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Vorwort

Ein Kochbuch zu schreiben ist schon immer mein Lebenstraum gewesen. Dass sich mein Erstling aber ausgerechnet der vegetarischen Küche widmen würde, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen – auch wenn ich seit meiner Kindheit Gemüse liebe und es in meiner Küche seit jeher eine Hauptrolle spielt.

Eigentlich müsste ich jedoch Albträume haben, weil ich so lange gewartet habe, dieses Buch zu schreiben. Jetzt kocht die ganze Welt vegetarisch, und manche Menschen werden vielleicht denken, ich wolle diesen Trend für mich ausnutzen. Doch so ist es ganz bestimmt nicht. Nein, ich glaube, von mir behaupten zu können, dass ich noch nie Moden hinterhergelaufen, sondern immer meinem eigenen Kopf gefolgt bin. Ich bin ein kompromisslos konsequenter Mensch, manchmal sogar bis zur Sturheit. Das hat mir im Laufe meines Lebens ein paar dicke Beulen eingebracht, aber auch die Gewissheit gegeben, dass ich immer mein Ding durchgezogen habe.

Die Idee zu diesem Buch trage ich seit Langem mit mir herum. Ich verdanke sie auch einer guten Freundin, die seit mehr als 15 Jahren klaglos auf Fleisch und Fisch verzichtet. Das ist für sie nicht immer ein Spaß. Einmal hat sie mir ihr Lieblingskochbuch gezeigt – und ich war entsetzt, wie trist und langweilig, wie lieblos und freudlos die Rezepte darin waren, wie unkreativ und einfallslos in der Gemüseküche gekocht wird. Diese Erfahrung muss ich auch immer wieder in vegetarischen Restaurants machen: Da bekommt man allen Ernstes ein Kartoffelgratin als Hauptspeise serviert. Wie öde und fad ist das denn?! Dabei bietet die fleischlose Küche doch eine unglaubliche Vielfalt an Möglichkeiten.

Das Thema ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich beschäftigte mich immer intensiver damit, recherchierte viel und las Bücher über vegetarische Ernährung. Vor allem »Tiere essen« von Jonathan Safran Foer hat mich sehr beeindruckt. Zum Vegetarier bin ich darüber aber nicht geworden. Nein, ich liebe noch immer Fleisch, und ich liebe Fisch, aber nur in bester Qualität. Discounter-Ware rühre ich nicht an, dieses dubiose Hackfleisch zu unfassbaren Ramschpreisen oder diese zerrupften Tiefkühlhühner für drei, vier Euro. Also: Lieber gar kein Fleisch essen als schlechtes Fleisch. Deswegen lege ich inzwischen oft einen Veggieday ein – und das empfehle ich auch allen meinen Lesern.


Das Entwickeln der Rezepte war für mich ein Aha-Erlebnis. Nicht nur, weil ich selbst noch viel gelernt habe, auch meine Einstellung zu Gemüse hat sich während des Schreibens verändert. Natürlich habe ich Gemüse und Kräuter immer zu schätzen gewusst, schon während meiner Ausbildung zum Koch. Ich erinnere mich noch ganz genau an einen Satz, den mir vor einigen Jahren der Küchenchef meines Restaurants einmal gesagt hat: »Andi, du hast vor Schnittlauch genauso viel Respekt wie vor einem Steinbutt«; das ist ungefähr der edelste und teuerste Fisch, den es gibt. Auf diesen Satz bin ich bis heute wirklich stolz, weil er mich absolut treffend charakterisiert.

Aber erst durch das Schreiben dieses Buches habe ich den Reichtum, den die Gemüseküche zu bieten hat, in vollem Umfang begriffen. Mir wurde klar, dass Gemüse niemals nur eine Beilage ist, sondern der Star jedes Gerichts sein kann. Es ist Fleisch und Fisch vollkommen ebenbürtig und kann auch genauso raffiniert zubereitet werden wie ein Filet oder ein Entrecôte. Die wichtigste Erkenntnis aber war für mich: Wer vegetarisch isst, übt keinen Verzicht, lebt nicht in Askese und unterwirft sich keiner Selbstbeschränkung, sondern erlebt fantastische Freuden auf dem Teller.

Ich behaupte jetzt einfach mal: Jeder, der glaubt, vegetarisch sei langweilig oder dröge, wird seine Meinung ändern, sobald er den ersten Blick in mein Buch geworfen hat. In ihm steckt meine ganz persönliche Interpretation von vegetarischer Küche. Dabei gelten für mich vier goldene Regeln, die das Gemüse erst richtig zur Geltung bringen:

1. Gemüse möglichst nie kochen, sondern kurz braten oder dünsten, weil sonst die meisten Aromen mit dem Kochwasser davonschwimmen, statt auf dem Teller zu landen. Man kann viele Gemüsesorten aber auch wunderbar roh verarbeiten, am besten hauchdünn geschnitten, gehobelt oder fein gerieben, als Carpaccio, Salat oder Brotbelag. Verfeinert mit nur wenigen Zutaten – einem guten Öl oder einem 13 Jahre alten Aceto balsamico. So erlebt man den ureigenen Geschmack des jeweiligen Gemüses am intensivsten.

