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4. Björn, der Callboy

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Aus mir war eine erfolgreiche Geschäftsfrau geworden. Als Firmeninhaberin war ich selbstbestimmt, unternahm Geschäftsreisen quer durch Europa und nach Fernost und genoss mein Leben in vollen Zügen. Ich ging abends aus oder ins Theater, und wenn ich über ein Wochenende in einer fremden Stadt war, besuchte ich Museen und Ausstellungen.

In München hatte ich neben einer weiteren Firmenniederlassung auch eine eigene Wohnung. Die Stadt wurde wie ein zweites Zuhause für mich, wo ich gerne eine Pause einlegte, wenn ich von meinen Geschäftsreisen unterwegs nach Wien war.

Von einer Tagung in Straßburg kommend, kam ich an einem nasskalten Jännerabend erschöpft in meiner Münchner Wohnung an. Ich wollte hier übernachten und erst am nächsten Tag nach Wien weiterfahren. Der Kühlschrank war leer und ich von der langen Fahrt erledigt – also beschloss ich, in mein Lieblingslokal „Bei Roy“ zu gehen. Der Namensgeber war ein sehr charmanter, gutaussehender Mittvierziger mit schwarzem Haar, dunkelbraunen Glutaugen, perfekten Manieren und leider für die Frauenwelt verloren. Sein Abendlokal, eine Mischung aus American Bar, Restaurant und Piano Bar, war elegant und liebevoll dekoriert. Roy war berühmt für seine Diner–Spectacles, für die er zum Teil berühmte Showstars verpflichtete. Ich hatte dort meinen letzten Geburtstag gefeiert, mit einer Travestieshow und allem Drum und Dran. An diesem Abend wollte ich jedoch einfach nur entspannen, etwas Leckeres essen und dann schlafen gehen.

Roy begrüßte mich herzlich und geleitete mich an die Bar, wo ich auf einen freien Tisch warten konnte. Ein junger, blonder Mann saß bereits dort und blickte mich neugierig an. „Das ist Björn“, stellte Roy ihn vor, „Er ist auch alleine und zum ersten Mal hier. Er stammt aus Norddeutschland und Freunde haben ihm gesagt, wenn er schon in München ist, muss er mal bei Roy vorbeischauen.“ Stolz wandte er sich an den jungen Mann und machte eine elegante Handbewegung in meine Richtung. „Und das ist Frau Juliette aus Wien, eine liebe langjährige Freundin.“

Müde, wie ich war, hatte ich eigentlich keine Lust auf ein Gespräch, begann aber höflich den üblichen Smalltalk. Ich bestellte einen Kir Royal, den ich aus nostalgischen Gründen trank – er erinnerte mich an Frankreich. Björn gab sich unaufdringlich, und das Gespräch wurde interessanter. Optisch war er genau mein Typ: blond, blauäugig, schlank und groß. Allerdings war er auch sehr jung. Ich schätzte ihn auf höchstens dreißig. Er sah mir in die Augen, musterte mich unauffällig (aber so, dass ich es doch bemerken konnte) und sagte plötzlich:

„Sie haben wunderschöne Hände. Mich faszinieren schöne Hände und Füße.“

„Danke“, antwortete ich lächelnd, „Meine Füße sind auch sehr schön, nur können Sie das in den Stiefeln nicht erkennen.“ Flirten, das konnte ich sogar im Halbschlaf! Darauf berührte Björn meine Hand, und es durchzuckte mich. Hoppla, was machte denn das Jungchen da? Zugleich stieg in mir eine Erregung auf, die ich nun wirklich nicht gewollt hatte. In diesem Augenblick schwebte Roy herbei, um mir einen Tisch zuzuweisen. Ach, was soll‘s, dachte ich und wandte mich an Björn: „Möchten Sie sich zu mir setzen?“ Natürlich mochte er.

