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Erstes bis viertes Bändchen
XXVIII
Der Pfarrer der Bouille

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Während diese Dinge im kleinen Hause der Rue du Faubourg Saint-Jacques vorgingen, stieg ein wackerer Mann von einem Priester, siebzig bis zweiundsiebzig Jahre alt, unter Demonstrationen der Neugierde und der Freude, nach deren Ursache er sich vergebens fragte, die Straße hinauf

Die Bewohner des Faubourg Saint-Jacques. Welche, auf die Aussage der Apothekerin, seit dem Morgen des vorhergehenden Tages einen Priester erwarteten, hatten nicht sobald die Soutane und den Dreispitz des Abbé Ducornet, – so hieß der Pfarrer der Bouille. – erscheinen sehen, als sie einander, die Näheren mit dem Worte, die Entfernteren mit der Geberde, sagten: »Da ist der Priester!«

Und da man nach einem so langen Warten nicht mehr auf ihn rechnete, so brachte, wie gesagt. Seine Erscheinung den lebhaftesten Eindruck hervor.

Jeder näherte sich ihm; neun umgab ihn, und er ging mit einem Gefolge.

Und da es schien. als schaute er nach rechts und nach links, um sich in der Straße zu orientieren, so sagte eine Frau Base, indem sie sich verneigte, zu ihm:

»Guten Morgen, Herr Pfarrer!«

»Guten Morgen., meine liebe Frau!« erwiderte der würdige Abbé.

Und da er sah, daß er bei No. 300 der Rue Saint-Jacques war, statt bei No. 20 des Faubourg zu sein, so ging er weiter.

»Der Herr Pfarrer kommt vielleicht wegen einer Hochzeit?« fragte die Base.

»Bei meiner Treue, ja!« versetzte der Pfarrer, indem er stehen blieb.

»Wegen der Hochzeit von Nr. 20?« sagte eine Andere.

»Ganz richtig!« antwortete der Pfarrer, ganz verwundert.

Und als er die Glocke von Saint-Jacques halb zehn schlagen hörte, ging er abermals weiter.

»Wegen der Hochzeit von Herrn Justin?« sagte eine dritte Base.

»Mit der kleinen Mina, deren. Vormund Sie sind?« sagte eine Vierte.

Der Pfarrer schaute die Basen mit einer immer mehr erstaunten Miene an.

»Laßt doch den brauen Mann in Ruhe, Weibervolk!« rief ein Küfer, der ein Faß bereifte; »Ihr seht wohl, daß er Eile hat.«

»Ja, in der That. ich habe Eile!« sprach der gute Priester. »Es ist sehr weit, der Faubourg Saint-Jacques. Hätte ich gewußt, daß es so weit ist, so würde ich einen Wagen genommen haben.«

»Ah! Bah! Sie sind an Ort und Stelle, Herr Abbé, es ist nur noch ein Schritt.«

»Ei! es ist dort wo Sie einen gelben Fiacre stehen sehen,« sagte eine von den Frauen.

»Vorhin,« sprach eine Andere. »vorhin war auch ein unbedeckter Wagen da, mit einem schönen jungen Manne darin, einem gepuderten Kutscher auf dem Bocke und einem kleinen Diener, der nicht größer war, als eine Amsel; doch es scheint, dieser Wagen gehörte nicht zur Hochzeit: er ist wieder weggefahren.«

»Ich sehe keinen Fiacre,« sagte der Pfarrer, der abermals stehen blieb und sich einen Lichtschirm aus einer Hand machte.

Oh! seien Sie unbesorgt, Sie werden sich nicht verirren; überdies begleiten wir Sie bis zur Thüre, Herr Pfarrer.«

»He! Babolin!lauf doch voraus und sage Herrn Justin, er möge nicht ungeduldig werden, der Pfarrer, den er erwarte, komme so eben.«

Der Junge; welchen man mit dem Namen Babolin bezeichnete, und der derselbe war, den wir schon zweimal haben erscheinen sehen, nahm seinen Lauf durch die Straße hinauf und sang dabei aus eine Melodie von seiner Erfindung:

Eh! oui, je vas lui dire, lui dire, lui dire . . .

Eh! oui, je vas lui dire, lui dire, tout de même!9

Der Dialogs und sogar der Trialog nahm seinen Fortgang.

Sie sind nie bei den Justin gewesen, Herr Pfarrer?«

»Nein, meine guten Freunde. ich bin nie in Paris gewesen.«

»Ei! woher sind Sie denn?«

»Von der Bouille.«

»Von der Bouille? Wo ist das?« fragte eine Stimme.

»Nieder-Seine!« antwortete eine andere Stimme, von der später Herr Prudhomme seinen Baßton entlehnen sollte.

