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9. Die Schule der Dominas

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Herrin Salina, die ich im Bizarradies bei ihrer Ärztinnen-Nummer so bewundert hatte, führte mit ihrem Ehemann in München einen exquisiten Laden mit S/M-Utensilien, Möbeln, Fetischkleidung und einem Piercing-Studio. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Seminare zu veranstalten, „damit Neulinge wie du, Juliette, ohne Gefahr auf ,devote Subjekte‘ losgelassen werden können.“ Subjekte wie Frank. Ich buchte also ein Seminar.

„Am Anfang steht immer das Ritual der Unterwerfung und Begrüßung“, erklärte Salina in der ersten Lektion. „Nur wenige Dominas wissen, wie wichtig das für den Einstieg ist.“ Ich saß neben zwei weiteren Seminarteilnehmerinnen, einer gewissen Maria und einer Christa, auf der Couch und hörte aufmerksam zu. „Eine wirklich gute Domina“, fuhr Herrin Salina fort, „setzt den Anfang und das Ende einer Session bewusst fest. Es ist für den Bottom, wie der sich unterwerfende Partner auch genannt wird, aber auch für den Top, den aktiven Spieler, wichtig zu wissen, wann das Spiel beginnt und wann es endet.“ Denn, erklärte Salina weiter, „man möchte einander danach wieder auf gleicher Augenhöhe begegnen können.“

Sie zeigte, wie dieses Ritual aussehen konnte. „Der Sklave kniet zum Beispiel nieder und küsst deine Schuhe, einen nach den anderen“, erklärte sie, während zwei „Demo-Sklaven“ zu ihren Füßen kauerten und taten, wie ihnen befohlen wurde. Das gefiel mir. „Füße küssen“ erhielt einen fixen Platz in meinen Sessions.

Ausführlich erklärte Salina dann die verschiedenen Peitschen und ihre Wirkung. Wieder musste der Demo-Sklave herhalten. „So, jetzt versuchen wir der Reihe nach den richtigen Schlag mit der Lederpeitsche“, gab uns Salina Anweisungen. „Es muss zischen und schnalzen. ,Zisch!‘ und ,Schnalz!‘ Nicht ,Prack!‘, Juliette, denn das macht Verletzungen. Hör aufs Geräusch, und du weißt, ob du‘s richtig machst.“ Puh, gar nicht so einfach. „Entschuldige bitte“, sagte ich höflich zum Demo-Sklaven, als ich ihn versehentlich am Arm traf. „Meine Damen, Euch fehlt noch das Gefühl für die Wirkung dieser Instrumente“, grinste Herrin Salina. „Bitte aufstellen, probiert die Peitschen doch einmal aneinander aus, damit Ihr selbst wisst, wie sich die verschiedenen Schläge anfühlen.“

Wir stellten uns brav der Reihe nach auf.

Zisch! – „Sehr gut, Maria.“

Schnalz! – „Ausgezeichnet, Christa.“

Prack! – „Autsch!“ – „Julie-hette!“ – „Sorry!“, rief ich beschämt.

Bei der zweiten Runde klappte es: Zischschsch!, surrte es auf Christas Po, und Salina war zufrieden. Mein Ehrgeiz war geweckt. In den kommenden Jahren sollte ich es beim Peitschen fast bis zur Zirkusreife bringen und gekonnt Wäscheklammern von Brustwarzen und Karomuster in Popos schnalzen.

Wir erfuhren alles über Rollenspiele, Sonderwünsche und bekamen viele Tipps aus der Praxis. Besondere Bedeutung erhielt dabei das sogenannte Kickwort. „Das ist jenes Wort“, dozierte Herrin Salina, die wir inzwischen „Frau Professor“ nannten, so beeindruckt waren wir von ihrem Wissen, „das der Auslöser für noch mehr Lust oder sogar für einen Orgasmus ist.“ Wenn etwa ein Gast im Vorgespräch erzählte, er würde gerne als „dreckiges Schwein“ bezeichnet werden, könne man Varianten wie „geiles Schwein“, „geile Sau“ oder „Drecksstück“ vergessen. „Das wirkt nicht“, erklärte Salina. „Erst wenn du sein Wort sagst, also ,du dreckiges Schwein‘, wird er erst richtig abgehen. Viele kennen ,ihr‘ Wort, bei manchen muss man es erst herausfinden. Aber fast jeder hat so ein Kickwort, glaubt mir!“

Am nächsten Tag ging es mit Strom, Nadeln und Klistier weiter. Wir lernten, worauf bei Strombehandlungen zu achten ist, wie man die Klammern an Brustwarzen heftet, welche Geräte wir verwenden sollten – „Keine selbstgebastelten Apparate!“, ließ uns Herrin Salina laut schwören – und dass der Strom niemals durchs Herz fließen darf. Die Demo-Sklaven erduldeten brav unsere Versuche und durften uns dafür nacheinander die Schuhe ablecken.

Beim Setzen von Nadeln waren die richtige Stichtechnik, Tabu-Orte und peinlichste Sauberkeit das A und O.

Erst später, als ich schon als professionelle Domina arbeitete, sollte ich erkennen, wie recht Herrin Salina mit ihrer Anweisung hatte, wir sollten wie in einem Ritual förmlich in die Session hinein- und wieder heraussteigen. Die eigene Persönlichkeit und die Domina drohten sonst, sich zu vermischen. Ich musste höllisch aufpassen, nicht zu viel mit nach Hause zu nehmen und die vielen Probleme, Beichten und Erzählungen im Studio zu lassen.

Zum Abschluss des Seminars erlernten wir verschiedene Arten von Fesselungen, die zum Teil wunderschön anzusehen waren. „Das ist ein japanisches Bondage“, erklärte Herrin Salina und zeigte auf ihren kunstvoll verschnürten Sklaven. „Wer diese Fesselung beherrscht, hat einige Erfahrung.“ Ich musste grinsen. Es war genau die Fesselmethode, die Le Loup Serieux bei mir angewandt hatte, damals in seinem Loft.


Der Engel mit der Peitsche

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