Während ich meine Trüffelnudeln genoss und Björn sich über seine Entenbrust à l‘orange hermachte, erzählte er mir von sich: von seiner technischen Ausbildung, und dass er jetzt in München einen Job suchte. Na bitte, da konnte ich ja punkten! „Ich arbeite im Bereich Industrie-Elektronik und kenne einige Hersteller“, begann ich lässig, „München ist das Silicon Valley von Europa. Senden Sie mir doch Ihren Lebenslauf und ich werde sehen, was ich für Sie tun kann“, und reichte ihm meine Visitenkarte. Björn sah mich an wie eine Marienerscheinung, streichelte meine Hand und brachte mich damit etwas durcheinander.

Jeder zahlte für sich selbst, ich bestand jedoch darauf, den Wein zu übernehmen, zu dem ich Björn überredet hatte. Nach dem Essen fragte er mich, ob ich gerne tanze. „Ja, und wie!“, rief ich. Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Die Nacht war noch jung und konnte kommen! „Ich habe gehört, im Bayerischen Hof gibt’s eine tolle Bar mit Livemusik“, sagte Björn, „Wollen wir noch hinschauen?“

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, am nächsten Morgen früh nach Wien weiter zu reisen. Doch jetzt wollte ich jede Minute mit Björn genießen. Beim Tanzen bewegten wir uns, als ob wir schon jahrelang ein Paar wären. Bei den lateinamerikanischen Tänzen wiegten sich seine Hüften, beim Boogie-Woogie zog er mich ganz nah heran, und beim Tango bekam er wahrscheinlich ein feuchtes Knie. Ich wäre auf der Stelle mit ihm auf ein Zimmer gegangen. Wir hatten an der Bar des Nachtclubs auf das Du-Wort angestoßen, und eine Stunde später küsste er mich endlich. Ich schmolz in seinen Armen, behielt aber die Kontrolle über meine wackeligen Knie. Es war vier Uhr früh, als die Band zu spielen aufhörte, wir uns mit leidenschaftlichen Küssen voneinander verabschiedeten und jeder in ein eigenes Taxi stieg.

Im nüchternen Morgenlicht erschien mir alles wie ein Traum. Den werde ich wohl nie wiedersehen, dachte ich und stieg trotzdem lächelnd ins Auto. Was für eine Begegnung! Ich wollte mein Erlebnis nicht nachträglich durch Was-wäre-wenn-Gedanken ruinieren, sondern einfach die Erinnerung an einen zauberhaften Abend genießen. In Wien angekommen, sah ich den blinkenden Anrufbeantworter. Eine Nachricht von Björn: Wie schön der Abend gewesen sei und dass er mich gerne wiedersehen würde. Nun, ich war inzwischen völlig nüchtern und entsprechend skeptisch: Was sollte ich mit so einem jungen Bürschchen, das noch dazu in München lebte?

Aus dem Kopf ging er mir trotzdem nicht. Als er wieder anrief und mich fragte, wann ich denn wieder nach München käme, sagte ich die Wahrheit: „In drei Tagen.“ – „Wunderbar, ich freue mich schon sehr auf dich. Wo treffen wir uns?“ – „Im Operncafé in der Maximilianstraße, um vier“, antwortete ich ohne nachzudenken. Und dort wartete er dann auch auf mich, begrüßte mich mit heftigen Küssen, und in mir schmolz jeder Widerstand und floss gemeinsam mit meiner Vernunft davon.

Wir verbrachten einen wunderschönen Nachmittag, erzählten uns Episoden aus unserem Leben und sahen uns verliebt an. Björn streichelte meine Hände und bewunderte meine Beine, die ich diesmal in hochhackigen Pumps präsentierte. Unsere Gespräche wurden immer intimer, ich nahm Schwingungen von ihm auf, die ich einzuordnen versuchte. Dann endlich stieg in mir ein Gedanke auf, den ich ohne zu zögern aussprach: „Ich glaube, mit dir kann ich beim Sex meine dritte Dimension ausleben.“ Björn sah mich mit großen Augen an: „Was meinst du damit?“ – „Ich denke, dass du ein Frauenverführer und -versteher bist, es aber eigentlich lieber magst, wenn die Frau die Führung übernimmt.“ Mehr wollte ich noch nicht sagen, schon gar nicht über meine Vorlieben, denn womöglich lag ich ja vollkommen falsch.

