier Basteien, diese vier Hospitäler den Touristen entfernen? oder daß, weil es zu keiner großen Landstraße führt, gegen keinen Mittelpunkt mündet, der Durchzug der Wagen hier sehr spärlich ist?

Sobald ein Wagen in der Ferne erscheint, macht auch der privilegierte Straßenjunge ein Sprachrohr aus seinen beiden Händen und signalisiert ihn allen Einwohnern der Vorstadt, gerade wie man an den Meeresküsten ein Segel signalisiert, das man am Horizont erblickt.

Auf diesen Ruf verläßt Jedermann seine Arbeit, geht auf seine Thürschwelle herab, oder pflanzt sich vor seinem Laden auf und erwartet kalt die Ankunft des verheißenen Wagens.

In einem gegebenen Augenblick erscheint er.

Hurrah! da ist der Wagen!

Sogleich nähert man sich ihm, man schaut ihn mit der naiven Freude, mit der kindischen Verwunderung an, welche die Wilden kundgeben mußten, als sie zum ersten Male die schwimmenden Häuser, genannt Schiffe, und die Centaurien, genannt Spanier erblickten.

Da offenbaren sich die verschiedenen Charaktere: Einige von den Eingeborenen des Faubourg Saint-Jacques umgeben ihn; Andere benützen die Anwesenheit des Kutschers, der sich er.frischen gegangen ist, und des Reisenden, der sich auf diese südlichen Ländereien verirrt hat, und eingetreten ist, wo er zu thun hatte: Jene, – wie die Mexicaner die Kleider ihrer Eroberer aufhoben, um sich zu versichern, ob sie einen Theil ihrer Haut bildeten oder nicht bildeten, – Jene, sagen wir, berühren das Leder des Wagens, oder streichen mit ihren Händen wie mit einem Kamme über die Mähne den Pferdes wehrend Andere auf den Bock klettern, zur innigen Freude der Mütter, welche großmüthig die Erlaubniß hierzu ertheilen.«

Hat sich der Kutscher erfrischt, ist der Reisende zurückgekehrt, so versucht es das Pferds sich wieder in Marsch zu setzen; doch nur mit einer unendlichen Mühe kann es die Vorstadt verlassen, ohne ein halb Dutzend Kinder die ihm das Geleite geben, zu zerquetschen.

Endlich gelingt es ihm sich frei zu machen, und es geht ab.

Ein neues Hurrah der Bevölkerung, ein Hurrah des Abschieds! man folgt ihm eine Zeitlang; mehrere spannen sich an die Federn den Wagens an; endlich verschwinden Roß und Wagen zum großen Bedauern der Menge und zur Freude des Reisenden, der entzückt ist, civilisirte Länder zu erreichen.

Wollen Sie nun einen Begriff von der Wichtigkeit haben die ein solchen Ereigniß annimmt?

Lieber Leser, treten Sie an demselben Abend in das Haus von einer der Personen ein, die diesen Wagen haben vorüberfahren sehen; zur Stunde, wo der Familienvater von der Arbeit zurückkehrt, hören Sie ihn fragen:

»Frau, was hat es heute Neues gegeben?«

Und die Frau und die Kinder antworten:

»Es ist ein Wagen durchgekommen! . . . «

Nachdem dies in Form einer Parenthese gegeben ist, mag man sich das Erstaunen und den Jubel des Quartiers vorstellen, als man den ungeheuren Wagen von völlig unbekannter Form erblickte.

Man begreift, wie er umgeben, angeschaut, berührt; in allen Richtungen untersucht wurde.

Nicht wahr, wir haben gesagt, welches Vergnügen nur durch seinen Durchzug dieser fantastische, mit seinem geheimnisvollen Rückenschild bedeckte Wagen bereitet habe.

Nun wohl, – das war nichts gegen das Freudengeschrei, das sich von allen Seiten, von den Buden. den Thüren, von den Fenstern, von den Dächern, erhob, als man, nachdem die Decke abgenommen war, – unglaublicher Luxus! feenhafter Traum!– ein ungeheures Stück von Mahagoniholz sah.

Die ganze Vorstadt bebte, die Ausrufungen den Erstaunens liefen von Haus zu Haus, und das Pflaster war buchstäblich bedeckt mit einer aufmerksamen, entzückten Menge.

Man begriff nicht recht, was die Bestimmung dieses großen Holzstückes, das ein langes, ungefähr einen Fuß dicken Gevierte repräsentierte.

Da es aber wunderbar lackiertes Mahagoniholz war, so begnügte man sich damit, daß man es naiv bewunderte.

Man nahm den ungeheuren Block vom Wagen herab und trug ihn in das Haus, dessen Thüre man den Neugierigen vor der Nase schloß.

Das war aber nicht die Rechnung der Menge: da sie den Tribut der Bewunderung hinreichend diesem Stücke bezahlt hatte, so wollte sie mit aller Gewalt seinen Nutzen kennen lernen.

Man fragte sich gegenseitige die Einen neigten sich zu einer Commode hin, die Andern zu einem Secrétaire..

Doch jede von diesen Conjecturen schien unwahrscheinlich.

Die Parteigänger der Unwahrscheinlichkeit, – was wir die Skeptiker nennen, – stützten sich darauf, daß dieser seltsame Gegenstand keine Schubladen habe, und eine Commode ohne Schubladen, wäre sie auch von Mahagoni, könne nicht die kleinste von den Commoditäten bieten, die sie zu versprechen scheine.

Einer von den Alten bot eine Wette an, es sei eine Armoire; doch er hätte sicherlich seine Wette verloren. denn Niemand hatte eine Spur von einer Thüre gesehen; eine Armoire ohne Thüre aber obgleich es immer ein Luxusgegenstand blieb, war ein überflüssiges Meuble. Es wurde dargethan, der Alte habe Unrecht.

Dem zu Folge gruppierte man sich um den Wagen und hielt Rath.

Das Resultat den Rathes war, man müsse die Lastträger bei ihrem Abgange aus dem Hause erwarten und sie befragen.

Die Lastträger erschienen, und es handelte sich darum, wer das Wort führen sollte; diese Sendung fiel einer dicken Gevatterin zu, welche ihre beiden Fäuste auf die Hüften stützte und stolz vorschritt.

Zum Unglück für die keuchende Menge war der Eine von den Lastträgern taub, der Zweite ein Auvergnat; der Eine konnte folglich nicht hören, und der Andere sich nicht verständlich machen.

Eine längere Conferenz unnötig erachtend, ließ der erste Lastträger seine Peitsche als ein echter Tauber, was er war, knallen und trieb triumphierend seinen Wagen an, was die Menge zwang, auf die Seite zu treten, um ihm die Passage frei zu lassen.

Man mag uns glauben, wenn man will – nie aber ward einem Bewohner der Vorstadt die Offenbarung diesen Geheimnisses zu Theil, das heute noch ein Nahrungsstoff für die langen Winterabende ist. Wir bitten sogar dringend diejenigen von unseren Lesern, welche errathen haben dürften, es handle sich um ein Klavier, dies Niemand zu enthüllen, damit dieser Zweifel fortbestehen und die Strafe für die entsetzlichen Nachbarn sein möge.

Die Mohicaner von Paris

Подняться наверх