Читать книгу Abgebrühte Mörderkunst: 6 Strand Krimis - Cedric Balmore - Страница 26
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ОглавлениеScott Grahams Chevy konnten wir nirgends entdecken, als wir endlich den McKenzie Drive in Yonkers erreichten. Das ehemalige Industriegebäude, in dem McCaulys Apartment lag, war außen durch allerlei Metallverkleidungen futuristisch herausgeputzt worden. Leute mit einem verfeinerten architektonischen Geschmack lebten hier, denen die Cast Iron Bauten in Greenwich Village oder Chelsea einfach zu teuer waren.
Unterwegs hatte Milo immer wieder versucht, Scott Graham per Handy zu erreichen, aber jedes Mal bekam er nur seine Mailbox.
„Vielleicht hat Graham ja seinen Wagen irgendwo in einer Nebenstraße geparkt und ist das letzte Stück zu Fuß gelaufen“, vermutete Milo. Wir hatten uns die Nummer des Chevys gemerkt, mit dem der NSA-Agent unterwegs war. Ein metallicfarbenes Fahrzeug dieses Fabrikats war zwar alles andere als selten, aber Grahams Kennzeichen hatte keiner der Chevys gehabt, die auf den breiten Bürgersteigen des von Bäumen umsäumten McKenzie Drive parkten.
„Wenn wir Pech haben, ist unser Kollege von der NSA schon längst einen Schritt weiter…“
„…und hat seine Informationen wieder nur an seine eigenen Dienstvorgesetzten weitergegeben – das ist es doch, was du meinst, oder Jesse.“
„Ich traue ihm nicht. Unser Kooperationsangebot war offen und ehrlich, aber ich hatte zu keiner Zeit wirklich das Gefühl, dass er uns als gleichwertige Partner ansieht. Bestenfalls als untergeordnete Zuträger.“
„Ich würde eher sagen, wir waren ihm lästig, aber er konnte uns nicht loswerden, weil es da ein Agreement auf Ebene unserer Vorgesetzten oder noch höher gab.“ Milo seufzte hörbar, bevor er schließlich fort fuhr: „Dafür, dass er uns dann doch noch abhängen konnte, haben wir dann ja wohl selbst gesorgt.“
Ich hatte inzwischen den Sportwagen aus den Beständen der Fahrbereitschaft des FBI Field Office New York am Straßenrand geparkt, stellte den Motor ab und sah Milo nun etwas erstaunt an.
„Wie soll ich das denn nun verstehen, Milo?“
„Er konnte uns nur deswegen abhängen, weil wir das Treffen mit Dr. Johnston dazwischen geschoben haben.“
„Du willst doch jetzt nicht behaupten, dass wir darauf besser verzichtet hätten – angesichts dessen, was wir da erfahren haben.“
„Natürlich nicht!“, knurrte Milo. Er zuckte die Achseln. „Trotzdem – ich bin mir nicht sicher, was diese Tessa Johnston für ein Spiel treibt, Jesse. Ich weiß, das du schwer von ihr beeindruckt bist, aber…“
„Lass uns das ein andermal diskutieren, Milo. Nachdem wir Randall McCauly festgenommen haben.“
„Schon klar.“
Wir stiegen aus und gingen zur Eingangstür. Auf unser Klingeln reagierte niemand. Allerdings war ein anderer Mieter, bei dem wir klingelten, bereit uns hereinzulassen, nachdem wir uns als FBI-Agenten vorgestellt hatten. Dem Klingelschild nach war sein Name Sounders.
„Ich werde allerdings die Security Guards verständigen, die bei uns hier für Sicherheit sorgen“, eröffnete er uns.
„Tun Sie das“, ermunterte ich ihn. „Die können uns im Apartment von Mister Randall McCauly antreffen!“
Etwa fünf Minuten später standen wir vor McCaulys drei Meter breiter Apartmenttür, die wohl eigentlich dafür mal dafür geschaffen worden war, um Gabelstapler hindurch zu lassen.
„Nachgemachte Graffiti! Wie stillos!“, kommentierte Milo.
„Du kennst dich aus?“, witzelte ich.
„Naja…“
Ich klingelte bereits zum zweiten Mal an der Wohnungstür, aber es rührte sich nichts. Allerdings war es in diesem Fall leider nicht möglich, das Problem dadurch zu lösen, dass wir einfach die Tür eintraten.
Es dauerte nur ein paar Augenblicke und zwei uniformierte Security trafen ein. Ihre Uniformen trugen den Aufdruck SAFETY FIRST. Die arbeiteten offenbar für dieselbe Firma, die bei General Biotech für die Sicherheit geradezustehen hatte.
Wir wiesen uns aus.
Die beiden Guards hießen nach den Aufdrucken auf ihren Uniformen Jay Bedford und Stu Echeveria.
Ich deutete auf die von Graffiti übersäte Metalltür. „Ein Kollege von uns ist vorausgefahren und wollte damit beginnen, Mister McCauly ein paar Fragen zu stellen“, begann ich.
„Dreht sich wahrscheinlich um die Sache bei General Biotech, oder?“, vermutete Jay Bedford.
„Sie wissen Bescheid?“
„Naja, wir gewährleisten ja auch dort die Sicherheit und soweit mir bekannt ist, arbeitet Mister McCauly im Hochsicherheitsbereich von General Biotech.“
„Sie wissen wirklich gut Bescheid“, musste ich zugeben.