Doch mein Gefühl hatte mich nicht betrogen. „Ja, das hast du gut erkannt“, sagte Björn nach einer Pause. Er sah mir direkt in die Augen. „Ich liebe es, von einer Frau in jeder Hinsicht dominiert zu werden.“ Das saß. So deutlich hatte ich das nicht erwartet. Nun gut, dann konnte ich mich ja outen: „Ich bin eine starke Frau, das hast du schon bemerkt“, erklärte ich. „Bei mir hört es nicht mit Befehlen auf.“ – „Das glaube ich gern“, sagte Björn und setzte nach: „Ich war auch schon bei Dominas.“

Zu dieser Zeit hatte ich meine dominante Neigung nur mit meinem jeweiligen Partner ausgelebt. Was bei einer Domina abläuft, war mir fremd. Ich wusste nur eines: Ich wollte mit ihm ins Bett. Sofort. Doch Björn ließ mich zappeln. Wir gingen erst in eine Ausstellung, danach zum Abendessen – ich bezahlte, denn er hatte ja keinen Job – und endlich landeten wir bei mir. Björn zeigte sich beeindruckt von der hübschen Zweizimmer-Wohnung in der Prinzregentenstraße, einer Nobelstraße in München. Im Schlafzimmer stand ein zwei Meter breites Bett. Die gegenüberliegende Wand war von oben bis unten verspiegelt, helle Spannteppiche bedeckten den Boden, indirekte Beleuchtung tauchte den Raum in mildes Licht. Der Architekt, den mein Stiefvater seinerzeit beauftragt hatte, hatte eine typische Junggesellenwohnung eingerichtet. Der ideale Rahmen also für eine Liebesnacht, die all meine Erwartungen übertreffen sollte.

Wir hatten uns bereits im Vorzimmer gierig die Kleider vom Leib gerissen. Björn küsste meinen Hals, meine Brüste, streichelte meinen Körper bis zu den Zehen, die er einzeln in den Mund nahm und lutschte. Dann fuhr seine Zunge meine Schenkel nach oben. Meine Scham sparte er aus. Er umkreiste mit der Zungenspitze meinen Nabel und ich wusste nicht: Sollte ich mir wünschen, dass er meinen Mund küsst oder lieber mit seiner Zunge endlich in meiner Spalte landet? Meine Brustwarzen standen steif und hart in die Luft wie sein perfekter Schwanz. Björn ließ sich nicht berühren. Es gab nur mich: Ich wurde geküsst, gestreichelt und endlich auch geleckt. Ich war bereits erregt und es brauchte nicht viel, aber er war so unglaublich geschickt mit der Zunge und seinen Fingern, dass ich den aufregendsten Orgasmus bekam, an den ich mich bis dahin erinnern konnte.

Ich hatte noch lange nicht genug, wollte endlich seinen Schwanz in mir spüren. „Das geht nicht“, erklärte Björn. „Wieso nicht?“, fragte ich, mit einem Schlag ernüchtert. „Ich habe kein Kondom dabei und ohne schlafe ich nicht mit jemand.“ – „Du triffst dich mit mir und hast kein Kondom dabei?“, rief ich. „Das gibt’s doch nicht!“ Ich war sauer, aber was sollte ich tun? Er hatte mich schon mehrfach befriedigt, und nun wollte ich ihm natürlich auch gut tun. Also holte ich ihm mit der Hand einen runter und er spritzte auf seinen Bauch.

