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Abhängigkeit

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Nachdem Hahn 1981 Behinderung noch als ein ›Mehr an sozialer Abhängigkeit‹ beschreibt (vgl. Hahn 1981), wendet sich die Behindertenpädagogik später von diesem Begriff ab. Heute taucht dieser kaum noch auf, weil er häufig als eine Form der Fremdbestimmung verstanden wird. Nur wenige diskutieren den Begriff noch im Kontext von Behinderung. Zwei Autorinnen, die in ihren Schriften immer wieder deutlich machen, dass jeder Mensch auf den Anderen angewiesen ist, sind Conradi (vgl. Conradi 2001, o.S.) und Kittay (vgl. Kittay & Carlson 2010; Kittay 2019). Kittay verweist darauf, dass das Abhängigsein von Menschen mit Behinderung oft mit einer Abweichung von einer Norm der Unabhängigkeit gleichgesetzt wird, wobei zu hinterfragen gilt, ob Unabhängigkeit als das ›Normale‹ zu betrachten ist. Kittay schreibt: »Wenn Unabhängigkeit normativ ist, werden Menschen mit einer Beeinträchtigung durch das Stigma, das mit Abhängigkeit und dem Bedarf an Fürsorge verbunden ist, isoliert« (Kittay 2004, 70).

Dederich setzt sich 2007 mit dem Begriff der Abhängigkeit auseinander und arbeitet vier Typen heraus (vgl. Dederich 2007b, 2007a). Für Dederich ist der erste Typ eine Abhängigkeit im Sinne von Sucht, die für den hier zu beschreibenden Kontext keine Relevanz hat. Als zweiten Typ stellt Dederich eine gesellschaftlich oder sozial hergestellte Abhängigkeit vor und verweist dabei u. a. auf Infantilisierungen, Vernachlässigungen und paternalistische Machtausübungen – die er im Sinne Dörners mit einer ›Schutzhaft der Nächstenliebe‹ beschreibt.

Er verknüpft dabei die Begriffe der Abhängigkeit und des Angewiesenseins und macht deutlich, dass gerade dieses Abhängigsein auch einer wirklichen Anerkennung bedarf und eben nicht dazu führen darf, dass Sozialfürsorge oder andere helfende Beziehungen zu einer erlernten Hilflosigkeit führen. Auch Harmel stellt heraus, dass aus der Angewiesenheit von Menschen auf Menschen, Institutionen, unterstützende Strukturen und respektvolle Beziehungen eine Abhängigkeit erwachsen kann (vgl. Harmel 2011). Dieser Abhängigkeitstypus ist eng mit Erfahrungen von Macht und Ohnmacht verbunden. Den dritten Typ der Abhängigkeit beschreibt Dederich als eine Abhängigkeit, die zur conditio humana (zur Natur des Menschen) dazu gehört – der Mensch ist demnach ein Wesen, welches auf Koexistenz angewiesen ist und nur durch das Bezogensein zum anderen selbst zum Subjekt wird. An dieser Stelle lässt sich auch Kittays und McIntyres Abhängigkeitsverständnis einordnen (vgl. MacIntyre & Goldmann 2001), die eine Anerkennung der Abhängigkeit des Menschen fordern. Der Übergang in den vierten Abhängigkeitstyp, die entwicklungsbedingte Abhängigkeit, ist für Dederich fließend. Er verweist darauf, dass jeder Mensch zu unterschiedlichen Zeitpunkten seines Lebens in ganz unterschiedlicher Art und Weise in Abhängigkeitssituationen gerät (vgl. Dederich 2007a). Dederich setzt im Folgenden jene Abhängigkeiten in engen Bezug zu Machtverhältnissen und einer Problematik von Machtmissbrauch (vgl. Dederich 2007a).

Vor dem Hintergrund der Diskussionen um die verschiedenen Aspekte der Abhängigkeit ist für den pädagogischen Alltag vor allem relevant zu reflektieren, inwiefern pädagogisches Handeln tatsächlich dazu beiträgt, Abhängigkeitsverhältnisse zu reduzieren, oder ob es Abhängigkeiten vielmehr manifestiert und reproduziert. Hier kann eine kritische Auseinandersetzung mit einer advokatorischen Ethik (vgl. Brumlik 2017) hilfreich sein. So rechtfertigt Brumlik advokatorisches, erzieherisches Handeln nur dann, wenn es zur Erziehung der Mündigkeit unter Wahrung der Integrität der Person geschieht (vgl. Brumlik 2017).

Pädagogik bei zugeschriebener geistiger Behinderung

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