Читать книгу Person und Religion - Ciril Rütsche - Страница 53
5.1.2 Feuerbachs erkenntnistheoretische Prinzipien
Оглавление„Nur durch die Sinne wird ein Gegenstand im wahren SinnSinn gegeben – nicht durch das Denken für sich selbst.“1 „Ein Objekt, ein wirkliches Objekt, wird mir nämlich nur da gegeben, wo mir ein auf mich wirkendes WesenWesen gegeben wird, wo meine Selbsttätigkeit […] an der Tätigkeit eines andern Wesens ihre Grenze – Widerstand findet.“2 Wobei nicht nur Äusserliches Gegenstand der Sinne ist, „nicht nur Fleisch, auch GeistGeist, nicht nur das Ding, auch das Ich ist Gegenstand der Sinne. – Alles ist darum sinnlich wahrnehmbar“3. Die GewissheitGewissheit betreffend behauptet FeuerbachFeuerbachLudwig: „Unbezweifelbar, unmittelbar gewiss ist nur, was Objekt des Sinns, der Anschauung, der Empfindung ist.“4 Ja, „sonnenklar ist nur das Sinnliche; nur wo die Sinnlichkeit anfängt, hört aller ZweifelZweifel und Streit auf. Das Geheimnis des unmittelbaren Wissens ist die Sinnlichkeit.“5 „WahrheitWahrheit, WirklichkeitWirklichkeit, Sinnlichkeit sind identisch.“6 Und die objektive Wahrheitobjektive Wahrheit? „Nur das durch die sinnliche Anschauung sich bestimmende und rektifizierende Denken ist reales, objektives Denken – Denken objektiver Wahrheit.“7 Diese DefinitionDefinition verweist wieder auf KantKantImmanuel, der auch schon dafür hielt, wie bereits erwähnt, dass die sinnlichen Anschauungen und die Begriffe die Elemente einer jeden ErkenntnisErkenntnis ausmachen.8
Nicht auf KantKantImmanuel jedoch kann Feuerbachs erkenntnistheoretischer SensualismusSensualismus zurückgeführt werden. Dieser hat seine Wurzeln vielmehr in John Lockes Versuch über den menschlichen VerstandVerstand (1690).9 Was immer im menschlichen Verstande ist, so die zentrale Aussage dieser Schrift, war zuvor in den Sinnen. LockeLockeJohn unterscheidet zwischen der Sinnesempfindung (sensation) und der Wahrnehmung der Sinnesempfindung (reflection), wobei die reflection die sensation voraussetzt. Von da her lässt sich ermessen, wie er seine Aussage verstanden wissen will, dass alles, was im menschlichen Verstande ist, zuvor in den Sinnen war.10
Lockes Lehre entwickelt Étienne Bonnot de CondillacCondillacÉtienne Bonnot de in seiner Abhandlung über die Empfindungen (1754) zu einem reinen SensualismusSensualismus weiter. Wie schon für LockeLockeJohn, so steht auch für CondillacCondillacÉtienne Bonnot de fest, „dass alle unsere Erkenntnisse aus den Sinnen stammen“11. Er hebt sich von LockeLockeJohn jedoch insofern ab, als er den eben zitierten SatzSatz für mangelhaft erklärt. Denn „wenn ich nicht weiss, wie sie daraus stammen, so werde ich glauben, dass wir sogleich alle Vorstellungen, die unsere Empfindungen in sich schliessen können, haben, wenn die Dinge Eindrücke auf uns machen, und werde irre gehen“12. Zwar verficht er mit LockeLockeJohn die Auffassung, dass der kognitive Prozess ausschliesslich bei den Empfindungen anhebt und die „Empfindungen die Quelle [aller] Kenntnisse“ sind, doch geht er über LockeLockeJohn insofern hinaus, als er die reflection verwirft und auf der alleinigen Basis der sensation „die Erinnerung an ihre vergangenen Empfindungen [als] ihren gesamten Inhalt“, ja als den „Inhalt aller unserer Erkenntnisse“ versteht.13 Und wie aus der Empfindung eines einzelnen Dinges eine Einzelvorstellung wird, so ist „ein Schema, das zu mehreren Einzeldingen passt, eine allgemeine Vorstellung“14. Ein WesenWesen oder eine SubstanzSubstanz aber gibt es für CondillacCondillacÉtienne Bonnot de nicht, empfunden werde immer nur je Dieses.15 Wenn nun „alle unsere Erkenntnisse aus den Sinnen“16 stammen, GottGott aber mittels der Sinne nicht empfunden werden kann, kann das Da- und SoseinSosein Gottes folglich auch nicht erkannt werden. Um in seinem System allerdings nicht ein Loch zu gewärtigen, spricht er – mit den DeistenDeisten seiner Zeit – vom „Weltschöpfer“17, welcher unverkennbare Züge einer schöpferischen NaturNatur (natura naturans) aufweist.18