2. Experimentierfreudig sein und sich trauen, die Zutaten, die einem in der vegetarischen Küche zur Verfügung stehen, völlig neu zu kombinieren. Ich mache zum Beispiel ein Gemüserisotto mit Artischocken und Mirabellen oder Gnocchi mit Kaffeearoma auf Orangen-Chicorée und Schwarzwurzel-Estragon-Gemüse. Ich schmecke Schmorgurke mit Vanillemark ab und gebe zum Rotkohl eine Handvoll Mangowürfel. Ich stelle immer wieder verblüfft fest, wie gut scheinbar unmögliche Mischungen funktionieren. Natürlich hilft hier auch die Erfahrung. Als junger Koch hätte ich mich mit solchen Kreationen schwergetan, aber mit der Zeit habe ich gelernt, welche Aromen gut zu welchem Gemüse passen.


3. Bei der Verarbeitung und Zubereitung hin und wieder andere Wege einschlagen und sich nicht immer nur an die gewohnten Methoden halten. Rosenkohl etwa verarbeite ich nie als ganze Röschen, sondern teile sie in die einzelnen Blätter. Tomaten mixe ich kurz mit dem Stabmixer an und lasse sie dann über Nacht »abhängen«. Sie werden staunen, was man mit dem abgetropften Tomatenwasser alles anstellen kann. Und Schwarzwurzeln bereite ich am liebsten »sous vide« zu, also im Plastikbeutel vakuumiert und in heißem, aber nicht kochendem Wasser, langsam gegart. Zugegeben, manche Zubereitungsart dauert ihre Zeit. Dafür bietet sie aber auch ein unvergleichliches Geschmackserlebnis, das den Aufwand lohnt. In der Regel habe ich aber versucht, Gerichte zu kreieren, die gleichzeitig spektakulär und simpel, also alltagstauglich und in kurzer Zeit von jedem Hobbykoch zuzubereiten sind.

4. Die Qualität muss stimmen. Das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt, denn wenn das Gemüse von sich aus keinen Geschmack mitbringt, hilft auch die ausgefallenste Zubereitungsmethode nicht mehr. Ich habe das Riesenglück, dass meine Schwiegereltern in Rosenheim einen Gemüsegarten bewirtschaften und mir fast das ganze Jahr über frische Ware in mein Restaurant liefern. Kohlrabi, Tomaten, Zucchini, Kürbis ... Besser geht es natürlich nicht. Aber auch ohne eigenen Garten kann man Gemüse in hochwertiger Qualität bekommen, man muss nur auf die richtige Jahreszeit achten. Deshalb ist dieses Buch auch nach Frühling, Sommer, Herbst und Winter unterteilt, denn am besten kocht man immer mit den Gemüsen, die gerade Saison haben und dann vielleicht sogar aus der Region stammen. Und ganz nebenbei hat man so auch eine natürliche Abwechslung auf dem Teller – im wahrsten Sinne des Wortes.


Natürlichkeit liegt mir sehr am Herzen, gerade weil sie beim Essen mehr und mehr zu verschwinden droht. Das ist für mich zu einem Riesenproblem geworden: Unsere Ernährung folgt nicht mehr den Regeln der Natur, sondern denen der Industrie. So kommt es, dass wir viel zu wenig über unser Essen wissen, über seine Herkunft, seinen Werdegang, seine Zusatzstoffe. Und wir werden – das muss ich leider sagen – von der Nahrungsmittelindustrie manchmal belogen und betrogen. Wir essen viel zu viel Zeug, das nichts anderes als ein falsches Versprechen ist. Das will ich mit meinem Buch ändern. Es soll ein Schritt zurück sein zu den Ursprüngen, zum Unverfälschten, zur Frische und zur Wahrheit. Und die findet man am leichtesten beim Gemüse.

Mir geht es mit diesem Buch nicht um Bekehrung oder Belehrung. Jeder darf sich auf seine Weise glücklich essen. Deswegen habe ich mein Kochbuch sowohl für Vegetarier als auch für Fleischliebhaber geschrieben, die ab und zu Lust auf Tage »ohne« haben und bereit sind, ihren kulinarischen Horizont zu erweitern. Ich kann nur sagen: Es lohnt sich! Und es macht einen Mordsspaß!



Vegetarisch mit Leidenschaft

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