»In der That, Nieder-Seine.« versetzte der Abbé Ducornet. »Es.ist eine reizende Gegend, die man das Versailles von Rouen nennt.«

»Oh! Sie werden sie gut logiert finden!«

»Und besonders gut meublirt! Seit drei Wochen hat man nichts Anderes gethan. als Meubles vorüber getragen.«

»Und Meubles, daß König Karl X. keine schönere in den Tuilerien hat!«

»Er ist also reich, dieser gute Herr Justin?«

»Reich?. . . . Reich wie eine Kirchenmaus.«

»Nun, wie macht er es denn?«

»Es gibt Leute, welche verbrauchen, was sie haben, und Andere, welche sogar verbrauchen, was sie nicht haben,« sagte ein Perrückenmacher.

»Gut. Wirst Du nicht etwa Schlimmes vom armen Schulmeister reden, weil er sich selbst rasiert?«

»Ja, der rasiert sich gut! Vor drei Wochen hatte er am Kinn einen Einschnitt von einem halben Zoll!«

»Ei!« versetzte ein Straßenjunge, ein vertrauter Freund von Babolin, »sein Kinn gehört ihm, er kann damit machen, was er will; Niemand hat etwas zu sagen; würde er Pflückerbsen darein pflanzen, so wäre das sein Recht!«

»Ah!« sagte der Abbé, »ich sehe den gelben Fiacre.«

»Ich glaube wohl, daß Sie ihn sehen!« versetzte der Straßenjunge; »er ist so groß wie das Wallfischgerippe im Jardin des Plantes, nur ist er reicher an gemalt.«

»Kommen, Sie geschwinde, Herr Pfarrer!« rief Babolin, der seine Sendung vollzogen hatte; »man wartet nur auf Sie.

»Ah! versetzte der Pfarrer, »wenn man nur noch auf mich wartet: ich komme.«

Und der wackere Priester strengte sich an und befand sich wirklich nach fünf Minuten neben dem gelben Fiacre und der Hausthüre gegenüber.

»Gleichviel,« murmelte er,«es ist noch größer als die Bouille, und sogar als Rouen, dieses Paris.«

Justin und Mina erwarteten ihn bei der Thüre.

Als er diese zwei schönen jungen Leute sah, blieb der Priester stehen und lächelte

»Ah!« sprach er. »mein Gott, Du hast sie in Wahrheit für einander geschaffen!«

Mina lief auf ihn zu und fiel ihm um den Hals, wie zur Zeit, wo der gute Pfarrer die Mutter Boivin besuchte, und sie acht Jahre alt war.

Er umarmte sie und schob sie dann zurück, um sie anzuschauen.

In diesem schönen Mädchen, das nahe daran eine Frau zu werden, würde er nie das Kind erkannt haben, welches er sechs Jahre vorher nach Paris mit seinem weißen Kleide, seinen azurnen Halbstiefelchen und seinem blauen Gürtel expediert hatte.

Doch er erkannte sie an ihrer freundlichen Liebkosung.

Man hatte noch fünf Minuten zu warten, ehe man zur Kirche ging.

»Kommen Sie herauf, Herr Pfarrer!« sagten gleichzeitig Justin und Mina.

Der Pfarrer stieg die Treppe hinauf. Mina ließ ihn in das Brautgemach eintreten, wo Mutter Corby, Schwester Céleste, Madame Desmarets, Fräulein Susanne von Valgeneuse und der alte Professor waren.

»Unser lieber Pfarrer von der Bouille, Mama Corby.« sagte Mina; »der Abbé Ducornet. Madame.«

»Ja, ja,« sprach der Abbé ganz freudig, »und er bringt die Mitgift seiner Mündel.«

»Wie! die Mitgift seiner Mündel?«

»Ja wohl! Denken Sie sich, vor drei Tagen erhalte ich eilten recommandirten Brief mit dem Stempel von Deutschland. und in diesem Briefe eine Anweisung von zehntausend achthundert Franken auf die Herren Leclerc und Louis, Banquiers in Rouen.«

»Und dann?« fragte Justin mit bebender Stimme.

»Warten Sie! ich verfahre nach der Ordnung, es ist die Anweisung, was ich zuerst eröffnet von der Anweisung spreche ich zuerst.«

»Ja, wir hören.«

Madame Corby erbleichte sichtbar.

Die anderen Personen schienen an der kaum angefangenen Erzählung des guten Priesters ein relatives Interesse zu nehmen, aber, selbst Mina, noch nichts von dem zu sehen, was vielleicht schon an Justin und seiner Mutter zu erscheinen anfing.

»Bei der Anweisung war ein Brief,« fuhr der Pfarrer der Bauille fort.

»Ein Brief?« murmelte Justin.

»Ein Brief?« wiederholte Madame Corby.

»Ah! Ah! ein Brief!« sagte der Professor nicht minder bewegt, als Justin und Madame Corby.

»Hier ist dieser Brief,« sprach der Abbé.

Und er entfaltete einen Brief, der wirklich einen fremden Stempel an sich trug und las:

»Mein lieber Abbé,

»Eure Reise, die ich so tief in Indien gemacht habe, daß meine Verbindungen mit Frankreich unterbrochen wurden, ist die Ursache, warum Sie seit Jahren keine Nachricht mehr von mir erhielten; doch ich kenne Sie, ich kenne Sie würdige Frau Boivin. der ich, mein Kind anvertraut: Mina wird darum nicht gelitten haben.