„Ich muss jetzt weg“, meinte er in aller Herrgottsfrühe. „Warum so zeitig?“, fragte ich schlaftrunken. „Ich wohne bei einer Freundin, und die muss zur Arbeit und hat keinen Zweitschlüssel für mich.“ Ich war viel zu träge um zu protestieren. „Gut, wir telefonieren später“, murmelte ich, „Küsschen, ich schlafe weiter. Du findest alleine raus?“, drehte mich um und schlief selig wieder ein.

Am nächsten Tag telefonierten wir. Ich hatte anstrengende Geschäftsverhandlungen vor mir und schlug Björn vor, danach eine Kleinigkeit zum Essen herzurichten und den Abend gemütlich bei mir zu verbringen. „Und vergiss nicht, etwas Wichtiges mitzubringen!“, erinnerte ich ihn.

Ich besorgte zwischendurch ein paar Vorspeisen im berühmten Delikatessengeschäft Käfer in der Prinzregentenstraße, kühlte eine Flasche Bianco di Custozza ein und deckte liebevoll den Couchtisch. Im Hintergrund lief romantische Musik, auf dem Tisch brannten Kerzen. Es sollte nicht so aussehen, als ob ich nur das Eine wollte, obwohl das natürlich stimmte. Es läutete. Björn stand vor der Tür, eine Flasche Prosecco in der Hand, und begrüßte mich mit einer Leidenschaft, die mich beinahe von den Füßen fegte. Trotzdem schafften wir es, uns zuerst zum Essen hinzusetzen. Ich begann zu plaudern, wollte mehr über ihn erfahren. Björn wich jedoch aus, gab nur wenig von sich preis. Dafür war er umso mehr an meinem Leben interessiert. Wie oft ich nach München käme, in welchen Kreisen ich mich bewege, ob ich gebunden sei. Ich hatte nichts zu verbergen, antwortete also wahrheitsgemäß, dass ich zwei bis drei Mal pro Monat in München wäre, immer nur kurz, dass ich nette Bekannte in München und Wien habe und seit einem halben Jahr von meinem Lebensgefährten getrennt war.

Björn wusste sofort, wie er mich nehmen musste. Er liebkoste meinen Nacken, was mich willenlos machte, öffnete die Knöpfe meines blauen Jackenkleids, schob mein zartes Höschen beiseite und liebkoste meine feuchte Spalte. Dann trug er mich ins Schlafzimmer und legte eine ganze Packung Kondome auf den Nachttisch. Ein echter Gentleman, dachte ich noch, zieht zuerst die Socken aus – dann schlug eine Welle aus Begehren über mir zusammen, und ich dachte gar nichts mehr.

Als wir beide erschöpft und befriedigt zwischen den zerwühlten Decken lagen, erklärte er: „Du musst morgen sicher früh raus, und ich muss auch gehen.“ Aber so einfach ließ ich ihn nicht abhauen: „Wer ist das, bei dem du wohnst – und was heißt, sie hat keinen Zweitschlüssel?“, fragte ich und schmiegte mich noch näher an ihn. „Das würde ja bedeuten, dass du tagsüber nicht mal einkaufen gehen kannst.“ Ich bin nicht weltfremd oder naiv und war auch nicht zu verliebt, um nicht zu kapieren, dass da etwas nicht stimmte.

Wir lagen eng aneinander gekuschelt beisammen, und endlich erzählte Björn mir mehr von sich. „Meine Ex-Freundin ist nach München gegangen, um in einer Bar zu arbeiten und hat mir vorgeschlagen, hier als Callboy zu arbeiten“, begann er. Die Ex habe ihm erzählt, es gäbe hier jede Menge unbefriedigter, reicher Damen mittleren Alters, die auf einen Charmeur wie ihn abfahren würden. Ich schluckte.

