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Fokus wissenschaftliche Studien

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»Wer nichts weiß, muss alles glauben.« Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916)

Welchen Informationen kann man vertrauen? Das ist in Sachen Ernährung eine sehr wichtige Frage, denn es geht dabei um ein existenzielles Thema, bei dem Menschen nach Orientierung und Antworten suchen. Unser Gehirn ist darauf programmiert, ständig die Umgebung nach neuen relevanten Informationen und Gefahren abzuscannen. Dabei kann es interessante und emotionale Geschichten besonders gut verarbeiten und speichern.

Tausende Webseiten, Blogs, Facebook-Einträge, Tweets, Zeitschriftenartikel und Fernsehsendungen „informieren“ uns ständig über Ernährung. Im Kampf um Aufmerksamkeit, Klicks und Likes werden kleine Effekte und unklare Ergebnisse zu Durchbrüchen und spektakulären Einsichten aufgebauscht. Es kursieren viele Fake News und Mythen, die für den Laien oft nur schwer als solche zu erkennen sind. Auch sorgfältig arbeitende Journalisten müssen komplexe Inhalte oft in 30 Sekunden Sendezeit oder 250-Wörter-Beiträgen unterbringen. Das ist fast unmöglich. Deswegen sind viele Informationen widersprüchlich, oberflächlich und zusammenhangslos. Zurück bleibt ein verwirrter Mensch, der sich im Dschungel dieser Informationen kaum zurechtfinden kann und sich die Frage stellt: „Was kann/darf/soll ich überhaupt (noch) essen?“

An diesem Punkt setzt unser Buch an: Die hochwertigsten Informationen stammen aus der Wissenschaft, also von Universitäten und Forschungsinstituten. Hier kann nicht jeder einfach seine Meinung kundtun, sondern Erkenntnisse werden nach strengen Kriterien generiert und Daten nach festgelegten Standards erhoben, ausgewertet und veröffentlicht. Alle angewandten Methoden müssen beschrieben werden und die Ergebnisse werden in Fachzeitschriften nach einem aufwendigen Begutachtungsverfahren durch unabhängige Experten (sogenannte Peer-Reviews) veröffentlicht. Außerdem müssen alle Interessenkonflikte, zum Beispiel von wem die Studie finanziert wurde, angegeben werden. In den gesamten wissenschaftlichen Prozess sind viele Qualitätskontrollen eingebaut. Eine solche systematische Herangehens-weise ist etwas völlig anderes als die Meinung eines Einzelnen.

Ein so komplexes Thema wie die menschliche Ernährung zu erforschen, ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden und in vielerlei Hinsicht schwierig. Eine der Herausforderungen liegt im Untersuchungsgegenstand selbst. Anders als bei Experimenten in Chemie und Physik müssen in Ernährungsstudien Menschen beobachtet oder befragt werden. Randomisierte Studien, in denen die Untersuchungsteilnehmer nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Bedingungen zugeordnet werden und sich zum Beispiel für den Studienzeitraum auf unterschiedliche Weise ernähren, haben von allen Studiendesigns die höchste wissenschaftliche Qualität.

Solche Studien sind aber aus praktischen oder ethischen Gründen oft nicht möglich. Stattdessen werden die Teilnehmer in Ernährungsstudien häufig zu ihren Essgewohnheiten befragt. Ein solcher Bericht unterliegt vielen Verzerrungen: Fragt man Untersuchungs-teilnehmer, was sie die letzten zwei Wochen gegessen haben, erinnern sich viele nicht richtig oder sie versuchen, ihre Ernährungsweise positiver darzustellen, als sie tatsächlich ist. Studien, in denen man nicht randomisieren kann, haben das Problem, dass die erfassten Zusammenhänge (Korrelationen) keine kausalen Beziehungen (Ursache/Wirkung) sind.

Zum Beispiel wurde in einer großen Studie herausgefunden, dass diejenigen, die mehr Äpfel essen, weniger chronische Krankheiten haben. Aber ist wirklich der Apfel dafür verantwortlich? Oder sind es andere Dinge, die Menschen, die mehr Äpfel essen, häufiger tun? Vielleicht bewegen sie sich mehr oder essen mehr Gemüse. Deswegen werden in Ernährungsstudien möglichst viele Informationen erhoben. So kann man später mit statistischen Methoden ihren Einfluss analysieren.

Gesunde Ernährung heute und morgen

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