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III. Das Mädchen Juliette

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Wenn man mich fragt, wie meine Sexualerziehung ausgesehen hat, gebe ich bestimmt eine andere Antwort, als meine verstorbene Mutter gedacht hätte. Sie war der Meinung, uns sehr offen erzogen zu haben. Sie badete mit uns, sperrte die Toilettentür nicht ab und dachte wohl, das helfe uns, ein natürliches Verhältnis zur Nacktheit zu entwickeln. Das Ergebnis sah jedoch so aus, dass ich furchtbar „g‘schamig“ wurde, wie man in Wien so schön sagt, und überhaupt nicht wollte, dass mich irgendjemand nackt sah. Im Bikini herumzulaufen störte mich nicht, nur umziehen wollte ich mich nicht vor anderen. Ich erinnere mich daran, dass ich nach dem Turnunterricht immer wartete, bis die anderen geduscht und sich umgezogen hatten, damit mir nur ja keiner zusah.

Burschen gegenüber war ich neugierig, aber ahnungslos. Als ich vierzehn war, ließ ich mich einen ganzen Sommer lang nicht küssen, weil ich dachte, davon würde man schwanger. Wir verbrachten die Sommerferien am Wörthersee und meiner Mutter fiel auf, dass ich viel mit Burschen zusammen war. Eines Tages drückte sie mir ein Aufklärungsbuch in die Hand. Mir wurde ganz schlecht, als ich feststellte, dass ich durch Küssen gar nicht schwanger werden konnte, beim Petting jedoch weit mehr Risiko eingegangen war! In der Schule war darüber nie geredet worden.

Trotz aller Aufklärungsdesaster hatte ich dem anderen Geschlecht gegenüber immer ein großes Selbstbewusstsein. Ich hatte mir jedoch fest vorgenommen, mit dem ersten intimen Kontakt zu warten, bis ich sechzehn war. Trotzdem war ich eine der ersten in meiner Klasse, die „es“ taten. Mein „erstes Mal“ erlebte ich mit einem Burschen, der zwei Jahre älter und schon erfahrener war als ich. Er nützte meine Ahnungslosigkeit unverschämt aus, wollte ständig und ab einem bestimmten Punkt nur noch Sex von mir. Irgendwann reichte es mir: Mit einer schallenden Ohrfeige, mitten am Wiener Karlsplatz, schickte ich ihn zum Teufel.

Ich war jedoch nicht etwa prüde. Schon früh war ich im Bett experimentierfreudig. Beim Verführen zog ich alle Register und mit Mitte zwanzig dachte ich: „Dieser 08/15-Blümchensex kann doch nicht alles gewesen sein.“ Ich blätterte neugierig in Büchern, probierte mit ein paar willigen Liebhabern so einiges aus und fand meine Vorlieben: Es gefiel mir, einen Mann spielerisch zu fesseln und zu vernaschen.

Damals machte ich mir keine Gedanken, ob vielleicht andere Menschen ähnliche Neigungen wie ich hatten. Es ging mir nur um mich. Hemmungen kannte ich keine, ich war, wie schon gesagt, ein geborener Freigeist. Mein einziger Vertrauter war mein Bruder, und der meinte nur: „Wenn dir das Spaß macht, dann genieß es doch.“

Meinen Freundinnen hingegen erzählte ich nie von meinen Leidenschaften. Ich fürchtete, von ihnen verurteilt und abgelehnt zu werden. Eine sexuell selbstbestimmte Frau mit ungewöhnlichen Vorlieben, so denke ich mitunter, ist für andere Frauen oft eine größere Bedrohung als für Männer. Von denen nahm ich an, dass sie ungewöhnliche sexuelle Spielarten verstehen, sie sich womöglich sogar selbst wünschen. Diese Einstellung habe ich mir im Grunde bis heute bewahrt und vertraue mich immer noch eher einem Mann als einer Frau an.


Der Engel mit der Peitsche

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