„Und als wir uns bei Roy kennenlernten, warst du wirklich gerade erst in München angekommen?“ – „Ja, das Lokal hatte sie mir ja empfohlen.“ Mir wurde übel. „Da kam ich dir ja gerade recht.“ Ich rückte im Bett von ihm ab, er kuschelte sich sofort wieder näher. „Warum hast du als Callboy keine Kondome dabei?“, bemühte ich mich um Sarkasmus, denn das alles musste ich erst verarbeiten. „Weil ich nicht damit gerechnet habe, gleich eine so tolle Frau kennen zu lernen“, versetzte Björn treuherzig. „Eher, weil du mich süchtig nach mehr machen wolltest“, konstatierte ich, völlig ernüchtert. Ich wickelte mir die Decke um, und setzte mich an den Bettrand. Björn streichelte liebevoll meine nackten Schultern. „Was soll ich machen, ich habe mich in dich verliebt!“, flüsterte er und küsste mein Ohrläppchen.

Ich fühlte, wie ich wieder schwach wurde und zog die Notbremse. „Du musst jetzt gehen“, erklärte ich, „Deine Ex wartet auf dich. Wenn sie überhaupt deine Ex ist.“ Im Morgenmantel wartete ich mit verschränkten Armen, bis er sich angezogen hatte und führte ihn zur Wohnungstür. Björn wollte mich zum Abschied küssen, aber ich wich aus und hielt ihm nur die Wange hin. Noch ein treuherziger Hundeblick, dann zog er ab.

Völlig durcheinander kroch ich in unser noch warmes Liebesnest zurück. Jetzt war ich also in einem Alter, in dem jemand von mir dachte, ich sei so unbefriedigt, dass ich für Sex zu zahlen bereit war! Und ausgerechnet beim ersten Liebesabenteuer, zu dem ich mich nach meinem großen Trennungsschmerz hatte hinreißen lassen … und schon flossen die Tränen. Ich schwamm in Selbstmitleid und schlief irgendwann ein.

Am nächsten Tag packte ich meine Sachen und schalt mich selbst, weil ich mir von diesem grünen Jungen für einen Moment mein Selbstvertrauen anknacksen hatte lassen. Ich wollte gerade abfahren, als das Telefon läutete. Es war Björn.

„Ja bitte, was gibt’s?“ antwortete ich kühl. „Ich möchte dich unbedingt noch sehen, bevor du abfährst“, drang es beschwörend aus dem Hörer. „Dazu habe ich weder Lust noch Zeit“, versetzte ich, wieder ganz die Alte. „Mach’s gut und viel Erfolg im neuen Business. Wenn ich jemand Passenden für dich weiß, empfehle ich dich weiter.“ – „Bitte! Ich ...“ Aber da hatte ich schon aufgelegt.

Während der Autofahrt nach Wien ließ ich unsere Begegnungen noch einmal vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen. Vieles deutete darauf hin, dass ich nur eine willkommene Beute gewesen sein musste. Manches jedoch ließ eine starke persönliche Anziehung vermuten. Ach, egal! Aus, vorbei. Ich zählte mir selbst die Dinge auf, die ich aus der Episode mitnehmen konnte: Ich hatte wieder Freude am Sex und zudem festgestellt, dass es auch ein jüngerer Mann sein konnte – nicht immer nur gleichaltrige oder ältere Partner wie mein Ex-Lebensgefährte. Damit vergrößerte sich das Angebot an künftigen Lovern enorm! Mit dieser Erkenntnis gab ich Gas und fuhr gut gelaunt nach Wien.

Doch so schnell ließ Björn sich nicht abschütteln. In Wien erwartete mich schon eine lange Nachricht am Anrufbeantworter: „So glaub mir doch, bla bla“ –, ich drückte die Löschen-Taste. Zwei Tage später ein Brief: „Ich will dich unbedingt wiedersehen, du bedeutest mir viel, etceterapepe ...“ Klar, dachte ich wütend, wo findet sich so schnell eine attraktive, intelligente Vierzigerin, finanziell abgesichert, ohne eifersüchtigen Ehemann, mit einer eigenen Wohnung in München? Noch dazu eine, die einem nicht dauernd auf die Pelle rückt, weil sie in Wien lebt und beruflich ständig unterwegs ist?

