Читать книгу Abgebrühte Mörderkunst: 6 Strand Krimis - Cedric Balmore - Страница 40
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ОглавлениеWir betraten wenig später das großräumige und ein Stock höher gelegene Büro von James Gallun. Er sah gegenüber der kleinen Schwarzweißabbildung auf dem Rücken seiner Buchcover etwas gealtert aus. Das Haar war grauer und er hatte offensichtlich an Gewicht zugelegt.
Er trat auf uns zu.
Ein falsches Lächeln spielte um seine dünnen Lippen.
„Guten Tag. Ich bin James…“
„Wir wissen, wer Sie sind“, unterbrach ich ihn und zeigte ihm den Dienstausweis des FBI. „Jesse Trevellian, FBI Field Office New York – und das ist mein Kollege Milo Tucker.“
„Sie werden nichts dagegen haben, wenn ich meinen Justiziar dazu rufe?“
„Natürlich nicht.“
Gallun ging an seinen Schreibtisch, drückte einen Knopf an der Sprechanlage und sagte: „Miss Beesley bitte zu mir ins Büro.“ Anschließend bot er uns in einer Sitzgruppe aus ziemlich klobig wirkenden Ledersesseln Platz an zu nehmen. Wir setzten uns und hatten einen freien Blick auf eine Wand, die von oben bis unten mit Fotos behängt war. Es war eine bunte Mischung. Erfinder, Entdecker und Künstler waren darunter, aber auch mehrere US-Präsidenten. Die Namen waren jeweils darunter in runenartigen Lettern zu lesen.
Das ganze wirkte wie ein Pantheon des Geistes und der Wissenschaft. Die Politik war etwas weniger stark vertreten. Auffällig war allerdings, dass Abraham Lincoln keinen Platz in dieser Galerie hatte – sein Attentäter Booth allerdings schon. Gleich daneben war das Konterfei von Richard Nixon, darüber Fotos von Hitler und Mussolini neben dem Raketenpionier Wernher von Braun und Mark Twain.
Gallun lächelte kalt, als er unsere Blicke bemerkte.
„Ja, dies ist eine Galerie bedeutender Köpfe.“
„Nicht alle würden Hitler und Mussolini dazuzählen“, sagte ich etwas spitz.
„Sie werden bemerkt haben, dass es sich ausschließlich um weiße Köpfe handelt.“
„Das ist nicht zu übersehen.“
„Weil die Weißen es waren, die die Menschheit vorangebracht haben. Ihre Intelligenz, ihr Forscherdrang, ihr Wille sich durchzusetzen… Leider ist letzterer nicht mehr in dem Maß vorhanden, wie es sein müsste, um unser Land – ja, unsere Welt! - aus ihrer Krise zu führen.“
„Wie stellen Sie sich diesen Willen, sich durchzusetzen vor, Mister Gallun?“, fragte ich.
„Der Stärkere sollte sich durchsetzen. Und ich bin immer noch davon überzeugt, dass in uns Weißen die Kraft schlummert, diese Prüfung zu bestehen. Aber was tun unsere Regierungen? Sie lassen es zu, dass Schwarze und Asiaten sich in unseren Städten ausbreiten, dass schwarze Zuhälter weiße Frauen zur Prostitution zwingen und dass sie Drogen auf den Schulhöfen verteilen! Und was bekommen die Farbigen dafür? Minderheitenquoten an unseren Universitäten! Damit sie Jura studieren und ihresgleichen mit spitzfindigen juristischen Winkelzügen aus den Gefängnissen holen können, in die die Cops sie mit viel Mühe gebracht haben! Aber wenn die Polizei einen dieser Zuhälter mit ihren Goldketten und Rolex-Uhren mal ein bisschen hart anfasst, ist das gleich Polizeigewalt!“
„Sie mögen Schwarze nicht“, stellte ich fest.
„Ich glaube, niemand mag die Schwarzen wirklich – nicht einmal sie sich selbst!“
„Sie schreiben in einem ihrer Bücher sinngemäß, dass Harlem wieder weiß werden müsste!“
„Nicht nur Harlem! Amerika muss wieder ein weißes Land werden!“
„Wenn jetzt ein Krankheitserreger gefunden würde, der ausschließlich Schwarze sterben lässt…“
Galluns Mund wurde zu einem dünnen Strich. Seine Gesichtszüge erstarrten. Dann folgte ein völlig verkrampftes Lächeln, das dem Zähneblecken eines Raubtiers glich. „Wir wissen doch beide, dass es so etwas nicht gibt, Agent Trevellian!“