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II. Fesselt ihn!

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„Binde ihn sofort wieder los!“, schallte eine empörte Stimme über den Schulhof. Ich drehte mich erstaunt um. „Aber wir spielen doch Indianer“, erklärte ich der Lehrerin, die in Riesenschritten auf uns zueilte. Uli, mein Schulkamerad, starrte die wutentbrannte Frau irritiert an. „Das gehört so!“, rief er und zerrte demonstrativ an seinen Fesseln. Ich hatte ihn ans Schulgitter gebunden, denn Marterpfahl hatten wir leider keinen. Wir alle kamen mal dran, Burschen und Mädchen abwechselnd. Die Burschen fesselte aber immer nur ich. Die anderen Mädchen trauten sich nie und hielten kichernd Abstand. Erst, wenn die Jungs hilflos waren, wagten sie sich heran und spielten mit.

Am liebsten fesselte ich Uli, den kleinen, drahtigen Arbeitersohn, das einzige Schlüsselkind unserer Klasse, von allen bestaunt ob seiner interessanten Lebensweise, denn er wohnte als einziger in unserer Klasse in einem Mietshaus mit mehreren Wohnungen pro Stockwerk! Wir anderen wohnten in irgendwelchen Villen, was wir schrecklich langweilig fanden. Uli war sehr hübsch mit seinen blonden Locken und den großen blauen Augen, und er schenkte mir manchmal die Hälfte seines Wurstbrotes, was in unserem Alter – wir waren acht – einem Heiratsantrag gleichkam.

Zu Indianern wurden wir meist erst nachmittags nach der Schule, wenn wir statt nach Hause in den Park rannten. Mitunter tat‘s aber auch eine große Pause, die uns genug Zeit bot, um in unsere Fantasiewelt einzutauchen. Eine Welt, in der ich oft genug den Ton angab.

Uli wurde an diesem Tag früher befreit als geplant. Ich erhielt eine Strafpredigt von unserer Lehrerin, die mich weiter nicht beeindruckte. Ich wusste ja, dass es nur ein Spiel war, und Uli wusste es auch. Wozu also die ganze Aufregung? Erwachsene, schloss ich aus dieser Episode, verstehen so etwas nicht.


Der Engel mit der Peitsche

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