Ich hatte meine Gefühle wieder unter Kontrolle und meldete mich nicht bei Björn. Aber abends, vorm Einschlafen, musste ich dann doch an ihn denken. Seine Berührungen, sein schlanker, gepflegter Körper, wie geschickt er mich erregte und befriedigte. Und was, überlegte der selbstbewusste Teil meiner Persönlichkeit, wenn ich ihn wirklich nur als Callboy benutzte? Nun, im Kopf funktionierte diese Idee, im Herzen und Magen jedoch gar nicht. Der Gedanke, dass Björn mit allen möglichen Frauen das Gleiche anstellte wie in mir, und sie an meiner Stelle wollüstig stöhnten und danach die Hunderter auf den Tisch legten – das wollte ich mir nicht vorstellen.

Mein nächster München-Trip war fällig. Björn war ausgefuchst: Nachdem ich zu Hause nicht abgehoben hatte, fragte er in meiner Firma nach mir, wie ich später herausfand. Die arglose Sekretärin verriet bereitwillig, dass ich gerade auf dem Weg nach München sei. Als ich in die Prinzregentenstraße einbog, stand Björn da und sprang sofort herbei um mir mit dem Gepäck zu helfen. Damit hatte ich nicht gerechnet.

Es fiel mir schwer, meine ablehnende Haltung beizubehalten, als er vor mir stand. Björn gefiel mir einfach ausnehmend gut und hatte eine sexy Ausstrahlung, der ich mich nicht entziehen konnte. Er trug mein Gepäck hinauf und erklärte dann, er brächte jetzt mein Auto in die Garage. Hoffentlich haut der nicht mit dem Wagen ab, dachte ich mir, während ich wartete. Ich wusste ja nichts von ihm, außer den Namen. Wenn der überhaupt stimmte! Mein Misstrauen war riesengroß geworden. Aber wenige Minuten später läutete er an der Wohnungstür und stand gleich darauf verlegen im Vorzimmer. Ich fasste einen Entschluss: Ich wollte Klarheit und bat ihn ins Wohnzimmer zur Aussprache.

„Also, was möchtest du mir so dringend sagen, dass du schon auf der Straße auf mich wartest?“ leitete ich das Gespräch ein. „Juliette, es tut mir leid, dass ich dich wegen meiner Freundin angelogen habe“, begann er. Aha, also „Freundin“, nicht „Ex“, registrierte ich, hörte aber weiter zu. „Es war dumm von mir, dir die Sache mit dem Callboy zu erzählen.“ Ja, das war es wirklich, du Idiot. „Das war so eine Idee von ihr, um mich herzulocken, aber eigentlich suche ich einen Job in meinem Beruf. München ist für Techniker besser als Norddeutschland.“ Das stimmte freilich. „Aber über allem steht, dass du eine faszinierende Frau bist. Und ich mich wirklich in dich verliebt habe.“ Oje.

Ich setzte zu einer kühlen Entgegnung an, und es begann auch ganz gut. „Es gibt kein Problem, Björn“, sagte ich, und dann übernahm meine Zunge die Regie. „Wir können uns treffen, aber nur völlig unverbindlich.“ Was redete ich denn da? Ich wollte ihn doch aus meinem Leben streichen! Björn kam näher und nahm meine Hand: „Nein, es soll nicht unverbindlich sein!“, rief er. „Bitte hilf mir mit deinen Verbindungen, bald einen Job zu finden – und wir sehen uns dann so oft es nur möglich ist!“

