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1.1 Unternehmensleitbild

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Unternehmensleitbild

Kein Handwerksbetrieb gleicht dem anderen, jeder Betrieb hat seine ganz eigene Art. So gibt es beispielsweise in jedem Betrieb typische Umgangsformen, einen spezifischen Ton in der Kommunikation und eigene Regeln, die jedem Mitarbeiter selbstverständlich sind und nicht hinterfragt werden.

Diese Besonderheiten eines Betriebs sind den Betriebsmitgliedern oft gar nicht bewusst. Leichter werden sie von Außenstehenden bemerkt: Im einen Betrieb sind die Mitarbeiter gut informiert, im anderen nicht. Bei Fehlern und Reklamationen wird im einen Betrieb laut kritisiert und nach Schuldigen gesucht, im anderen Betrieb versucht man, sachlich Lösungen zu finden. Kunden werden im einen Betrieb freundlich und zuvorkommend angesprochen, im anderen eher ruppig behandelt. In der Werkstatt des einen Betriebs herrscht immer eine geregelte Ordnung, in der Werkstatt des anderen hat nichts einen festen Platz.

Unternehmenskultur

Geprägt wird ein Betrieb von seiner Unternehmenskultur. Ob gezielt gesteuert oder ungeplant entstanden und darum vielen gar nicht bewusst: eine Unternehmenskultur existiert in jedem Betrieb. Sie bildet die Grundlage für alles, was in einem Unternehmen getan und gedacht wird.

Die Unternehmenskultur (auch Organisationskultur oder Corporate Culture genannt) gilt als Kern oder „DNA“ eines Unternehmens. [1] Sie ist die Zusammenfassung der Traditionen, Werte, Normen und Haltungen in einem Unternehmen. Sie beeinflusst und lenkt sämtliche Betriebsmitglieder, wie sie auch selbst von den Betriebsmitgliedern beeinflusst wird. [2]

Leitl und Sackmann definieren die Unternehmenskultur wie folgt: „Eine Unternehmenskultur beruht auf jenen grundlegenden gemeinsamen Überzeugungen, die das Denken, Handeln und Empfinden der Führungskräfte und Mitarbeiter im Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Diese gerinnen zu dem, was für das Unternehmen typisch ist, und dienen den Führungskräften und Mitarbeitern als eine Art mentale Landkarte für ihr Denken und Handeln.“ [3]

Sie kann auch beschrieben werden „als die Menge der Gewohnheiten, in der sich ein Unternehmen von seiner Umgebung unterscheidet“. [4]

Die Unternehmenskultur entsteht mit der Zeit aus dem Verhalten sowie den Einstellungen und Werten aller mit einem Betrieb in Beziehung stehenden Menschen. Gerade in kleineren Handwerksbetrieben wird sie stark von der Persönlichkeit der Inhaber geprägt.

Leitbild

Eines der wichtigsten Instrumente, um die Unternehmenskultur in eine angestrebte Richtung zu beeinflussen, einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen und eine gemeinsame Ausrichtung aller Betriebsmitglieder zu fördern, ist das Leitbild des Unternehmens. Durch eine schriftliche Dokumentation macht dieses die erwünschten Werte und Normen des Unternehmens nach innen und außen bewusst.

Normen

Verhaltensweisen, die sich als erfolgreich erweisen und von der Führung oder vielen Betriebsmitgliedern befürwortet werden, entwickeln sich ausgesprochen oder unausgesprochen zu Regeln. Gelten sie im Betrieb als verbindlich, werden sie auch als Normen bezeichnet. Neue Mitarbeiter lernen durch Vorgaben und die spürbaren Erwartungen ihrer Kollegen, die Normen sukzessive als selbstverständlich zu betrachten und in ihr eigenes Verhalten zu übernehmen.

Werte

Aus den Einstellungen und Werten der Betriebsmitglieder entsteht das Wertesystem des Betriebs. Als Werte gelten die Prinzipien, Qualitäten und Tugenden, die für einen Einzelnen oder eine Gruppe als wünschenswert und unverzichtbar angesehen werden. Beispiele für Werte sind etwa Respekt, Toleranz, Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit oder Unabhängigkeit.

Die persönlichen Werte eines Menschen drücken aus, was ihm im Leben wichtig ist. Wie ein Kompass leiten sie seine Wahrnehmung und sein Handeln. Kann der Mensch seinen Werten folgen, empfindet er Sinn in seinem Verhalten.

Die Unternehmenskultur spiegelt die in der Betriebsgemeinschaft vorherrschenden Wertvorstellungen wieder. Die betrieblichen Werte zeigen, worauf es im Betrieb ankommt und welchen Prinzipien das Verhalten im Innen- und Außenverhältnis folgt. Damit vermitteln sie allen Betriebsmitgliedern Sinn und Orientierung für ihr Handeln im Betrieb.

Ein Leitbild hat Zukunftscharakter. Es stellt die Mission (Aufgabe oder Auftrag) und Vision (strategische Ziele) eines Unternehmens dar und enthält richtungsweisende Aussagen zur angestrebten Unternehmenskultur. Es beschreibt die gewünschte Unternehmensentwicklung, zeigt auf, mit welchen Strategien die Unternehmensziele erreicht werden sollen, und gibt einen Orientierungsrahmen für das künftige Verhalten aller Betriebsmitglieder.

