Читать книгу Abgebrühte Mörderkunst: 6 Strand Krimis - Cedric Balmore - Страница 25
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ОглавлениеScott Graham parkte seinen metallicfarbenen Chevrolet vor dem Haus Nummer 554 am McKenzie Drive in Yonkers. Es handelte sich um ein ehemaliges Industriegebäude, das inzwischen zu Wohnzwecken umgebaut worden war. Nummer 554 war früher ein Lagerhaus gewesen. Jetzt gab es hier schicke Apartments für Leute, denen Manhattan zu teuer war, die aber andererseits darauf angewiesen waren, in der Nähe der Banken- und Geschäftsviertel zu wohnen.
Graham trat an den Haupteingang und betätigte die Sprechanlage. Eine Kamera drehte sich surrend in seine Richtung.
„Wer ist da?“, fragte eine männliche Stimme aus dem Lautsprecher.
„Hier spricht Agent Scott Graham, NSA. Mister McCauly?“
Keine Antwort.
„Mister Randall McCauly?“, versuchte es Graham noch einmal. „Ich muss Ihnen ein Paar Fragen im Zusammenhang mit dem Einbruch bei General Biotech stellen. Es ist in Ihrem eigenen Interesse, wenn Sie mit mir kooperieren.“
Graham suchte routinemäßig nach seiner ID-Card, ab dann fiel ihm ein, dass ihm der Dienstausweis ja am Morgen gestohlen worden war, als er versucht hatte, Larry Primrose zu stellen.
Die Ausstellung eines Ersatzdokuments konnte zwei Tage dauern. Manchmal auch noch länger.
Jetzt werde ich doch hoffentlich nicht darauf warten müssen, dass diese FBI-Typen hier auftauchen, bis ich McCauly befragen kann!, ging es ihm ärgerlich durch den Kopf.
„Gehen Sie durch die Tür, nehmen Sie den Lift und fahren Sie in den fünften Stock. Ich bewohne das erste Apartment rechts. Die Tür sieht aus, als befände sich dahinter der Heizungskeller – aber das gehört hier zum Stil, wenn Sie verstehen, was ich meine!“, sagte die Stimme aus dem Lautsprecher dann plötzlich und für Graham ziemlich überraschend.
Ein Summton machte deutlich, dass er die Eingangstür passieren konnte.
Graham öffnete sie.
Den Lift hatte er schnell gefunden. Genau wie man im gesagt hatte, fuhr er in den fünften Stock und befand sich wenig später schon vor der in der Tat gewöhnungsbedürftigen Tür.
Sie war gut drei Yards breit und glich eher einem Garagentor als einer Wohnungstür. Das Metall, aus dem sie bestand, war mit nachgemachten Graffiti bemalt.
Noch ehe Scott Graham die Klingel betätigt hatte, öffnete sich die Tür. Sie wurde mit einem summenden Geräusch zur Seite geschoben.
Irgend etwas stimmt hier nicht!, hatte Graham schon die ganze Zeit über gedacht. Und jetzt wurde ihm auch bewusst, was es war.
Am helllichten Tag herrschte hier künstliches Licht.
Die Fenster waren verdunkelt. Die Fensterfront von McCaulys Wohnung zeichnete sich durch schwere, extrem dicke Vorhänge aus, die nötig waren, um einen Raum wie diesen etwa für eine private Kinovorführung richtig abzudunkeln.
Graham trat ein.
Ein Raum von etwa hundert Quadratmetern lag vor ihm. Er diente offenbar als eine Art kombinierter Wohn- und Schlafraum. Es gab mehrere Raumteiler. Außerdem schien der Besitzer dieser Wohnung ein ausgesprochener Kino-Fan zu sein. Unübersehbar bildete eine Großleinwand das Zentrum dieses Wohnraums. Die Filmplakate zierten die Raumteiler, so als würde es sich um die Werbestellwände im Foyer eines Provinzkinos handeln.
Hinter einem dieser Raumteiler waren Geräusche zu hören.
„Mister McCauly?“, fragte Graham.
Die Tür schloss sich hinter ihm wieder.
„Einen Moment!“, sagte eine Stimme.
„Mister McCauly, ich bin nicht hier, um Sie zu schikanieren, sondern…“
Das Licht ging aus.
Graham konnte nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen. Instinktiv griff der NSA-Mann zu seiner Dienstwaffe, obwohl ihm die Automatik in der Faust im Moment wohl kaum etwas nützen konnte.
Scott Graham trat ein paar Schritte zurück, um neben dem Eingang nach dem Lichtschalter zu tasten.
Plötzlich krachte ein Schuss. Das Mündungsfeuer einer Waffe blitzte auf.
Scott Graham hatte nicht den Hauch einer Chance. Die Finger seiner rechten Hand hatten sich gerade um den Griff seiner Dienstwaffe gelegt, die er im Gürtelholster trug, als mehrere Schüsse ihn trafen.
Erst zweimal im Oberkörper, dann ein Schuss, der ihn mitten in die Stirn erwischte. Schwankend stand der NSA-Agent noch einen Augenblick lang da und fiel dann wie ein gefällter Baum zu Boden.
Das Licht wurde wieder eingeschaltet.
Ein Mann trat hinter einem der Raumteiler hervor.
Er nahm sich das Infrarotsichtgerät vom Kopf, das ihm auch bei vollkommener Dunkelheit eine gestochen scharfe Sicht erlaubte.
Der Killer trat auf den regungslos daliegenden NSA-Agenten zu, stieß ihn mit dem Fuß an und überzeugte sich davon, dass Graham wirklich tot war. Mit einem ausgebildeten NSA-Agenten war nicht zu spaßen. Aber in diesem ungleichen Duell hatte Graham wie ein Boxer dagestanden, der die Faust des Gegners nicht kommen sah.
Der Killer schob sich die Base Cap mit der Aufschrift ‚Homeboy’ in den Nacken und steckte die Waffe mit aufgeschraubtem Schalldämpfer unter die Jacke.
Sein blutiger Job war noch nicht ganz beendet.
Ein Handy schrillte. Es steckte offenbar in der Jackettinnentasche des Toten.
Der Killer nahm das Handy aus der Jacke und schaltete es ab. Schließlich wollte er nicht, dass jemand den Standort des Geräts anpeilte – und das würde zweifellos geschehen, wenn NSA-Agent Scott Graham erst einmal als vermisst galt.
Man wird hier nichts finden!, ging es ihm durch den Kopf.
Der Killer drehte sich um und ging hinter einen der Raumteiler, der mit einem Plakat des Kinofilms „Die glorreichen Sieben“ beklebt war. Ob es ein Original war, mochte der Killer nicht beurteilen, aber zumindest das Autogramm von Yul Brunner war nicht zu übersehen.
Ein unterdrücktes Stöhnen drang hinter dem Raumteiler hervor.
Dort saß – zusammengeschnürt und geknebelt – ein Mann, dessen Gesicht dermaßen geschwollen war, dass er kaum noch aus den Augen sehen konnte.
Angst leuchtete in den Augen des Mannes.
Der Killer holte einen Elektroschocker aus der Seitentasche seiner Jacke hervor. Er ließ die Funken knistern.
Dann beugte er sich nieder.
„Wir waren in unserem Gespräch unterbrochen worden, Mister McCauly!“, meinte er zynisch.