Mein Widerstand schmolz schon wieder dahin. „Okay“, sagte ich, „ich rufe ein paar von meinen Geschäftspartnern an und frage, ob sie eine Stelle zu vergeben haben. Dazu brauche ich aber einen ausführlichen Lebenslauf“, und kann ihn gleich selbst durchlesen, fügte ich in Gedanken hinzu. „Wir zwei schauen einfach, wie sich das mit uns entwickelt.“ Und mit fester Stimme fügte ich hinzu: „Ich bin erst seit sechs Monaten Single und möchte keine fixe Beziehung.“ Das war natürlich gelogen. Aber ich wollte zumindest so wirken, als stünde ich über den Dingen. Björn fiel mir um den Hals, küsste mich leidenschaftlich und am liebsten hätte ich ihn gleich ins Schlafzimmer gezerrt. Ich behielt jedoch die Contenance. „Ich muss jetzt dringend arbeiten, wir können uns abends treffen.“ Damit schubste ich ihn zum Wohnungseingang und bei der Tür hinaus. Er ging gehorsam und warf mir von der Treppe noch einen seiner Hundeblicke nach.

Abends holte mich Björn ab und lud mich zum Essen ein. Wir gingen zu einem Italiener, den ich schätzte. Das Abendessen verlief in angenehmer Atmosphäre, ein guter Rotwein lockerte die Stimmung weiter auf. Endlich entspannte ich mich. Ohne mit der Wimper zu zucken ließ ich ihn die Rechnung begleichen und nahm Björn anschließend mit zu mir. Ich hatte noch etwas vor mit dem jungen Mann.

Björn lag ausgestreckt am Rücken, als ich mich auf ihn wälzte und auf ihm zu sitzen kam. Ich küsste ihn und zog dabei seine Arme über seinen Kopf. Unsere Münder saugten sich aneinander während ich seine Handgelenke fest umschloss und mit einigem Druck niederhielt. Dann richtete ich mich auf, setzte mich auf seinen harten Penis und begann ihn zu reiten. Ich wollte ihn benutzen, wie einen Sexsklaven. „Nichts ist mehr mit Callboy“, flüsterte ich ihm ins Ohr, während ich mein Becken kreisen ließ. „Du bist mein Lustobjekt. Ich benutze dich so lang ich will, so oft ich will und wie ich will.“ Unter mir ließ Björn jeden Widerstand fahren. Sein Schwanz erschien mir plötzlich noch steifer. Das gefiel ihm wohl. Gut, mir auch.

„Mach die Augen zu“, befahl ich ihm. Er gehorchte. Mit meinen spitzen Nägeln zog ich an seinen Nippeln, die sich sofort groß aufstellten. „Du bist ein geiles Miststück“, herrschte ich ihn an, „und wirst mir dienen!“ – „Ja, Juliette, mach mit mir, was du willst“, keuchte er unter mir. „Hör zu, du Sklave. Ich werde mich an dir selbst befriedigen. Und du darfst nicht abspritzen, bis ich es dir erlaube!“, sagte ich heftig atmend. „Ja“, flüsterte Björn, „alles, was du willst!“ Dieses Machtgefühl machte mich noch heißer als seine Verführungskünste es vermocht hatten. Ich holte mir, was ich wollte, unter mir lag ein schöner, schlanker Jüngling, der mir als Lustinstrument diente, als nichts sonst. Keine Verliebtheit, in diesem Moment war ich nur noch von Machtrausch angetrieben, der sich in einem Orgasmus entlud. Björn hielt sich wie befohlen zurück. Erst als ich ihn heftig atmend aufforderte: „Jetzt darfst du spritzen, du geiler Sexsklave“, explodierte auch er.

Wir lagen entspannt beieinander. Als er aufstehen wollte, hielt ich ihn zurück.„Wenn du mir beweisen willst, dass es nicht geschäftlich ist, dann bleibst du jetzt hier.“ Er blieb. Wir schliefen Arm in Arm ein.

