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b) Ausländische Einkünfte (§ 34d EStG)

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Fall 15:

Die A-GmbH erwarb im August 1989 festverzinsliche D-Mark-Anleihen einer indischen Bank. Sie machte im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1992 fiktive Quellensteuern gemäß Art. XVI Abs. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc, Abs. 3 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa und bb DBA Indien in der Fassung des Protokolls vom 28.6.1984 (DBA Indien 1959/1984) geltend. Die Quellensteuer berechnete sie mit 50 v. H. der Körperschaftsteuer, die auf die jeweiligen Brutto-Zinseinnahmen aus den Anleihen entfiel. Betriebsprüfer P vertrat demgegenüber ua unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 23.12.1997, Az.: IV C 1 – S 2293 – 15/97, BStBl. I 1997, 1022 ff die Ansicht, bei der Berechnung fiktiver Quellensteuern seien als Einkünfte aus den D-Mark-Anleihen die Zinseinnahmen abzüglich anteiliger Refinanzierungskosten und Gewerbesteuer anzusehen. Da nach Art. VIII Abs. 2 Buchstabe b DBA Indien 1959/1984 jedoch mindestens 10 v. H. der Zinseinnahmen als fiktive Quellensteuer zu berücksichtigen seien und die sich daraus ergebenden Beträge von 33 125,– DM (1989) bzw 23 168,– DM (1990) jeweils 50 v. H. der Körperschaftsteuer auf die Einkünfte überstiegen, seien entsprechend geringere fiktive Quellensteuern in Anrechnung zu bringen. Wer hat Recht? Lösung Rn 247

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§ 34d EStG definiert für das deutsche Steuerrecht, was unter ausländischen Einkünften zu verstehen ist. Die Vorschrift ist qua ausdrücklichen Verweises im Zusammenhang mit § 34c Abs. 1 bis 5 EStG und damit im Zusammenhang mit den unilateralen Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und insbesondere der Anrechnungsmethode zu sehen. Nur wenn ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG vorliegen, ist auch § 34c EStG anwendbar. § 34d EStG geht implizit von einer gleichzeitigen beschränkten Steuerpflicht des jeweiligen Steuerpflichtigen in dem ausländischen Staat aus, weil international übliche Anknüpfungspunkte für die Definition der ausländischen Einkünfte gewählt wurden. Liegen keine ausländischen Einkünfte vor, greift zwar § 34c EStG nicht ein. Dass es jedoch dadurch zu einer Doppelbesteuerung kommt, wird nur äußerst selten der Fall sein, weil der jeweilige ausländische Staat dann mangels Bezug zu seinem Hoheitsgebiet in der Regel keinen Besteuerungsanspruch auf das Steuersubstrat erheben wird.

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Mit Ausnahme der Nr 4 ist die Vorschrift des § 34d EStG im Aufbau an die Einkunftsarten der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 13 ff EStG angelehnt. Es handelt sich um eine abschließende Aufzählung von im weitesten Sinne im Ausland erzielten Einkünften. Das Gesetz spricht selbst nicht vom Ausland, sondern von einem „ausländischen Staat“ und meint das staatsrechtliche Hoheitsgebiet eines anderen Staates, das nicht zum Inland zählt. Im Folgenden werden die einzelnen Tatbestände der ausländischen Einkünfte des § 34d EStG kurz insoweit erläutert, als sie Tatbestandsmerkmale enthalten, die über die aus dem nationalen Recht der Einkunftsarten der §§ 13 ff EStG bekannten Merkmale hinausgehen[225].

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§ 34d Nr 1 EStG knüpft an die §§ 13 und 14 EStG (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) an. Abgestellt wird zusätzlich auf die Belegenheit der bewirtschafteten Flächen. Gehören diese zum Hoheitsgebiet eines anderen Staates, handelt es sich bei den erzielten Einkünften um ausländische Einkünfte, und zwar auch für den Fall, dass der landwirtschaftliche Betrieb aus dem Inland heraus geleitet wird[226].

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§ 34d Nr 2 EStG verweist auf die §§ 15 und 16 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Die Buchstaben b und c der Vorschrift sollen hier außer Betracht bleiben, besonders wichtig ist aber Buchstabe a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nur dann ausländische Einkünfte, wenn sie durch eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte oder durch einen in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden. Der Begriff der Betriebsstätte ist bereits erläutert worden[227], so dass nur noch der ständige Vertreter einer Erläuterung bedarf. Er ist – auch international – neben der Betriebsstätte der bedeutsamste (alternative) Anknüpfungspunkt für gewerbliche Einkünfte. Für das deutsche Recht ist er in § 13 AO definiert. Nach Satz 1 der Norm ist ein ständiger Vertreter eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Satz 2 konkretisiert dahingehend, dass insbesondere eine Person ständiger Vertreter sei, die für ein Unternehmen nachhaltig Verträge abschließt oder vermittelt, Aufträge einholt oder einen Bestand von Gütern und Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt. Der Vertreter begründet damit offenkundig nicht zwingend ein Vertretungsverhältnis im Sinne des §§ 164 ff BGB, es reicht (auch ohne rechtsverbindliche Vollmacht) jede Art von nachhaltiger Geschäftsbesorgung aus. Auch kann der Vertreter nach dem offenen Gesetzeswortlaut ein selbstständiger (etwa Kommissionär, Handelsvertreter, Makler)[228] oder unselbstständiger Vertreter sein, solange er eine Tätigkeit „für“ das Unternehmen ausübt[229]. Handelt es sich hingegen um eine Tätigkeit des Unternehmens selbst, ist § 12 AO vorrangig zu prüfen. Umstritten ist, ob der ständige Vertreter im Tätigkeitsstaat selbst eine Betriebsstätte unterhalten muss[230].

