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1. Vorvertragliches Schuldverhältnis

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Der Kaufinteressent kann die Überlassung einer Warenauswahl erbitten, die regelmäßig noch keinerlei Abschluss darstellt, sondern nur ein Angebot ohne Kaufverpflichtung ist. Jede Gefahr der Verschlechterung oder des Verlusts (Preisrisiko) bleibt beim Verkäufer. Der Käufer haftet lediglich im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 276 bzw. 278 für ein Verschulden seiner selbst oder seiner Erfüllungsgehilfen hinsichtlich einer Verletzung von Sorgfaltspflichten bei der Verwahrung, Erprobung und Rücksendung. Geschuldet wird eine normale Verkehrssorgfalt; eine Haftungsbeschränkung auf eigenübliche Sorgfalt nach § 690 greift nicht, da kein unentgeltliches Verwahrungsverhältnis vorliegt.

Lediglich sofern es sich um die Lieferung unbestellter Sachen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher handelt, bestehen keinerlei Sorgfaltspflichten seitens des Empfängers und mithin keine Haftung für Beschädigung oder Verlust (vgl. § 241a Abs. 1). Das bedeutet jedoch nicht, dass die unbestellte Leistung zugeeignet werden dürfte (etwa als Kaufangebot unbestellt zugesandter Wein getrunken). Solches wäre u.U. die schlüssige Annahme des Angebots und der Abschluss eines Kaufvertrags (anders nur, wenn etwa eine Probierpackung bestimmungsgemäß zur Verkostung und damit als Schenkung geliefert wird).[79]

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Hieraus wird deutlich, dass bereits vor Begründung des eigentlichen Schuldverhältnisses durch die Anbahnung eines Geschäftskontaktes oder die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet wird, welches zwar keinerlei Haupt- und Nebenleistungspflichten entstehen lässt, wohl aber Nebenpflichten in Form von Treupflichten gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 (sog. Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss oder culpa in contrahendo).

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Der Fall liegt gleich bei jedem dem Publikumsverkehr geöffneten Geschäftslokal hinsichtlich der Haftung des Geschäftsinhabers für die Verkehrssicherheit seiner Kunden mit dem Betreten des Lokals. Kommen diese durch unerwartet rutschige Böden zu Fall oder werden durch herabfallende Gegenstände aus Hochregalen verletzt, bestehen vertragsähnliche Schadensersatzansprüche für Nachlässigkeiten des Personals als Erfüllungsgehilfen des Inhabers, §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, ohne dass es auf den Abschluss eines Kaufvertrags ankäme. Gleiches gilt für die Probefahrt vor einem Autokauf, wobei insoweit eine Haftungsbeschränkung des Probefahrers für die Verursachung von Unfallschäden am Probefahrzeug auf grobe Fahrlässigkeit greift (weil der Wagen ihm unbekannt ist, v.a. aber weil die Probefahrt rechtlich eher das Interesse des Verkäufers ist, vgl. § 442 Abs. 1).

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Diese Haftung hat nichts mit der Figur der Warenanpreisung (invitatio ad offerendum) zu tun, welche eine Abgrenzung zum Angebot als Willenserklärung bei Zustandekommen eines Kaufvertrages ist. Sie besagt nur, dass es bei Warenauslagen und -inseraten am Rechtsbindungswillen fehlt und vielmehr der Kaufinteressent aufgefordert ist, seinerseits ein Angebot zu den inserierten Bedingungen abzugeben. Das vorvertragliche Schuldverhältnis (culpa in contrahendo) ist hingegen lediglich eine Haftungsfigur für Schadensersatzansprüche aus der schuldhaften Verletzung von Nebenpflichten im Zusammenhang mit einer Vertragsanbahnung.

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