Bedford grinste. „Das gehört zu unserem Job.“
„So detaillierte Kenntnisse über die Bewohner dieses Hauses?“
„Wir müssen Sicherheitsrisiken abschätzen“, mischte sich nun sein Partner ein. Stu Echeveria war etwas größer und hatte einen sehr dunklen Teint, während Bedford bleich wie die Wand war.
„Und wie lautet Ihre Einschätzung in Bezug auf Mister McCauly?“, hakte ich nach.
„Erhöhter Sicherheitsbereich, Stufe 4“, erklärte Echeveria wie aus der Pistole geschossen.
„Das sagt mir nichts.“
„Das sind interne Klassifizierungen, die wir bei SAFETY FIRST benutzen. Um es auf den Punkt zu bringen, wir hielten Mister McCauly immer für eine besonders gefährdete Person. Ein Wissenschaftler, der in einem sensiblen Bereich arbeitet, kann immer die Zielscheibe irgendwelcher Attacken werden.“
„Hat es irgendwann mal Probleme in dieser Hinsicht gegeben?“, wollte jetzt Milo wissen.
„Nein“, behauptete Echeveria.
„Doch“, widersprach ihm Jay Bedford. Die beiden Angestellten von SAFETY FIRST wechselten einen kurzen Blick. Dann fuhr Bedford fort: „Sorry, Stu, aber das war vor drei Jahren. Damals warst du noch nicht bei uns.“
„Ach so.“
„Erzählen Sie mir davon“, verlangte ich.
Bedford drehte den Kopf in meine Richtung und machte dann eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, das war eigentlich nicht weiter der Rede wert, auch wenn es erst ziemlich dramatisch aussah. So ein Aktivist hatte McCaulys Adresse herausbekommen. Er gehörte einer Organisation an, die sich grundsätzlich gegen die Biotechnik und vor allem natürlich gegen die Entwicklung von biologischen Kampfstoffen wendete und hat mit Mister McCauly eine Art Stalking betrieben. Überall hat er ihm aufgelauert, um ihn von seiner Sache zu überzeugen. Der Kerl hat vor Gericht eine Bewährungsstrafe mit der Auflage bekommen, dieses Viertel von Yonkers zu meiden und sich der Wohnung von Mister McCauly nicht weiter als bis auf eine Meile zu nähern.“
„Hat er sich daran gehalten?“
„Offenbar hat er das. Er ist hier nicht wieder aufgetaucht.“
„Wenn wir hier fertig sind, dann hätte ich gerne den Namen“, sagte ich.
„Tut mir leid“, sagte Bedford. „Wir sind keine Polizeieinheit. Bei uns werden Daten nicht länger als unbedingt notwendig aufgehoben. Ich weiß nicht, ob vielleicht in unserer Firmenzentrale über diesen Vorgang noch etwas existiert, ansonsten müssten Sie sich schon an die Justiz halten.“
Milo deutete auf die Tür. „Öffnen Sie uns.“
„Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“
„Nein“, bekannte Milo. „Aber es ist Gefahr in Verzug. Weder unser Kollege noch Mister McCauly hat sich telefonisch gemeldet, obwohl wir hier, in McCaulys Wohnung miteinander verabredet waren. Da würden wir uns schon gerne vergewissern, dass niemandem etwas passiert ist…“
„Sir, ich weiß nicht, wie da die rechtlichen Voraussetzungen sind“, meinte Echeveria. „Ich meine, wir bekommen Unmengen von Ärger…“
„Ich nehme das auf meine Kappe“, sagte Bedford.
Seitlich der Tür befand sich ein kleines, in die Wand eingelassenes Terminal. Er steckte eine Karte in das dazugehörige Lesegerät und tippte anschließend eine Kombination ein. Die Tür glitt mit einem summenden Geräusch zur Seite.
Wir betraten das grell erleuchtete Apartment eines Film-Freaks.
Wir sahen uns um.
Alles schien penibel aufgeräumt zu sein.
McCauly hatte mehrere Rechner und Spielekonsolen in seiner Wohnung, was nicht überraschte. Schließlich war er Computerspezialist und kannte sich mit dem neuesten Stand der Technik bestens aus.
Ich telefonierte mit Mister McKee, schilderte ihm kurz die Lage.
Mister McKee machte einen Vorschlag. „Ich werde mich persönlich an Scott Grahams Vorgesetzten wenden. Vielleicht hat er sich ja dort gemeldet.“
„Sir, ich spüre, dass hier was nicht stimmt.“
„Leider ist Ihr Gespür und die offensichtliche Unkollegialität von Agent Graham noch keine juristische Rechtfertigung für das, was Sie da gerade tun.“
„Aber Randall McCauly, der Computerchef von General Biotech und als Systemadministrator nun wirklich Verdächtiger Nummer eins, wenn es um die Frage geht, wer wohl den Einbrecher unterstützt haben könnte, lässt sich Geld auf die Cayman Islands überweisen!“
„Ich weiß, Jesse. In einer halben Stunde habe ich ein Gespräch, in dem entschieden wird, ob ich auf Grund dieser Tatsachen einen Durchsuchungsbefehl für McCaulys Wohnung bekomme!“
„Machen Sie die Sache dringlich, Mister McKee!“
„Ich hoffe nur, dass man uns nicht später einen juristischen Strick aus der Sache dreht.“