Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 21
JANINA
ОглавлениеAbends goss ich mir ein Glas Chardonnay ein, schaltete den Fernseher auf stumm und wählte Janinas Nummer. Will auch noch mit Christa und Mariela telefonieren wegen etwaige Malergesellen. Janina brauche ich aber jetzt als Ratgeberin.
George sitzt gemütlich in seinem Sessel, ganz tief in sein Daunenkissen gebettet, seine von mir selbstgemachte Hundedecke über den Po und sein Lieblingsspielzeug, sein rosa Frotteedackel, von mir liebevoll „Rosehunde Pilcher“ getauft, unter der Schnauze. Da brauche ich bis zum letzten Gassigehen vor dem Schlafengehen nicht mehr anzuklopfen. Er hat seine Wachhundetätigkeit für den Abend eingestellt und an mich abgegeben. So macht er es jeden Abend. Alles gut.
Janina kommt relativ schnell ans Telefon. Sie sagt mir, dass bei ihr auch nicht viel los ist und tatsächlich bestätigt sie mir, dass ihre Tochter noch im Bett liest, und Homer vor ihren Füssen liegt. Das will heißen, sie sitzt in ihrem Lieblingssessel und Homer dient als Fußschemel. Das tut er gerne und Janina hat dadurch immer warme Füße.
Wir tauschen kurz Neuigkeiten aus um uns gegenseitig auf dem laufenden zu halten und dann platze ich mit dem Besuch von Max raus. Es erstaunt mich, dass Janina als erstes einfach fragt, ob ich mich denn freue? Ich kann die Frage nicht spontan beantworten und das gibt mir zu denken. Freue ich mich darauf, meinen Sohn zu sehen? Ist es nicht schrecklich, dass ich überhaupt darüber nachdenken muss? Mein Schweigen sei Antwort genug, meint meine kluge Freundin und damit hat sie sicherlich Recht. Na ja, daher das Bedürfnis mit meiner allerbesten Freundin zu schwätzen. „Gute Frage“, erwidere ich leise. „Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Ich glaube, ich fürchte mich ein wenig.“
Janina holt tief Luft. Ich höre wie auch sie einen Schluck aus ihrem Weinglas nimmt, ich vermute zumindest, dass sie gerade ein Viertele trinkt, und dann mit Bedacht antwortet. Nur zwei Wörter: “Schlaf drüber.”
Ja, da hat sie Recht. Heute Abend will ich mir keine Gedanken mehr darüber machen oder zumindest versuchen, sie zu verdrängen. Im Normalfall würde ein Sohn ja kurz anrufen und seiner Mutter freudig mitteilen, dass er kommt und sich freut, sie zu sehen. Dieser Besuch hat etwas Dunkles, etwas Bedrohliches. Das sage ich meiner Freundin. Nein, meint Janina, so dürfe ich das nicht sehen. Das Verhalten ist nach unseren Vorstellungen nur nicht üblich und dadurch fällt die Stimmung eher düster aus. Aber, dass das Verhalten meiner Söhne nicht üblich ist, bekomme ich von meinen Freundinnen immer wieder zu hören. Es nimmt zwar nicht den Schmerz, hilft aber gegen die Verzweiflung anzugehen. Ich werde darüber schlafen, sie hat Recht. Und morgen werde ich mich mit meinem Anstreichen beschäftigen, darauf muss ich mich auch konzentrieren. Und George fordert mich ja auch noch.
Wie auf Kommando hob mein Kleiner den Kopf, um zu schauen, ob ich noch da bin. Als ich ihm zunickte und beruhigte, legte er sein Köpflein wieder genüsslich hin und schnaufte laut. Alles gut.
Buch lesen war nicht drin. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich beschloss noch irgend etwas im Fernsehen anzuschauen und dann ins Bett zu gehen. Nur nicht nachdenken müssen.