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aa) Einkommensermittlung und Währungsumrechnung
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Im Ausland erzielte Einkünfte und insbesondere ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG müssen in einem ersten Schritt von im Inland erzielten Einkünften abgegrenzt und getrennt von diesen ermittelt werden[237]. Entsprechend sind auch Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) und Werbungskosten (§ 9 EStG) im Grundsatz[238] ausländischen Einkunftsquellen insoweit zuzuordnen, als sie in einem direkten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung stehen[239], und zwar unabhängig davon, ob die Aufwendungen rein tatsächlich im In- oder Ausland angefallen sind[240] und welche Währung für sie gilt. Die Rechtsprechung lässt jedoch – unabhängig von der Frage der Gewinnermittlung – nur solche Aufwendungen zum Abzug zu, die bei den Überschusseinkünften abzugsfähig wären[241].
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Lösung Fall 15 (Rn 233):
Betriebsprüfer P hat das Nachsehen. Nach Art. XVI Abs. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc, Abs. 3 Buchstabe c DBA Indien sind auf die deutsche Körperschaftsteuer unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern ua Beträge anzurechnen, die nach indischem Recht und in Übereinstimmung mit dem DBA Indien 1959/1984 als indische Steuern auf Zinsen für ein Jahr zu zahlen gewesen wären, aber wegen einer Steuerbefreiung oder -ermäßigung, die für das betreffende Jahr nach den in Art. XVI Abs. 3 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa und bb DBA Indien 1959/1984 genannten Vorschriften gewährt wird, tatsächlich nicht gezahlt worden sind. Diese Voraussetzungen für die inländische Anrechnung fiktiver indischer Steuer lagen hier dem Grunde nach vor. Die A-GmbH war nach indischem Steuerrecht von der Entrichtung einer Quellensteuer auf die von ihr bezogenen Zinseinnahmen befreit. Ihrer Höhe nach beläuft sich die hiernach anzurechnende Steuer auf die entsprechende – für Zinsen durch Art. VIII Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a oder b DBA Indien 1959/1984 ihrerseits begrenzte – indische Jahressteuer (Art. XVI Abs. 3 Buchstabe c Satz 1 DBA Indien 1959/1984), mindestens jedoch auf 50 v. H. der auf die Zinseinkünfte entfallenden deutschen Körperschaftsteuer (Art. XVI Abs. 3 Buchstabe c Satz 2 DBA Indien 1959/1984). Grundsätzlich handelt es sich bei den Zinseinkünften im Sinne von Art. XVI Abs. 3 Buchstabe c Satz 2 DBA Indien 1959/1984 daher um einen Nettobetrag handele, der nach dem zu versteuernden Einkommen (§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 2 EStG) nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts zu ermitteln ist. Bei der Ermittlung dieses Betrages will Betriebsprüfer P jedoch zu Unrecht die von der A-GmbH erzielten Bruttoeinnahmen ua um anteilige Refinanzierungszinsen vermindert. Zwar bestimmt sich zwar allein nach Abkommensrecht, ob ein abkommensrechtlicher Einkünftebegriff als Netto- oder aber als Bruttobetrag zu verstehen ist. Es richtet sich jedoch nach innerstaatlichem Recht, welche Steuer auf ausländische Dividenden im abkommensrechtlichen Sinne entfällt, im vorliegenden Fall also nach § 26 Abs. 1 und 6 KStG iVm §§ 34c, 34d Nr 6 EStG. Daraus ergibt sich in jedem Fall – gleichviel, ob ein Brutto- oder aber ein Nettobetrag zu Grunde gelegt wird – die Notwendigkeit, zu bestimmen, welche Aufwendungen den ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind. Als Folge der sog. isolierenden Betrachtungsweise (vgl § 49 Abs. 2 EStG) betreffen die für Zinseinkünfte einschlägigen Vorschriften in § 34d Nr 6 EStG nur solche Einnahmen und Ausgaben, die die Eignung haben, in die Bemessungsgrundlage der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr 1 EStG einzugehen. Dabei findet das allgemeine Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG) Anwendung. Den Einkünften im Sinne des § 34c EStG können hiernach nur solche Aufwendungen zugeordnet werden, die in einem direkten wirtschaftlichen Zusammenhang zu der Einnahmeerzielung stehen. Für Zinsen und Dividenden, die als Teil einer gewerblichen Tätigkeit erzielt werden, bedeutet das, dass sich diesen etwaige Refinanzierungskosten nur dann im Sinne der direkten Gewinnermittlungsmethode zuordnen lassen, wenn das Darlehen, das diese Kosten ausgelöst hat, aufgenommen wurde, um mit seiner Hilfe die betreffende Einkunftsquelle zu finanzieren. Auch bei Banken ist, anders als es das BMF-Schreiben vom 23.12.1997, Az.: IV C 1 – S 2293 – 15/97, BStBl. I 1997, 1022 ff nahe legen mag, keine pauschale Betrachtungsweise angezeigt. Zwar ist Betriebsprüfer P darin beizupflichten, dass Kreditinstitute sich zumindest im vorliegend einschlägigen sog. bankspezifischen Geschäftsbereich durch entsprechende Geldaufnahme (Hereinnahme von Einlagen, Aufnahme von Darlehen usw) in der Regel refinanzieren werden. