Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 17

INNENARCHITEKTUR FREI NACH CHRISTA

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Mir war klar, dass ich mit meinen Sonderwünschen für die Ausstattung meiner Datscha einen größeren Spezialladen ansteuern musste. Also plante ich einen Großstadttag ein. George und ich würden Stuttgart unsicher machen. Vielleicht hätte einer meiner Mitstreiterinnen Zeit und Lust uns dort zu treffen um einen Fun-Tag daraus zu machen. Das allerdings lag noch in den Sternen.

Wir würden jedenfalls mit der Bahn nach Stuttgart fahren. Parken ist eine Katastrophe und George fährt ganz gerne mal Bahn. Die unzähligen Nachrichten die seine kleine, feuchte Nase dort aufnehmen kann sind für ihn unbezahlbar. Ab und wann braucht er das. Also, beschlossene Sache.

Gleich am nächsten morgen fanden wir uns auf dem Bahnsteig wieder. Mein Süßer saß ganz brav bei Fuß. Leider konnte man das von einigen mitgeführten Gören nicht behaupten. Und deren Müttern nach zu urteilen, die mehr oder weniger am Handy klebten, wurde hier die anti-autorisierte Kindererziehung angewandt. Ich blieb mit dem Blick starr nach vorne, nur darauf bedacht, dass meinem George nichts passiert und keiner ihn aus Versehen tritt. Schon gar nicht die lieben Kleinen. Schade, dass es keine Leinenpflicht für wenig beaufsichtigte Kinder gibt!

Ich war froh als unser Zug endlich einfuhr. Mir wurde es zu langsam zu anstrengend doch immer aus den Augenwinkeln zu schielen, ob kein kleines Wesen aus Versehen auf den Gleisen landet. Nee, also vielleicht war ich zu streng, doch meine Söhne durften sich nicht so benehmen. Aber genau das nahmen sie mir wohl auch übel. Sie durften sich angeblich nicht frei entfalten. Hm, demnach wird einem gutes Benehmen einfach in die Wiege gelegt, überlegte ich kurz? Schwachsinn. Natürlich nicht! Overdrive im Kopf ausschalten Christa!

Ich fand einen schönen Sitzplatz am Fenster und nahm meine Fellnase sicherheitshalber auf den Schoss. Es sollte sich herausstellen, dass das eine gute Idee war. Neben mir hat sich ein netter junger Mann hingesetzt, seine Tasche zwischen den Füßen, seine Zeitung langsam aber rücksichtsvoll auseinander faltend. Uns gegenüber, sehr zu meinem Verdruss, einer der jungen Mütter mit ihrer ach so entzückenden kleinen Tochter.

Als die Bahn abfuhr, war noch alles im grünen Bereich. George war fasziniert von den vorbei sausenden Farben und ich, nichts Gutes ahnend, beobachtete die uns gegenüber sitzende kleine Prinzessin. Diese beäugte frech den jungen Mann, der sich hinter seiner Zeitung versteckte, und fing an mit ihren ach ebenso süßen kleinen Füßen nach ihm zu treten. Immer schön ins Kniegelenk. Erst ganz sanft, dann gewann sie an Momentum und dann richtig mit Schmackes. Die liebe Mutti schaute aus dem Fenster, bekam offensichtlich gar nichts mit, denn nebenbei wurde noch sauber gesimmst. Ein Kommentar lag mir auf der Zunge und es begann in meinen Fingern verdächtig zu kribbeln, doch Frau beherrschte sich und war froh, dass sie der Mutti gegenüber saß und nicht der Prinzessin. George hatte sein Köpfchen gedreht und schaute nun fasziniert der kleinen ungezogenen Göre zu. Ich dachte mir noch, der junge Mann muss ein Heiliger sein. Wie viel Engelsgeduld kann man aufbringen? Doch dann, ganz plötzlich, legte er die Zeitung auf den Schoss und begann die junge Dame zu fixieren, und zwar nicht mit dem freundlichsten aller Blicke. Die Kleine griente zurück und machte munter weiter. Da strich er über sein Knie und sprach die Frau Mama an. War eigentlich lustig, denn mittlerweile hat auch mein Hund Interesse daran gefunden und sein Köpfchen ging immer von dem einen zum anderen hin und her. Der dachte sich halt “wie bescheuert können Menschen eigentlich sein?”, womit er absolut meine Unterstützung hat.

Der junge Mann sprach “würden Sie Ihre Tochter doch bitten, die Füße bei sich zu behalten und mich nicht ständig zu treten?”. Bravo.

Die Mama, ich schätzte sie als Ehrenmitglied des Klubs Smartphone Mamis ein, schaute träge vom Fenster weg und erwiderte nur “Unsere Tochter soll sich ausleben. Sie hat noch nicht gelernt, dass man so etwas nicht macht und muss selber darauf kommen.” Nun jut dachte ich, wat kommt als nächstes und schaute zu meinem Banknachbarn. Der Ball war nun wieder auf seiner Seite des Netzes gelandet. Zum gleichen Zeitpunkt fuhren wir in eine Station ein.

Der junge Mann faltete sorgfältig seine Zeitung zusammen, hob seine Tasche auf und gab der überraschten Kleinen mit der Zeitung einen ordentlichen Klaps auf die Knie. Darauf die Mutter “hey, was fällt Ihnen denn ein?”.

Er gelassen im Gehen, “Oops, bin wohl selbst noch in der Entwicklungsphase. Ich muss mich schließlich auch noch entfalten dürfen. Schönen Tag noch und auf Wiedersehen oder besser auch nicht” und weg war er.

