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4. Ultra-vires-Akte bzw. ausbrechende Rechtsakte des Unionsrechts

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Fall 12; Streinz Rn. 228 ff.

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Mit der soeben geschilderten Konstellation verwandt ist das sog. „Ultra vires“-Handeln der Organe der EU. Die Erfassung dieser Fallgruppe mit den Begriff ultra vires ist seit dem Lissabon-Urteil des BVerfG[39] üblich[40]. Der Begriff löst den aus dem Völkerrecht stammenden früheren Sprachgebrauch vom „ausbrechenden Rechtsakt“ ab, ohne dass sich in der Sache etwas geändert hat[41]. Hier geht es um Maßnahmen der Unionsorgane, die nach Lesart des innerstaatlichen Rechts nicht von der Kompetenzübertragung an die EU (bzw. früher auch die EG) gedeckt sind. Denn die Organe dürfen nur im Rahmen der Verbandskompetenz der EU sowie ihrer eigenen Organkompetenz tätig werden. Überschreiten sie diese Grenzen, so handeln sie „ultra vires“, also außerhalb ihres rechtlichen Dürfens[42]. In einem solchen Fall könnte das BVerfG diese Rechtsakte für unbeachtlich erklären[43]. Es prüft im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle, ob Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU die Grenzen des demokratisch legitimierten Integrationsprogramms nach Art. 23 I 2 GG offensichtlich und in strukturell bedeutsamer Weise überschreiten und dadurch gegen den Grundsatz der Volkssouveränität verstoßen. Die Ultra-vires-Kontrolle leitet sich aus Art. 79 III GG ab und ist zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben[44]. Auch diese Fallgruppe muss Pflichtfachstudierenden geläufig sein. Das Vorliegen eine Ultra-vires-Aktes wurde vom BVerfG u.a. im Zusammenhang mit der Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH zur Bindung der Mitgliedstaaten an die GRC (Fall Åkerberg Fransson) bzw. im Urteil zum OMT-Programm der EZB problematisiert, im Ergebnis aber jeweils abgelehnt[45].

Beispiele:

Dienst von Frauen in bewaffneten Verbänden der Bundeswehr[46] (dazu Fall 12 der Vorauflage), Honeywell-Beschluss des BVerfG[47], Antiterrordatei-Urteil des BVerfG, OMT-Urteil des BVerfG.

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