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4. Gesetzliche Merkmale der Ordnungswidrigkeit, § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG

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Im Anschluss werden die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit bezeichnet. Darunter sind die im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale der Ordnungswidrigkeit zu verstehen. Im Grundsatz sollte stets der Wortlaut der jeweiligen Ordnungswidrigkeit wiedergegeben werden. Kann der gesetzliche Tatbestand in mehreren Varianten verwirklicht werden, werden nur die erfüllten Varianten (durch die Konjunktion „und“ verdeutlicht) aufgenommen. Ein „oder“ sollte die Darstellung der gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeiten im Grundsatz nicht enthalten. Denn es bliebe für den Betroffenen unklar, ob er sich beispielsweise gegen den Vorsatz oder Fahrlässigkeitsvorwurf verteidigen muss.

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Wegen der Informationsfunktion sollten die Vorwerfbarkeitsformen der Leichtfertigkeit bzw. Fahrlässigkeit ausdrücklich im „Tenor“ des Bußgeldbescheids benannt werden. Überflüssig ist dort demgegenüber die Angabe eines vorsätzlichen Verstoßes.[275] Denn gem. § 10 OWiG ist im Grundsatz nur vorsätzliches Verhalten im Ordnungswidrigkeitenrecht bebußt. Wird im Bußgeldbescheid keine Vorwerfbarkeitsform benannt, bleibt es bei dem Grundsatz und es ist von Vorsatz auszugehen. Dem steht die nur scheinbar gegenläufige obergerichtliche Rechtsprechung in Bußgeldsachen nicht entgegen. Danach soll bei Fehlen der Vorwerfbarkeitsform im Bußgeldbescheid in der Regel der Vorwurf fahrlässiger Tatbegehung anzunehmen sein.[276] Diese Rechtsprechung findet ihren Ausgangspunkt in der Regelung des § 1 Abs. 2 S. 2 Var. 1 BKatV, die eine Besonderheit des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts darstellt. Danach begründet die Begehung einer in Abschnitt I des Bußgeldkatalogs bezeichneten Verkehrsordnungswidrigkeit unter gewöhnlichen Umständen in der Regel den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Eine vergleichbare Regelung fehlt im Kapitalmarktordnungswidrigkeitenrecht, sodass hier die Wertung aus § 10 OWiG maßgeblich ist.

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Praxishinweis

Diese Sichtweise, die vom BGH für die Formulierung des Urteilstenors in Strafurteilen geteilt wird,[277] kann bei dem Abschluss eines Settlements nutzbar gemacht werden. Es könnte – etwa vor dem Hintergrund der Rechenschaftspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat und den Aktionären – im Interesse des Vorstands liegen, bei einem vorsätzlichen Verstoß nicht zusätzlich durch die Bezeichnung der Vorwerfbarkeitsform im Bußgeldbescheid belastet zu werden.

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Unklarheiten gilt es im Bußgeldbescheid zu vermeiden, schon um dem Amtsgericht Frankfurt a. M. unnötige Hinweispflichten gem. § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 265 Abs. 1 StPO zu ersparen, die aber erforderlich wären, wenn das Amtsgericht der hiesigen Sichtweise folgen sollte, im Bußgeldbescheid die Vorwerfbarkeitsform nicht benannt wurde und wegen eines leichtfertigen bzw. fahrlässigen Verstoßes verurteilt werden soll.[278]

Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht

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