Читать книгу Wenn ich das Schicksal treffe, kann es was erleben - Cornelia Eyssen - Страница 8
MEIN MANN REMY: »Krebs – da war es,
dieses Monster von
einem Wort.«
ОглавлениеFrauen werden älter als Männer, heißt es – also überlebt mich meine Frau. Nicht, dass ich mir bisher große Gedanken darüber gemacht hatte, aber irgendwie war das immer eine beruhigende Vorstellung.
Unser Leben ist schön. Meine Frau und ich, wir haben Berufe, die uns ausfüllen und faszinieren. Wir reisen gerne. Machen gelegentlich Kurztrips nach Paris, Rom oder Florenz. Wir gehen gerne in Museen und Galerien. Und ich genieße die Abende, wenn Freunde an unserem großen Tisch beim Abendessen sitzen.
Das Leben schien so normal zu sein. Normal und geordnet, bis zu diesem Anruf, der alles veränderte. Ich kam gerade von einem Meeting und war auf dem Weg zu unserer Wohnung.
»Ich habe Krebs«, sagte meine Frau zu mir am Telefon. Da war es, dieses Monster von einem Wort und wollte nicht mehr aus meinem Kopf raus. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, was sie mir da gerade gesagt hatte. Ich schaute mich um. Wieso blieben die Autos nicht stehen? Wie konnten die Menschen weitergehen? Wieso hielt nicht alles den Atem an? Meine Frau hatte Krebs, verdammt noch mal. Sie konnte sterben! Warum blieb die Welt da nicht stehen? Ich merkte verwundert: Nein, sie blieb nicht stehen ... Alles ging normal weiter. Das war ein Moment wie die totale Sonnenfinsternis vor ein paar Jahren. Von einer Minute zur anderen wurde es kalt und die Welt versank in absoluter Stille, schien stillzustehen.
»Ich bin nicht krank, ich hab nur Krebs«, hatte meine Frau am Telefon gesagt. Sie wollte tapfer sein, aber ihre Stimme klang dünn und gepresst. Ich kenne meine Frau und ich spürte die Verzweiflung, die hinter ihren Worten stand.
In meinem Kopf entstanden sofort schreckliche Bilder: Was, wenn sie nicht mehr weitergehen konnte und hilflos irgendwo auf der Straße lag? Wenn sie weinend und verängstigt irgendwo saß, jemanden brauchte, der ihr Halt gab? Und ich sie nicht in den Arm nehmen konnte? »Bleib, wo du bist. Ich hole dich ab!«
»Nein, ich komme allein nach Hause.«
»Ich bin in fünf Minuten da!«
»Nein. Ich hab doch gesagt, mach dir keine Sorgen. Ich will allein gehen. Wir treffen uns in der Wohnung.«
Ich weiß, dass meine Frau Mut hat, ich weiß, dass sie sich von nichts und niemandem unterkriegen lässt. Aber während dieses Anrufs war ihre Angst für mich körperlich spürbar. Als ich einen Moment später weiterging, brach ich in Tränen aus, ich konnte gar nichts dagegen tun.