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§ 34d Nr 3 EStG nimmt Bezug auf § 18 EStG (Einkünfte aus selbstständiger Arbeit). Zu ausländischen Einkünfte werden diese Einkünfte im Sinne des § 18 EStG nur, wenn die Arbeit in einem ausländischen Staat ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Der Tatbestand des Ausübens erfordert regelmäßig die physische Präsenz des Steuerpflichtigen am Ort der Tätigkeit, während es auf den Ort des Leistungsempfängers nicht ankommt. „Ausüben“ meint jede Art von Tätigwerden, die den Kernbereich der selbstständigen Arbeit kennzeichnet[231]. „Verwerten“ bedeutet demgegenüber das Nutzen des Ergebnisses der selbstständigen Arbeit und geht damit über das „Ausüben“ hinaus. Eine Identität zwischen „Ausüben“ und „Verwerten“ kann daher nicht bestehen[232]. Der Ort des Verwertens liegt in der Regel dort, wo dem Steuerpflichtigen der wirtschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit zugute kommt[233].

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§ 34d Nr 4 EStG erklärt auch Einkünfte aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die zum Anlagevermögen eines Betriebs gehören, wenn die Wirtschaftsgüter in einem ausländischen Staat belegen sind, sowie aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften[234], wenn die Gesellschaft Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat, zu ausländischen Einkünften. Die Vorschrift nimmt implizit Bezug auf Einkünfte gemäß §§ 15, 17 und 22 Nr 2 iVm § 23 Abs. 1 Nr 2 EStG.

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§ 34d Nr 5 EStG verweist auf § 19 EStG (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit). Es handelt sich jedoch nur um ausländische Einkünfte, wenn (1) die nichtselbstständige Arbeit in einem ausländischen Staat ausgeübt oder, ohne im Inland ausgeübt zu werden oder worden zu sein, in einem ausländischen Staat verwertet wird oder worden ist, oder wenn (2) von ausländischen öffentlichen Kassen Einkünfte mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden. Satz 2 der Norm hingegen definiert – obgleich er richtigerweise in den Katalog des § 49 EStG gehört hätte – sämtliche von inländischen Kassen gezahlten Einkünfte zwingend zu inländischen Einkünften.

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§ 34d Nr 6 EStG nimmt umfassend § 20 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen) in den Blick. Für das Vorliegen ausländischer Kapitaleinkünfte muss entweder der Schuldner seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz in einem ausländischen Staat haben oder das Kapitalvermögen muss durch ausländischen Grundbesitz besichert sein. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem für diese Frage anwendbaren Recht, welches über die Regeln des Internationalen Privatrechts ermittelt werden muss. In der Regel wird das ausländische Sachrecht (lex rei sitae) zuständig sein. Bemerkenswert ist, dass der gewöhnliche Aufenthalt (§ 9 AO) nicht genannt wird. Es kann daher bei Nichtbestehen eines DBA dazu kommen, dass eine ausländische Quellensteuer im Inland nicht angerechnet werden kann, wenn der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz, im Ausland aber einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Problematisch für die Steueranrechnung können auch Dreiecksfälle sein, bei denen der Schuldner in verschiedenen ausländischen Staaten steuerliche Anknüpfungspunkte begründet.

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§ 34d Nr 7 EStG bezieht sich auf § 21 EStG (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Der für die ausländischen Einkünfte erforderliche Auslandsbezug wird hier durch das in einem ausländischen Staat belegene Grundvermögen bzw die dort belegenen Sachinbegriffe oder die Überlassung von Rechten zur Nutzung in einem ausländischen Staat hergestellt.

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§ 34d Nr 8 EStG ist eine Auffangvorschrift für die sog. sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. Für ausländische Einkünfte muss bei wiederkehrenden Bezügen der Verpflichtete Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat haben, müssen bei privaten Veräußerungsgeschäften die veräußerten Wirtschaftsgüter in einem ausländischen Staat belegen sein und müssen bei Einkünften aus Leistungen inklusive jener gemäß § 49 Abs. 1 Nr 9 EStG der zur Vergütung der Leistung Verpflichtete seinen Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat haben.

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Bei den Nrn. 1 bis 3 des § 34d EStG (das sind die Gewinneinkünfte) ist die Besonderheit zu beachten, dass der Gesetzgeber das aus den §§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 3, 22 Nr 3 und 23 Abs. 2 Satz 1 EStG bekannte Prinzip der sog. Subsidiarität der Überschusseinkünfte[235] im Rahmen der Definition der ausländischen Einkünfte in der Sache ebenfalls übernommen hat, auch wenn das Prinzip hier als Spezialitätsgrundsatz zugunsten der Gewinneinkünfte formuliert ist[236].

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