Am nächsten Morgen frühstückten wir gemütlich. Dann ging Björn, und ich machte mich an die Arbeit. Ich liebte meinen Beruf, der immer an erster Stelle stand. Der erstklassigen Ausführung meiner Tätigkeit hatte sich alles unterzuordnen, auch mein Privatleben. Ich brütete über Geschäftsunterlagen und dachte schon bald nicht mehr an die vergangene Nacht. Plötzlich klingelte das Telefon. Björn war am Apparat, er klang weinerlich und aufgeregt. „Ich hatte einen fürchterlichen Streit mit meiner Freundin“, begann er. Von wegen Ex. „Und?“, fragte ich ungeduldig. „Sie hat mich rausgeschmissen! Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll!“ – „Beruhige dich“, sagte ich, „Es wird schon nicht so schlimm sein.“ Doch Björn klang untröstlich. „Kann ich bei dir vorbeikommen?“ Ich seufzte. „Wenn’s unbedingt sein muss, ich bin nämlich mitten in einer wichtigen Sache, die heute noch fertig werden muss.“

Eine halbe Stunde später stand ein verstört wirkender Björn vor mir, druckste erst herum und erzählte dann endlich, was geschehen war. Als er in der Früh nach dem Frühstück bei seiner Freundin zu Hause erschienen war, hatte er sie aufgeweckt – sie arbeitete ja in einer Bar und lag um zehn Uhr vormittags im Tiefschlaf. Als sie dann auch noch erfahren musste, dass „die tolle Frau, die mich als Callboy gebucht hat“, ihn gar nicht bezahlt hatte - „Sie wollte das Geld sehen, ich hatte natürlich keins!“ – sei sie ausgerastet. „Sie hat geschrien, ich soll meine Sachen packen und dorthin gehen, wo ich herkomme“, klagte Björn. Er blickte mich aus tränennassen Augen an. „Darf ich vorübergehend bei dir einziehen? Deine Wohnung steht doch ohnehin meistens leer ...“

Heute muss ich den Kopf darüber schütteln, wie blöd ich damals war. Es hätte mir klar sein müssen, dass so einer immer nach der besseren Option Ausschau hält. Ich bin aber im Grunde ein gutherziger Mensch und wollte nicht unbarmherzig sein. Ich brauchte erst mal einen Drink.

„Gut“ sagte ich nach einer Weile „Du kannst vorläufig hier bleiben, aber du suchst dir einen Job, und sobald du den hast, ziehst du aus.“ Björn strahlte. „Danke, danke, danke! Du bist ein Schatz!“ Er rannte zur Tür. „Ich hole nur schnell meine Sachen!“ Da schau her, die hatte er gleich mitgebracht – innerhalb von Minuten türmten sich Kleider, eine Stereoanlage, Fernseher, Bücher und ein Computer in meinem Vorzimmer. Nach „vorübergehend“ sah das nicht aus. Aber ich hatte Ja gesagt, also versuchte ich, mich weiter auf meine Arbeit zu konzentrieren.

Das viele Zeug ging mir auf die Nerven. Also rief ich einen langjährigen Geschäftsfreund an und erkundigte mich nach einer Tätigkeit für Björn. Ich verriet ihm nicht, dass ich mit Björn ein Techtelmechtel hatte, sondern stellte ihn als jungen Techniker mit Hochschulabschluss in Elektrotechnik vor.

„Du hast Glück, Juliette“, rief er erfreut. „Ich hatte vor ein paar Monaten einen Herzinfarkt und mein Arzt hat mir erst vorgestern gesagt, ich soll leiser treten und mir einen Assistenten nehmen.“ Das Schicksal meinte es wohl gut mit mir! „Aber eines sage ich dir gleich“, setzte der Geschäftsfreund fort, „Ich nehme ihn nur, wenn die Qualifikation passt. Sollte ich unzufrieden sein, schmeiß’ ich ihn raus!“ – „Geht klar“, rief ich, „außerdem weiß ich nicht, ob er was kann, ich kenne ihn erst seit Kurzem.“

Und so kam es, dass Björn durch mich innerhalb von wenigen Stunden eine neue Bleibe und einen Job erhielt. Ich konnte mich endlich wieder auf meine Arbeit konzentrieren, Björn fuhr sich bei meinem Geschäftsfreund vorstellen – und bekam den Job mit sofortigem Arbeitsantritt.


Der Engel mit der Peitsche

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