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32. Besondere Rechtsfolgen, Fixgeschäfte

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Für das Rücktrittsrecht des Gläubigers der fälligen und nicht notwendig überfälligen Leistung ist eine Fristsetzung ausnahmsweise beim sog. relativen Fixgeschäft entbehrlich (vgl. § 323 Abs. 2 Nr. 2; „relativ“, weil eine verspätete Erfüllung nicht absolut ausgeschlossen wird). Ein solches liegt vor, wenn die Parteien nicht nur den Leistungszeitpunkt vertraglich vereinbart haben, sondern es muss hinzukommen, dass der Liefertermin „nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist“, der Vertrag also erkennbar mit der Einhaltung dieser Lieferzeit „steht und fällt“.

Beispiel:

Bestellt ein Einzelhändler 1000 Stück Schokoladennikoläuse und wird Lieferung bis spätestens am 31.10. vereinbart, so ist ersichtlich, dass diese für das Vorweihnachtsgeschäft benötigt werden und eine spätere Lieferung nicht mehr von Interesse ist. Der Rücktritt ist ohne Fristsetzung möglich.

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Beim relativen Fixgeschäft des BGB hat der Käufer damit die Möglichkeit des Rücktritts ohne Fristsetzung; Schadensersatz richtet sich indes weiterhin nach §§ 281, 280 Abs. 1 und 3: Nachfristsetzung bleibt dafür erforderlich; also: sofortiger Rücktritt aber kein sofortiger Schadensersatz.

Das (ebenfalls relative) handelsrechtliche Fixgeschäft des § 376 HGB geht in den Rechtsfolgen weiter. Der Handelskäufer hat mit Ablauf der als fix vereinbarten Lieferzeit (nur und sogar) das Recht zum sofortigen Rücktritt und zusätzlich, „falls der Schuldner im Verzug ist“ (d.h. im Unterschied zu § 281 Abs. 1 S. 1 auch insoweit ohne Nachfrist; denn Verzug liegt nach § 286 Abs. 2 beim Fixgeschäft nahezu stets vor), sofortigem Schadensersatz statt der Leistung. Wollte sich ein Handelskäufer allerdings statt dessen die Erfüllungsklage erhalten, müsste er diese unverzüglich und ausdrücklich beanspruchen (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB). Im Handelsverkehr sind zur Verdeutlichung sog. „Fixklauseln“ üblich (z.B. „Lieferung fix am 31.10.“, ebenso „genau“, „präzise“ oder „spätestens“). § 376 HGB ist immer schon dann anwendbar, wenn auch nur ein Kaufmann beteiligt ist (§ 345 HGB). Dass bspw. ein Einzelhändler nur kleingewerblicher und nicht im Handelsregister eingetragener „Minderkaufmann“, vgl. §§ 1 Abs. 2, 2 HGB, sein dürfte, hindert die Anwendbarkeit von § 376 HGB nicht, wenn der Verkäufer Kaufmann ist (etwa als GmbH Formkaufmann gem. § 6 HGB i.V.m. § 13 Abs. 2 GmbHG oder als oHG/KG gem. §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB).

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Der Käufer kann sich bei beiden Formen des relativen Fixgeschäfts jedoch erst um einen Deckungskauf kümmern, wenn er zuerst den Zugang seiner Rücktrittserklärung sichergestellt hat, um nicht eine inzwischen vom Verkäufer doch noch angebotene Leistung annehmen und bezahlen zu müssen (kein Widerspruch zu § 376 Abs. 1 S. 2 HGB: Er kann die Leistung ggf. nicht verlangen, muss sie aber annehmen).[77]

Anders ist das nur bei dem seltenen absoluten Fixgeschäft, wobei die Leistung nach dem Fälligkeitstermin erkennbar keinerlei Sinn mehr hat und einen anderen Charakter annähme (Beispiel: Kauf eines Messestandes auf den Veranstaltungstermin). Der Anwendungsbereich des absoluten Fixgeschäfts liegt im Wesentlichen bei der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern, die mit Verstreichen der regulären Arbeitszeit nicht mehr nachholbar ist; hierfür privilegieren §§ 615 f. den Arbeitnehmer gegenüber den ansonsten geltenden Vorschriften v.a. des § 326 Abs. 1 und 2. Ähnliches gilt für die Gebrauchsüberlassung bei der Miete, vgl. die dortigen Sonderregelungen in §§ 536 Abs. 3, 537 Abs. 2 und 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2.

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › B. Austauschschuldverhältnisse › II. Sonderformen des Kaufs

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