»Heute nach Europa zurückgekehrt und in Wien durch unerläßliche Geschäfte aufgehalten. welche noch einige Zeit dauern können. beeile ich mich. Ihnen durch einen Wechsel des Hauses Arnstein und Eskeles auf das Hans Leclerc und Louis in Rouen die Summe von zehntausend achthundert Franken zu schicken, mit denen ich gegen Sie im Rückstand bin.

»Sie werden fortan regelmäßig, bis zu meiner Rückkehr deren Datum ich Ihnen nicht genau bestimmen kann, die als Kostgeld für meine Tochter versprochenen zwölfhundert Franken erhalten.

»Wien. am 21. Januar 1827.

»Der Vater von Mina.«

Bei diesen letzten Worten, während Mina freudig in die Hände klatschend ausrief: »Oh! Welch ein Glück, Justin! Papa lebt noch!« schaute Justin seine Mutter an, und als er sah, daß sie bleich war wie eine Todte, stieß er einen Schrei aus.

»Meine Mutter! meine Mutter!« sagte Justin

Die Blinde stand auf und ging mit ausgestreckten Armen auf ihren Sohn zu: die Stimme hatte sie geleitet.

»Du begreifst, nicht wahr, mein Sohn,« sprach sie »Du begreifst?«

Justin antwortete nicht, er schluchzte.

Mina schaute diese seltsame Scene an, ohne etwas davon zu verstehen.«

»Aber was haben Sie denn, Mama Corby?« fragte sie, »aber was hast Du denn, Bruder Justin?«

»Du begreifst, nicht wahr, mein liebes armes Kind,« fuhr die Mutter fort, »Du begreifst. daß Du Mina arm und eine Waise heirathen konntest?«

»Mein Gott!« rief Mina. die zu errathen anfing.

»Du begreifst aber auch, daß Du Mina nicht heirathen kannst, da sie reich und von einem Vater abhängig ist?«

»Meine Mutter. meine Mutter!« rief Justin, »haben Sie Mitleid mit mir!«

»Das wäre ein Diebstahl, mein Sohn!« sprach die Blinde, die Hand zum Himmel erhebend, als wollte sie Gott beschwören, »und wenn Du zweifelst, so appelliere ich an Allem was von redlichen Leuten hier ist, und es sind hoffentlich nur redliche Leute hier.«

Justin sank vor seiner Mutter aus die Kniee:

»Ah! Du begreifst mich, da Da nun auf den Knieen liegst,« sagte die Blinde.«

Dann streckte sie die Hände über ihm aus, warf den Kopf zurück, als hätte sie den Himmel sehen können und sprach:

»Mein Sohn. ich segne Dich für den Schmerz wie ich Dich für die Freude gesegnet, und ich werde wie ich hoffe. Deine geliebte Mutter im Unglück sein wie ich es in der Glückseligkeit gewesen wäre.«

»Oh! meine Mutter! meine Mutter!« rief Justin »mit Ihnen, mit Ihrer Unterstützung, mit Ihrem Muthe werde ich das thun; doch ohne Sie, oh! ohne Sie wäre ich, glaube ich, ein unredlicher Mensch gewesen!«

»Es ist gut, mein Kind! – Umarme mich, Céleste.«

Céleste näherte sich

»Führe mich zu meinem Stuhle zurück.« sagte sie leiser; ich fühle. Daß mich die Kraft verläßt.«

»Mein Gott! was gibt es denn?« fragte Mina.«

»Es gibt, es ist. . . . Mina,« erwiderte Justin in ein Schluchzen ausbrechend, » . . . bis zu dem Tage, wo Dein Vater seine Einwilligung geben wird, – und wahrscheinlich wird er sie nie geben, – können wir nur Bruder und Schwester für einander sein.«

Mina stieß einen Schrei aus.

»Oh!« rief sie, »mit welchem Rechte macht mein Vater, der mich seit sechzehn Jahren verlassen hat, heute Ansprüche auf mich? Er behalte sein Gelde er lasse mir mein Glück! er lasse mir meinen armen Justin! nicht als Bruder, sondern, mein Gott! verzeihe mir, als Gatten! . . . Justin . . . oh! . . . Justin! Justin. mein Geliebter! Herbei! Herbei! verlasse mich nicht!«

Und mit einem legten Schmerzensschrei fiel das Mädchen ohnmächtig in die Arme von Justin.

Eine Stunde nachher reiste Mina, in Thränen zerfließend, eine Hand in der Hand ihrer Freundin Susanne und den Kopf auf die Schulter von Madame Desmarets gestützt, nach Versailles ab.

Ehe sie in den Wagen,stieg, hatte Susanne Zeit gefunden, mit Bleistift ein also abgefaßtes Billet zu schreiben, das sie einem Commissionär übergab:

»Die Heirath ist fehlgeschlagen! Es scheint, Mina ist reich und die Tochter von irgend Jemand.

»Wir kehren mit der schönen Trostlosen nach Versailles zurück.

»Morgens um elf Uhr.

»S. von VB.«

9

Ja, ich will es ihm sagen u.s.w.

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