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1. Abgrenzungen

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Umgangssprachlich häufig als Leihe bezeichnete Rechtsgeschäfte sind rechtlich Miete (z.B. Leihwagen, Bücherleihe, Garderobenverleih), weil und soweit es sich nicht um unentgeltliche, sondern um entgeltliche Gebrauchsüberlassung gegen „Leihgebühr“ handelt. Umgekehrt beruhen die meisten alltäglichen unentgeltlichen Überlassungen gar nicht auf einem rechtsgeschäftlichen Vertrag, sondern sind reine Gefälligkeitshandlungen ohne Verpflichtungswillen[127]. Schließlich stellen Gebrauchsüberlassungen oftmals Mittel oder Vorbereitungshandlung zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrags dar und unterliegen dann als Nebenleistungen den Regelungen und Haftungsmaßstäben des angestrebten Vertrags (so etwa zurückzugebende Transportpalletten, Kisten oder Mehrwegflaschen). Die Vergünstigungen der unentgeltlichen Vertragstypen entfallen dann von vornherein.

Soweit die körperlich identische Rückgabe nach der vertraglich vorgesehenen bzw. der gewöhnlichen Art des Gebrauchs nicht möglich sein würde, liegt bei der Überlassung vertretbarer Sachen nicht Leihe vor, sondern Sachdarlehen (§ 607, etwa bei nachbarschaftlichem Aushelfen mit Lebensmitteln, sofern allerdings nicht vielmehr ein Gefälligkeitsverhältnis ohne verbindliche Rückübereignungspflicht oder Schenkung anzunehmen ist); auch Geld wird nicht verliehen, sondern als Gelddarlehen ausgereicht (§§ 488 ff.).

„Pfandflaschen sind kein gesetzliches Pfandrecht (vgl. §§ 1204 ff.) mit einem Geldpfand zur Sicherung des Rückgabe- oder Rückübereignungsanspruchs des Getränkelieferanten auf die Flaschen, sonst müsste der konkrete Pfandgläubiger die individualisierten Pfandmünzen und nicht nur deren Wert zurückgeben, was in jeder Hinsicht nicht gewollt sein kann; eine unentgeltliche Leihe bezüglich der Flaschen liegt umgekehrt nicht im Interesse des Kunden, der für Verschlechterungen haftete. Vielmehr handelt es sich bezüglich einer Rückgabepflicht der Verpackung um eine kaufrechtliche Nebenabrede: Bei besonders wertvollen Transportverpackungen, etwa Palletten, die dem Kunden zudem nur zu Besitz überlassen werden, besteht eine schuld- und sachenrechtliche Rückgabepflicht; bei „Pfandflaschen“ im Massengeschäft erfolgt dagegen eine Übereignung an den Kunden, verbunden mit der Abrede, sie zu einem Betrag in Höhe des „Flaschenpfands“ selbst oder durch entsprechend ausgelobte Rücknahmestellen zurück zu erwerben.[128]

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Die Leihe ist ein zweiseitiges Schuldverhältnis mit nur einer Hauptpflicht, nämlich auf Gestattung des Gebrauchs für die vereinbarte Zeit oder bis zur wirksamen Kündigung (§§ 598, 604 Abs. 3). Leihe ist damit die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung allein im Interesse des Entleihers (umgekehrte Interessenlage zur Verwahrung, vgl. §§ 688, 700).

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Leihe bewirkt keinerlei Sachenrechtserwerb, insb. ist sie nicht auf Übertragung des Eigentums gerichtet. Es wechselt nur der unmittelbare Besitz (vgl. § 868). Das Leihverhältnis kommt aber nicht erst mit der Hingabe der Sache, sondern mit der Vereinbarung hierüber zustande (Konsensualvertrag), was nicht ausschließt, dass die Vereinbarung gerade mit und in der Hingabe der Sache getroffen wird (sog. Handleihe). Je danach ist die Klage aus dem Leihverhältnis auf „Gestattung“ des Gebrauchs und ggf. „Überlassung“ der Sache gerichtet. Die Formulierung in § 598 ist noch an der Realvertragstheorie ausgerichtet.

Aus der einseitigen Interessenlage zugunsten des Entleihers folgen dessen Obhutspflichten als Nebenleistungspflichten. Diese sind auf Erhaltung der Leihsache (§ 601), ihren schonenden und nur vertragsmäßigen Gebrauch (§§ 602 f.) und auf ihre termingemäße Rückgabe (§ 604) gerichtet.

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