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2 Grundlagen der Verschwiegenheitspflicht
ОглавлениеIn den berufsständischen Regelungen für die Ärzte (Musterberufsordnung)56 findet sich zur Schweigepflicht § 9:
§ 9 Schweigepflicht
(1) Ärztinnen und Ärzte haben über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus – zu schweigen. Dazu gehören auch schriftliche Mitteilungen der Patientin oder des Patienten, Aufzeichnungen über Patientinnen und Patienten, Röntgenaufnahmen und sonstige Untersuchungsbefunde.
(2) Ärztinnen und Ärzte sind zur Offenbarung befugt, soweit sie von der Schweigepflicht entbunden worden sind oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Gesetzliche Aussage- und Anzeigepflichten bleiben unberührt. Soweit gesetzliche Vorschriften die Schweigepflicht der Ärztin oder des Arztes einschränken, soll die Ärztin oder der Arzt die Patientin oder den Patienten darüber unterrichten.
(3) Ärztinnen und Ärzte haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, über die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit zu belehren und dies schriftlich festzuhalten.
(4) Wenn mehrere Ärztinnen und Ärzte gleichzeitig oder nacheinander dieselbe Patientin oder denselben Patienten untersuchen oder behandeln, so sind sie untereinander von der Schweigepflicht insoweit befreit, als das Einverständnis der Patientin oder des Patienten vorliegt oder anzunehmen ist.
Im Strafgesetzbuch ist die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht in § 203 StGB sogar mit einer Strafe belegt. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft,
»wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist.«
Gemäß § 203 Abs. 6 StGB liegt das Strafmaß sogar bei einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Dieser schärfere Strafrahmen sollte insbesondere im Auge behalten werden, wenn z. B. Angehörige von Unternehmen an einen Arzt mit der Bitte herantreten, Patientenlisten gegen Entgelt zu erhalten, um an diese Patienten später mit kommerziellen Interessen heranzutreten (z. B. Verkauf von bestimmten Nahrungsmitteln oder Hilfsmitteln).
Der Titel des § 203 StGB lautet allgemein »Verletzung von Privatgeheimnissen« und die Verschwiegenheitspflicht trifft auch andere Berufsgruppen (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Eheberater etc.). Die Privatgeheimnisse der Bürger werden somit in allen Lebensbereichen umfassend geschützt. Insgesamt wird an der Vorschrift des § 203 StGB deutlich, dass die Verschwiegenheitspflicht sehr ernst zu nehmen ist, da eine Verletzung durchaus empfindliche Konsequenzen haben kann. Im Folgenden werden die Grundsätze der Verschwiegenheitspflicht sowie mögliche Ausnahmen von dieser Verpflichtung anhand der Voraussetzungen des § 203 StGB für eine Strafbarkeit näher beleuchtet.