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V.Anfangsverdacht von Amts wegen

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Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte können sich auch bei einer Kenntniserlangung von Amts wegen ergeben. Wie dargelegt ist damit jede Kenntniserlangung gemeint, die nicht durch eine Anzeige zustande kommt. In der Praxis ist zwar die Kenntniserlangung durch Anzeige die Regel. Gleichwohl spielen Kenntniserlangungen von Amts wegen eine recht beachtliche Rolle.

Zu solchen kann es insbesondere durch eigene Wahrnehmung kommen. Dies betrifft vor allem die schutzpolizeiliche Arbeit. Wenn im Rahmen eines Streifengangs oder einer Sachverhaltsaufnahme nach Alarmierung über die Leitstelle Hinweise auf Straftaten aufkommen, so ist, falls nicht ausnahmsweise das Legalitätsprinzip durchbrochen ist, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die zwingende gesetzliche Folge.

Ebenfalls nicht selten ist die Erlangung von Anhaltspunkten für andere Straftaten im Rahmen von Zufallsfunden. Solche können sich aus allen Beweismitteln ergeben. Zufallsfunde wären also Hinweise von Zeugen auf Straftaten, wegen derer diese gar nicht vernommen werden. Zufallsfunde können sich aber auch aus der Auswertung von Asservaten ergeben, also etwa aus E-Mails, Kontobewegungen oder Handyvideos. Und sie können sich aus verdeckten Ermittlungen ergeben, etwa Observationen oder einer TKÜ. In allen diesen Fällen besteht ebenfalls die Pflicht, wegen der neuen, bisher unbekannten Tat Ermittlungen einzuleiten.

Letzteres gilt auch dann, wenn Zufallsfunde nach dem Gesetz nur bei bestimmten Straftaten „verwendet“ werden dürfen. Konkret betrifft dies vor allem Zufallsfunde aus einer TKÜ oder anderen Maßnahmen der heimlichen technischen Überwachung. Hier ist nach § 161 Abs. 2 StPO die „Verwendung“ zu „Beweiszwecken“ nur bei solchen Delikten möglich, wegen derer die Maßnahme auch hätte angeordnet werden dürfen, also bei Katalogtaten. „Verwendung zu Beweiszwecken“ meint hier aber nur die Verwendung als Beweismittel im Rahmen einer Hauptverhandlung. Als Anknüpfungspunkt weiterer Ermittlungen und damit als Beweismittel zur Begründung eines Anfangsverdachts wegen der neuen Tat gilt diese Beschränkung hingegen nicht – und zwar auch nicht, wenn wegen der neuen Tat ein strafprozessuales Zwangsmittel beantragt werden soll!26 Ein Zufallsfund aus einer TKÜ kann also durchaus genutzt werden, um für eine Nichtkatalogtat eine Durchsuchung zu beantragen!

Eine Kenntniserlangung von Amts wegen ist ferner auch bei eher „exotischen“ Beweismitteln möglich. Hierunter fiele etwa die Kenntniserlangung aus Medien beziehungsweise sonstigen Presseerzeugnissen. Freilich wird es sich hierbei im Regelfall um außerdienstliche Kenntniserlangung handeln, die, da sie nicht individuell den gerade lesenden Polizeibeamten betrifft, eine Pflicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht begründen kann. Das Recht dazu begründet sie allerdings durchaus! Und sollte eine solche Lektüre im Rahmen einer dienstlichen Befassung erfolgen, was etwa der Fall sein kann, wenn im Rahmen von Staatsschutzermittlungen Medien ausgewertet werden, besteht auch hier die Pflicht zum Einschreiten.

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