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass solche Institute (nicht anders als sonstige Wirtschaftsunternehmen auch) sich gleichermaßen aus Eigenmitteln finanzieren können. Eine Refinanzierungssituation ist also möglich, jedoch keineswegs zwingend. Leiht ein Kreditinstitut Gelder aus, um damit Erträge zu erzielen, so bedarf es deshalb auch bei einem solchen regelmäßig des konkreten Nachweises und der konkreten Zuordnung einer Refinanzierung. Nur unter dieser Voraussetzung besteht dann ein unmittelbarer Veranlassungszusammenhang von Refinanzierungskosten mit den ausgeliehenen Geldern und den dadurch erwirtschafteten Erträgen und wird eine direkte Zuordnung entsprechender Kosten ermöglicht. Insofern ist vorliegend eine tatsächliche Verwendung ggf in Anspruch genommener Darlehensmittel für den Erwerb der betreffenden Wertpapiere zu verlangen[242].
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Ferner ist strikt das international anerkannte Prinzip zu beachten, dass jeder Staat – auch bei der Geltung des Welteinkommensprinzips – ausschließlich seine nationalen Gewinnermittlungsvorschriften anwendet[243]. Für das deutsche Steuerrecht bedeutet dies, dass die Gewinnermittlung auch hinsichtlich im Ausland erzielter Einkünfte nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, nach dem Bilanzrecht des HGB und nach den §§ 4 ff EStG zu erfolgen hat[244].
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In der Regel wird zugleich der jeweilige ausländische Staat die aus seiner Sicht der beschränkten oder sogar der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte nach seinen nationalen Gewinnermittlungsvorschriften ermitteln. Im Extremfall, der im betrieblichen Bereich jedoch die Regel darstellt, ist der Steuerpflichtige daher für bestimmte Einkünfte nach in- und ausländischem Recht zur Führung von Büchern verpflichtet. Man nennt dies das Erfordernis einer sog. doppelten Buchführung[245]. Unterschiede in der Ermittlung gegenüber den deutschen Gewinnermittlungsvorschriften können dabei sowohl zulasten und als auch zugunsten des Steuerpflichtigen ausfallen. Problematisch ist das Erfordernis einer inländischen Buchführung (vgl § 146 Abs. 2 Satz 1 AO) auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten. Während der EuGH für Quellenstaaten bereits entschieden hat, dass eine inländische Buchführungspflicht als Voraussetzung für materielle Besteuerungsfolgen (in casu: Verlustabzug) gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt[246], steht ein Urteil für Ansässigkeitsstaaten noch aus. In der Praxis behilft man sich bei innerhalb der EU erzielten Einkünften meist mit der sog. Buchführungserleichterung des § 148 AO. Zudem findet sich für den wichtigen Bereich der Betriebsstättenbuchführung in § 146 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 AO die Feststellung, dass die Übernahme einer ausländischen Buchführung und deren anschließende Anpassung an die zwingenden nationalen Vorschriften dem Erfordernis der ausschließlich inländischen Buchführung Rechnung trägt.
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Bilanz und Jahresabschluss nach HGB können dabei auch in einer ausländischen Währung aufgestellt werden. Für die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage hingegen gilt, dass die zugrunde liegenden Werte in inländischer Währung ausgewiesen und daher umgerechnet werden müssen, wobei zwingende bilanzrechtliche Prinzipien (etwa das Imparitätsprinzip oder das Niederstwertprinzip[247]) zu beachten sind[248]. Bei Überschusseinkünften erfolgt die Umrechnung auf den Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 EStG). Bei Gewinneinkünften sind mehrere Verfahren anerkannt[249], von denen das sog. Zeitbezugsverfahren aufgrund seiner Genauigkeit[250] den Vorzug verdient. Es setzt jedoch die Umrechnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalles mit dem dafür maßgebenden Kurswert voraus. Außerdem müssen das Imparitäts- und Niederstwertprinzip bei Kursveränderungen beachtet werden, weshalb das Verfahren sehr arbeitsaufwendig ist[251].