Читать книгу Die Linie der Ewigen - Emily Byron - Страница 38

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„Jetzt glauben wir auf einmal doch an Gott?“, neckte ich Daron, während ich sanft über seine trainierten Oberschenkel streichelte. Ein Lachen löste sich aus seiner Kehle und vibrierte prickelnd auf meiner Haut. Wie ich dieses Lachen liebte.

„Du kleines Luder!“, presste er mühsam hervor, und sein Lachen vermischte sich mit der abebbenden Atemlosigkeit seiner simultan abklingenden Erregung.

„Was hab ich mir da nur für eine ausgesucht?“

Grinsend zuckte ich mit den Schultern.

‚Die Beste, die du kriegen konntest, vermute ich mal.“

Erneut perlte sein Lachen in sanften Schauern über meine Haut. Erschöpft ließ er sich neben mich fallen, legte mir eine Hand hinter den Kopf und zog mich zu einem innigen Kuss zu sicher heran.

„Ich liebe dich, Aline.“

„Und ich liebe dich, Daron“, antwortete ich und genoss das prickelnde Gefühl, das diese Worte in meiner Magengrube hinterließen. Meine kleine Wildkatze hatte sich bereits zufrieden schnurrend zusammengerollt. Verträumt blickte ich in Darons grüne Augen und sah in ihnen die Farbe von Farnen, wie sie sich sanft unter herabprasselndem Regen wogen.

„Bleibst du heute Nacht bei mir?“, fragte ich zögerlich und hoffte so sehr, er würde bejahen. Nach allem, was ich die letzten Tage erlebt und erfahren hatte, wollte ich in dieser Nacht einfach nicht alleine sein.

Und morgen Nacht.

Und jede Nacht danach.

„Was denkst du denn?“, neckte er mich liebevoll und stupste mich auf die Nasenspitze.

„Ich denke, Sie sind jemand, der sich glücklich schätzen kann, so einen Hauptgewinn wie mich abbekommen zu haben.“

Ja, Himmel, welche Glückshormone gingen denn da mit mir durch? So eine große Klappe hatte ich ja nicht einmal gegenüber Harry, wenn er wieder seine blöden Sprüche klopfte. Doch anstatt mich mit einem Kissen scherzhaft zu verhauen, zog eine Ernsthaftigkeit über Darons Gesicht, wie ich sie in diesem Moment keinesfalls von ihm erwartet hätte.

„Da hast du wohl recht, Kleines“, sagte er leise und nahm meine Hand. „Bis ich dich fand, war ich einfach nur ein Gefangener meines Schicksals, ohne Perspektive und die Möglichkeit, so zu leben, wie ich es wollte. Du hast mein Herz geöffnet, Aline. Du hast mir gezeigt, dass sein Schicksal anzunehmen nicht immer gleichbedeutend ist mit Apathie. Vielleicht war das auch eine meiner Aufgaben, die ich mir einst gestellt habe. Zu begreifen, dass das eigene Sein auf dem beruht, was man selbst daraus macht. Auch oder gerade wenn es bereits so konkret vorgegeben ist, wie bei mir und meinen Brüdern.“

Das war eine der schönsten Liebeserklärungen, die ich je erhalten hatte, und ich kämpfte sehr mit meinem inneren Deich, damit er nicht brach.

Nicht heulen, Aline.

Contenance.

Kontrolle.

Ein Lächeln breitete sich auf Darons Gesicht aus.

„Ist schon in Ordnung, Kleines. Ich empfinde es genauso.“

Da kullerte auch schon eine Träne meine Wange herab, und auch wenn ich mich früher für diese Weichheit geschämt hätte, so war es mir vor Daron überraschenderweise gar nicht unangenehm. Vielleicht war es das, was echte Liebe bedeutete.

Wie sagte schon Adorno?

Geliebt wirst du einzig, wo schwach du dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren. Bis heute hatte ich diesen Satz nie ganz verstanden.

Bis heute.

Ich schenkte Daron mein liebevollstes Lächeln, erhob mich von meinem Bett und tat etwas, was ich so noch nie für einen Mann getan hatte.

Ich zog mich aus.

Langsam und ganz bewusst.