Damit beantwortet das Leitbild die zentralen Fragen,

• wofür ein Unternehmen steht,

• was es erreichen möchte und

• welchen Werten und Prinzipien es dabei folgt.

Image- und Legitimationsfunktion

Im Außenverhältnis hat das Leitbild vor allem eine Image- und Legitimationsfunktion. Es macht deutlich, inwieweit ein Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt.

Im Innenverhältnis ist das Leitbild ein wichtiges Führungsinstrument. Aus dem Leitbild werden die Führungsgrundsätze und konkreten Handlungsrichtlinien für alle Betriebsmitglieder abgeleitet. Es dient damit einerseits dazu, das Verhalten im Betrieb zu rechtfertigen, wird andererseits aber auch zur Messlatte für betriebliche Entscheidungen und Vorgehensweisen.

Einfluss auf das Verhalten im Betrieb hat ein Leitbild jedoch noch nicht allein durch die schriftliche Fixierung. Wirksam werden die im Leitbild formulierten Grundsätze erst, wenn sie für jeden Mitarbeiter nachvollziehbar auf seine Handlungsebene heruntergebrochen und auf Praxisbeispiele übertragen sowie von den Führungskräften konsequent vorgelebt und eingefordert werden. Dazu gehört auch, dass alle im Betrieb angewandten Regelungen (z. B. Arbeitsordnung, Informationsregeln oder Belohnungs- und Sanktionssystem) regelmäßig auf die Stimmigkeit mit dem Leitbild überprüft werden.

Elemente des Leitbildes

Zu den Elementen eines Leitbildes gehören unter anderem:

• die Mission eines Betriebs (die Aufgabe oder der Auftrag des Betriebs, sein Selbstverständnis): Wer sind wir? Wofür stehen wir? Wofür sind wir da? Was bewirken wir für wen? [5]

• die Vision des Betriebs (die strategischen Ziele): Was wollen wir erreichen? Wo wollen wir in Zukunft stehen?

• die Werte und Grundsätze des Betriebs: Wie gehen wir zur Erreichung unserer Ziele vor? Wie gehen wir miteinander um? Worauf legen wir Wert? Wie gestalten wir die Beziehung zu Kunden, Partnern und der Öffentlichkeit?

Wirksamkeit des Leitbildes

Für die Akzeptanz und Wirksamkeit des Leitbilds ist wichtig, dass es

• konkret auf den Betrieb zugeschnitten ist und nicht nur Allgemeinplätze enthält,

• für jeden Mitarbeiter klar, verständlich und nachvollziehbar formuliert ist,

• sich auf das Wesentliche beschränkt,

• ehrlich gemeinte Aussagen trifft und

• realistische Ziele vorgibt.

Fallbeispiel

Alexander Wagner ist immer aufgeschlossen für Neues – vor allem wenn es dazu dient, seinen Betrieb für Formenbau weiterzuentwickeln und zu verbessern. Darum hat er sich vorgenommen, ein Leitbild für seinen Betrieb zu entwickeln. Die Ausführungen des Referenten über die Bedeutung der Unternehmenskultur beim letzten Vortrag, den er besucht hat, haben ihn überzeugt.

Wichtig ist ihm allerdings, dass das Leitbild nicht nur auf dem Papier besteht, sondern in seinem Betrieb auch mit Leben gefüllt wird. Darum überlegt er sich, wie er bei der Entwicklung des Leitbilds vorgehen soll. Soll er es selbst formulieren? Ist es sinnvoll, die Führungskräfte einzubeziehen? Oder muss er alle Mitarbeiter am Prozess beteiligen?

Mitarbeiter integrieren

Ein Leitbild kann mit und ohne Beteiligung der Mitarbeiter formuliert werden. Je stärker aber die Belegschaft in den Entwicklungsprozess mit einbezogen wird, umso besser ist die Akzeptanz und umso schneller erfolgt in der Regel die Umsetzung. Durch die Mitarbeit von Vertretern möglichst aller Betriebsebenen steigt zudem die Realitätsnähe des Leitbilds. [6]

Um die Leitbildinhalte in der Folge mit Leben zu füllen, müssen sie allen Betriebsmitgliedern vermittelt werden. Dazu genügt nicht, sie einmalig bei einer Betriebsversammlung vorzustellen und sie in Schriftform zu verteilen.

Zudem werden Handlungsgrundsätze nicht von allen Mitarbeitern in der gleichen Weise verstanden. Und selbst wenn alle Mitarbeiter einem Leitbild zustimmen, heißt das nicht, dass sie eine Notwendigkeit sehen, ihr eigenes Verhalten zu ändern. Viele glauben, dass die anderen ihr Verhalten ändern müssten. [7]

Als verständnis- und akzeptanzfördernd haben sich in der Praxis vor allem regelmäßige Besprechungen von Beispielsituationen in Teamsitzungen, die Überprüfung von Zielgrößen sowie das persönliche Gespräch der direkten Führungskräfte mit ihren jeweiligen Mitarbeitern erwiesen. Unverzichtbar ist, dass die Betriebsleitung und die Führungskräfte mit gutem Verhaltensbeispiel als Vorbild dienen.

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