Читать книгу Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Andrea Wechsler - Страница 48

b) Anwendungsbeispiele im Internet

Оглавление

105

Auch die Frage, wann eine Urheberrechtsverletzung im Internet erfolgt ist, hat die Gerichte in den letzten Jahren in einer Reihe von typischen Fallkonstellationen beschäftigt.

106

Jahrelange Rechtsunsicherheit bestand bei der Frage, ob Links in der einen oder anderen Form eine Urheberrechtsverletzung darstellen können. Im Kern bieten Links lediglich einen technischen Weiterleitungsvorgang. Daher erfüllt das bloße Setzen eines Hyperlinks noch keine Verwertungshandlung nach den §§ 15 f. UrhG. Das fremde Werk wird schließlich nicht wiedergegeben, sondern es wird lediglich auf dieses verwiesen. Somit ermöglicht der Link zwar eine Vervielfältigung durch Dritte, stellt aber selbst noch keine Vervielfältigungshandlung dar. Im Übrigen ist im Regelfall von dem mutmaßlichen Einverständnis des Berechtigten mit der Verlinkung auszugehen.

107

Zu unterscheiden von normalen Links sind die sog. Deep Links. Diese verweisen nicht auf die Einstiegsseite Dritter, sondern führen direkt zu einer Unterseite eines fremden Anbieters. Dennoch hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Deep Links zu dem gewöhnlichen Inhalt des Internets gehören und somit mit einer Verlinkung gerechnet werden muss. Ein Deep Link stellt damit keinen Verstoß gegen das Urheberrecht in der Form des Vervielfältigungsrechts dar (Paperboy, Az.: I ZR 259/00). Allerdings muss zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Urheberpersönlichkeitsrechts (§ 13 UrhG) auf den jeweiligen Urheber verwiesen werden.

108

Eine noch offene Rechtsfrage zum Thema Framing wurde im Jahr 2014 vom Europäischen Gerichtshof (C 348/13) geklärt. Ein Frame beschreibt den Bereich einer Website, der externe Dateien in das Erscheinungsbild einer Website einbindet. Fraglich war nicht, ob Framing eine Vervielfältigungshandlung darstellt; das tut es regelmäßig nicht. Fraglich war vielmehr, ob eine derartige Einbindung eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG bzw. Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie darstellt. Dies ist nach neuester Rechtsprechung nicht der Fall, sofern und soweit das entsprechende Werk auf der Webseite, auf die der Internetlink verweist, frei zugänglich ist.

Eine weitere Fallkonstellation war die Frage der Vorschaubilder im Internet – die sog. Thumbnails. Vorschaubilder sind in etwa daumennagelgroße Bilder, die kleine Abbilder von Fotos oder Bildern darstellen. Fraglich war, ob die Anzeige eines Bildes in Mini-Format eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Dies hat der BGH nun abschließend geklärt (u.a. BGH I ZR 140/10, I ZR 69/08). Zunächst wurde festgestellt, dass Vorschaubilder als urheberrechtlich geschützte Werke anzusehen sind. Folglich kann die Einblendung eines derartigen Mini-Formats als Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG sowie als öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG gewertet werden und bedarf damit der Zustimmung des Urhebers. Damit ist das Einblenden eines Vorschaubildes eine schadensersatzpflichtige Urheberrechtsverletzung. Jedoch wurde zugleich die Haftung von Suchmaschinen für derartige Urheberrechtsverletzungen eingeschränkt. So wurde ebenso entschieden, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Werkes in das Internet einstellt, durch schlüssiges Verhalten seine Einwilligung in eine Wiedergabe von Vorschaubildern der Abbildung erklärt und somit die Urheberrechtsverletzung nicht rechtswidrig ist.

109

Ein weiterer Fragekomplex stellt die Frage des Streamings dar. Streaming – ob On-Demand-Streaming oder Live-Streaming – beschreibt dabei einen Vorgang, bei dem in Echtzeit kontinuierlich Daten von einem Rechner auf einen anderen über ein Netzwerk übertragen werden, wobei Inhalte im Cache des Zielrechners vorübergehend zwischengespeichert werden. Fraglich ist dabei einerseits, ob Streaming-Portale urheberrechts-relevante Handlungen ausführen, und andererseits, ob sich die Nutzer derartiger Portale einer Urheberrechtsverletzung schuldig machen. Unstrittig ist, dass das Verhalten von Streaming-Portalbetreibern eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Die Bereitstellung der Filme wird als öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG gewertet. Dieses Recht steht jedoch ausschließlich dem Urheber zu.

Differenzierter sind die Handlungen der Nutzer zu sehen. Während des Streamingvorgangs werden Kopien des Filmes – also Vervielfältigungsstücke – im Cache gespeichert. Das Recht der Vervielfältigung steht jedoch nach § 16 Abs. 1 UrhG dem Urheber zu. Allerdings könnte diese Vervielfältigungshandlung durch die Schranke der Privatkopie gedeckt sein in § 53 UrhG oder aber über § 44a UrhG, der vorübergehende Vervielfältigungshandlungen zulässt. § 53 UrhG scheidet als Schranke zumeist aus, wenn eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Kopie verwendet wird (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG). Inwiefern § 44a UrhG eine valide Schranke darstellt, ist nach wie vor strittig. In einem Urteil zu legalen Streaming Seiten (C-360/13) hat der EuGH entschieden, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Kopien auf dem Bildschirm seines Computers und im „Cache“ der Festplatte ohne die Zustimmung der Urheberrechtsinhaber erstellt werden können. Dieses Urteil lässt den sehr vorsichtigen Schluss zu, dass auch bei illegalen Streaming Seiten die Schranke in § 44a UrhG wirksam greifen könnte. Dies ist jedoch bisher nicht höchstrichterlich entschieden.

Beispiel:

Das Streaming-Portal K stellt Internetnutzern bereits wenige Tage nach dem Kinostart eines jeweiligen Films diesen besagten Film über Streaming zur Verfügung. Der filmbegeisterte Nutzer N des Portals schaut auf diesem Wege regelmäßig aktuelle Kinofilme. Die Inhaber der Schutzrechte an den Filmwerken fragen sich, inwiefern sie gegen diese Bereitstellungs- und Nutzungshandlungen vorgehen können.

Im Ergebnis muss den Inhabern der Schutzrechte an den Filmwerken mitgeteilt werden, dass die Rechtslage nur teilweise klar und eindeutig ist. Ein Belangen des Streaming-Portals wegen Urheberrechtsverletzung ist zweifelsohne möglich. Die Möglichkeiten einer zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Verfolgung der Nutzer sind nach wie vor strittig.

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

Подняться наверх