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E. Rechtfertigung durch zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses

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Da eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vorliegt, ist nach einer Rechtfertigung der staatlichen Maßnahme zu suchen. Eine beschränkende Maßnahme eines Mitgliedstaats, die nicht offen diskriminiert, kann durch zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn sie zur Wahrung dieser Ziele geeignet und erforderlich ist[6]. Der Schutz der Qualität von handwerklichen Dienstleistungen kann nach zutreffender Auffassung des EuGH als ein solches zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses angesehen werden[7].

Die Eintragungspflicht muss zum Schutz dieses Interesses verhältnismäßig, also geeignet und erforderlich, sein[8]. Im Rahmen der Geeignetheit ist zu fragen, ob sie den angestrebten Zweck fördert. Dies kann bejaht werden, da bei der Eintragung die Qualifikation des Handwerkers geprüft wird.

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Sie müsste aber auch erforderlich sein. Hiergegen könnte sprechen, dass die Regelung über die Eintragungspflicht nicht danach differenziert, ob ein ausländischer Handwerker nur sporadisch in X tätig sein will, oder ob er sich dauerhaft dort niederlassen will. Nach Ansicht des EuGH in der dem Fall zugrunde liegenden Entscheidung führt diese mangelnde Differenzierung zur Unverhältnismäßigkeit[9]. Zur Prüfung der Gleichwertigkeit der Qualifikation reiche in Fällen nur gelegentlicher grenzüberschreitender Tätigkeit ein formales Verfahren. Dieses dürfe nicht so kompliziert und teuer sein, dass die Dienstleistungsfreiheit ihrer Wirksamkeit beraubt wird. Durch die undifferenzierte Anwendung der Eintragungspflicht würden potentiell Ausländer abgehalten, in dem betreffenden Mitgliedstaat Aufträge anzunehmen. Diesen Erwägungen kann zugestimmt werden[10]. Es ist nicht gerechtfertigt, einen ausländischen Handwerker zur Eintragung in die Handwerksrolle zu verpflichten. Dadurch würde er unter anderem zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen gezwungen, die ihm ohne feste Niederlassung keinerlei Nutzen bringen können. Außerdem ist der Zeitfaktor bei der Auftragsvergabe regelmäßig mitentscheidend, so dass das bisher geltende Eintragungsverfahren zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen kann. Die Regelung des Mitgliedstaats X ist als nicht erforderlich anzusehen[11], so dass sie unverhältnismäßig und damit nicht gerechtfertigt ist.

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