Stück für Stück, Stoff für Stoff ließ ich behutsam zu Boden gleiten, während Daron auf meinem Bett liegend genüsslich dem sich ihm bietenden Schauspiel zusah. Ich zeigte mich ihm so, wie ich war, unsicher und verletzlich. Ich war keine Superschönheit und im Vergleich zu seinem Äußeren hätte ich mich geradezu hinter dem Kachelofen verstecken müssen. Wenn ich denn einen gehabt hätte.

So viel Perfektion in diesem Mann – wie konnte ich ihr mit meiner Durchschnittlichkeit nur gerecht werden? Merkwürdigerweise war es mir egal. Es war mir zum ersten Mal in meinem Leben wirklich richtig egal. Denn ich wusste, Daron hatte sich in mich verliebt, weil ich eben nicht wie eine von hundert anderen Plastikbarbies aussah, weil ich meinen eigenen Kopf und Charakter hatte, weil ich mit meinen Ecken, Kanten und der einen oder anderen Rundung mittlerweile im Reinen war und nicht zum Lachen in den Keller ging.

Weil ich einfach ich war.

Und weil wir uns einander versprochen hatten, schon bevor meine Seele in diese Welt gekommen war.

Irgendwann stand ich schließlich vollkommen nackt vor ihm. Gespannt beobachtete ich seine Mimik, die mittlerweile keine Regung mehr preisgab, und wartete darauf, dass er etwas sagte. Doch anstatt zu reden streckte er die Hand nach mir aus. Als ich sie ergriff, blickte er mir tief in die Augen und sagte: „Du bist so schön, Aline, so wie ich mir meine Traumfrau immer vorgestellt habe. Bitte erweise mir die Ehre und nimm mich zu deinem Mann.“

Mein Herzschlag setzte einen Moment lang aus. Auch wenn ich bereits wusste, welcher Weg uns beiden vorgegeben war, so hatte ich damit doch nicht gerechnet.

„Ist das so etwas wie … ein Heiratsantrag?“, fragte ich neugierig und hatte tatsächlich ein kleines bisschen Angst, mich mit dieser Frage zu blamieren.

Daron schenkte mir sein schönstes Lächeln, erhob sich vom Bett und stellte sich in seiner ganzen Pracht vor mich hin. So standen wir beide nun, nackt und bloß, mit keinem Geheimnis mehr zwischen uns. Sanft begann Daron, meinen Hals mit federleichten Küssen zu bedecken, sodass ich meinen Kopf zur Seite fallen ließ und mir ein leises Stöhnen nicht verkneifen konnte. Ich spürte, wie er mit seiner anderen Hand mein Gesicht wieder zu sich drehte, und erkannte in seinen Augen eine Ernsthaftigkeit, die mir bereits Antwort genug auf meine Frage gewesen wäre.

„Ja, Aline, ich frage dich hiermit offiziell, ob du mich, den Erlöser der reinen Seelen, für immer auf meinem Weg begleiten und die Bürde, die wir uns einst erwählt haben, mit Stolz tragen willst. Ich, Daron McÉag, bitte dich: Sei meine Gefährtin für die Ewigkeit. Sei mein Herz, mein Atem, mein Licht in der Dunkelheit.“

Aufregung schnürte mir die Kehle zu, und am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen, doch stattdessen bewahrte ich die Würde des Augenblicks, nahm seine Hand und legte sie auf meine Brust, dort, wo mein Herz schneller schlug als ein Taubenschwänzchen. Es gab so viel, was ich ihm in diesem Moment hätte sagen wollen, doch statt Tausender Gedanken formten sich in meinem Kopf nur zwei kleine Buchstaben, die so einfach zu sprechen waren und in sich doch mehr an Tiefe besaßen als alle Ozeane der Welt.

„Ja.“

Mit diesem einen Wort küsste ich ihn so innig, dass ich dachte, mein Herz würde zerspringen. Ich hatte soeben mein Schicksal besiegelt.

Ich hatte soeben eingewilligt, den Tod zu heiraten.

Und während Daron begann, mich auf mein Bett zu ziehen und nach allen Regeln der Kunst zu lieben, spürte ich, dass es nichts auf der Welt gab, was sich für mich jemals hätte richtiger anfühlen können.

Die Linie der Ewigen

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