Ich wollte losprusten, hab es mir aber verkniffen und versuchte auch nicht zu grinsen. Ich hätte aber schwören können, dass der George ein breites Lächeln auf der Schnute hatte. Erwähnte ich, dass die Kleine brüllte was das Zeugs hält? Tja, liebe Smartphone Mamis, öfters mal mit euren Kleinen reden anstatt immer nur den elektronischen Minikasten am Ohr und die Kleenen an der Hand zu halten. Kommunikation mit den Kindern kann die Welt bedeuten!

George und ich setzten uns um. Endlich in Stuttgart machten wir uns auf den Weg in ein Spezialgeschäft um Yoga-Zubehör anzuschauen.Die Stadt war wie immer brechend voll. Mir behagt so etwas nicht. Erdrückend und man muss immer aufpassen, dass niemand meinen Kleinen irgendwie tritt. Wenn Not am Mann ist, nehme ich meinen 5 kg leichten Fellbeutel einfach auf den Arm. Aber ich versuche ihm auch die Gelegenheit zu geben, seine verschiedenen Pee-Mails zu lesen.

Nach der Episode auf der Bahn wollte ich nur schnell alles erledigen und wieder zurückfahren. Wir liefen also unsere bekannten Läden an und wurden auch schnell fündig. Ich wählte graue Matten, für große und auch kleine Yogis, und beschloss dann für die Hunde sonnengelbe Kissenbezüge zu besorgen.

George ermüdete doch schneller als ich dachte, die Königstrasse, die Fußgängermeile von Stuttgart, kann lang werden und so trug ich ihn zurück zum Bahnhof. Auf dem Weg holte ich mir ein Heringsbrötchen für Zuhause, Leckerli für den Kleinen hatte ich mit, eine ausklappbare Wasserflasche auch. Hunde-Mami weiß eben was sich gehört.

Wieder am Bahnhof nahmen wir kurz Platz auf der Bank als unser Zug zurück nach Esslingen schon einfuhr. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel, möge die Rückfahrt ruhiger sein als die Hinfahrt. Ich wurde erhört.

George genoss einmal mehr den Fensterplatz mit den vorbeirauschenden Farben. Ansonsten war er ziemlich platt. Da die Matten bestellt werden mussten war ich Paketlos und konnte mich ganz auf mein Fellpaket konzentrieren. Meine Einkäufe würden uns zugesandt werden.

Als in Mettingen, die letzte Station vor Esslingen, eine Mutter mit Kind einstieg, haben sich meine Nackenhaare in Habachtstellung positioniert. Völlig umsonst. Die Dame setzte sich mit ihrem kleinen Sohn auf der anderen Seite des Ganges und der Kleine war zuckersüß. Fragte ganz artig, ob er George mal streicheln durfte. Ein heftiges Wedeln seines flauschigen Schwanzes ließ dies zu und ich dachte mir mal wieder, es geht auch anders. Ein Süßer und sehr aufgeweckter Knopf der viele Fragen zur Hundehaltung hatte. George und ich mochten ihn auf Anhieb.

In Esslingen trennten sich unsere Wege und der Kleine hatte den Vorfall vom Morgen wieder wettgemacht. Als ich abends Janina anrief und ihr von unserer morgigen Begegnung auf der Bahn erzählte, revanchierte sie sich mit einer eigenen Story vom Tage.

Sie war just heute Morgen beim Einkaufen im Supermarkt und beobachtete, wie eine völlig verfranzte Mutti Gedanken verloren ihre Einkaufsliste studierte während der entzückende Brut sämtliche untere Regale ausräumte. Die Kleine ließ die Waren einfach im Mittelgang stehen und die Mutter sagte und machte nichts. Ihre Tochter öffnete wohl auch ein Glas Honig, steckte frech ihr Fingerlein hinein und schleckte selbiges ab. Dann ließ das kleine Ungeheuer das Glas offen auf dem Boden stehen und suchte sich “neue Spielsachen” aus. Als Janina der Kragen zu eng wurde, sprach sie die Frau Mama hierauf an. Auch sie bekam zu hören “Haben Sie sich nicht so, meine Kleine soll sich frei und ohne Zwang entwickeln”. Das es Grenzen gibt, hatte der Zwerg eben noch nicht kapiert. Und da keine gesteckt wurden.....

Daraufhin steckte meine muntere Freundin einen Finger in dem auf dem Boden fließenden Honig und schmierte ihn der lieben Kleinen über die Wange. Die aufgebrachte Mutti schrie Zeter und Mordio, wollte den Manager rufen, drohte mit Anzeige, Klage und haste nicht gesehen. Wäre alles in Janinas Sinne gewesen also lächelte sie nur süffisant und meinte, sie wäre eben auch als Freigeist erzogen worden, würde sich immer gerne ausleben und ihr wäre gerade danach gewesen, der kleinen Süßen den ohnehin schon offen stehenden Honig auf der ebenso goldigen kleinen Wange zu streichen. Darauf hin hat sie ihr Finger noch am Kleid der Kleinen abgeputzt und ging ihre Weges. Sie hinterließ eine Mutter die völlig baff war und machte drei Kreuze, dass ihre eigene Tochter das nicht miterleben musste, denn der hätte sie was gehustet, hätte sie sich jemals so benommen wie dieses kleines, ungehobelten Monster. Ich, aber, konnte mir diese Szene mit meiner besten Freunde nur zu bildlich vorstellen.

Klar, das hätte alles weniger glimpflich ausgehen können als es ist. Ging aber nochmal alles gut. Wir beide fingen lauthals an zu lachen. Gut zu wissen, das ich kein Pingelkopp bin, oder jedenfalls nicht der einzige. Danke Janina, nun ticken meine Uhren wieder richtig.

Doga Datscha

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