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2. Rechtsschutz vor nationalen Gerichten, Vorabentscheidungsverfahren

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Fälle 1, 2, 3, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 15, 16 und 20; Streinz Rn. 693 ff., 715 ff. Prüfungsschema Vorabentscheidungsverfahren unten im 2. Teil C. (Rn. 55)

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Wichtiger sind im Pflichtfach die Verfahren vor nationalen Gerichten. Dies können Verfahren vor allen Sparten der Gerichtsbarkeit sein, da es in allen innerstaatlichen Streitigkeiten auf unionsrechtliche Fragen ankommen kann. Insbesondere die Grundfreiheiten sorgen dafür, dass das Unionsrecht mittlerweile alle Bereiche des Rechtslebens durchdrungen hat.

Die Zuordnung des Unionsrechts zum Öffentlichen Recht bringt es allerdings mit sich, dass in den meisten Klausuren auch eine öffentlich-rechtliche Einkleidung gewählt wird. Hier können dann alle Verfahrens- und Klagearten vorkommen, die die VwGO vorsieht.

Besonderheiten, die aus dem Europarecht herrühren, sind insbes. mit dem Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 267 AEUV verbunden. Gemäß Art. 267 I AEUV entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge und über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union. Die Auslegungsbefugnis bezieht sich über die „Handlungen der Organe“ auch auf das gesamte von den Rechtsetzungsorganen der EU erlassene Sekundärrecht. Der Gerichtshof kontrolliert somit die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts durch die Organe der Union und durch die Mitgliedstaaten. Er hat diesbezüglich ein Auslegungs- und Verwerfungsmonopol[51]. Die mitgliedstaatlichen Gerichte (einschließlich des BVerfG[52]) können oder müssen dem EuGH Unionsrecht zur Vorabentscheidung vorlegen, um in dem ihnen vorliegenden innerstaatlichen Fall entscheiden zu können. Es ist daher wichtig, die Voraussetzungen der Vorlage und der Vorlagepflicht zu kennen, da dies auch in Klausuren relevant werden kann[53]. Ein Gericht[54] kann auch vorlegen, wenn es bereits im Wege der konkreten Normenkontrolle gem. Art. 100 I GG das BVerfG angerufen hat[55].

Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht kann zu einem Entzug des gesetzlichen Richters i.S.d. Art. 101 I 2 GG führen und daher nach deutschem Recht gem. Art. 93 I Nr. 4a i.V.m. Art. 101 I 2 GG im Wege der Verfassungsbeschwerde überprüft werden[56]. Dies dient mittelbar auch der innerstaatlichen Durchsetzung der Vorlagepflicht[57]. Auf der europäischen Ebene stellt die pflichtwidrige Nichtvorlage zudem eine Vertragsverletzung dar, die gemäß Art. 258 AEUV gerügt werden kann. Die Kommission hielt sich bislang allerdings sehr zurück, die Einhaltung der Vorlagepflicht durch die mitgliedstaatlichen Gerichte im Wege des Vertragsverletzungsverfahrens zu überwachen[58]. Das hat sich jüngst mit einem Verfahren gegen Frankreich geändert, in dem der EuGH festgestellt hat, dass der Conceil dʼÉtat seiner Vorlagepflicht nicht nachgekommen ist[59].

Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist ein weiteres Einflussgebiet des Unionsrechts auf das nationale Prozessrecht zu finden. Der EuGH hat die Voraussetzungen, unter denen nationale Gerichte Rechtsakte vorläufig außer Vollzug setzen können, wenn einstweiliger Rechtsschutz im Zusammenhang mit potentiell rechtswidrigen Unionsrechtsakten gesucht wird, abschließend festgelegt (dazu Fall 15). Die Bearbeiter müssen diese Modifikationen des nationalen Prozessrechts kennen.

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