Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 20
CHRISTIAN UND DER FOTO-SHOOT
ОглавлениеSame procedure as everyday: Als ich mein Computer am nächsten morgen hochfuhr, hoffte ich inständig eine Antwort von meinem Sohn Max zu haben. Fehlanzeige! Warum überraschte mich das nicht? Diese Achterbahn der Gefühle ging mir so was von auf den Sack. Was sollte ich tun? Nun musste ich halt warten bis der hohe Herr sich gnädig genug fühlte, mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Den Müttern, die beim Lesen meiner Story jetzt meinen, “so etwas könnte mir nicht passieren”, denen sei getrost berichtet: Hätte ich früher auch behauptet. Nie hätte ich jemals gedacht, dass sich meine beiden Söhne als solche sozial inkompatible Hornochsen entpuppen würden. Irgendwann stumpft man ab, ist wohl eine Art Selbstschutz. Ich schaute also tief in die rabenschwarzen Augen meiner Fellnase und war wieder glücklich. Beste Therapie ever! Ich pflege immer zu sagen, im nächsten Leben gibt es bei mir keine Kinder mehr, nur noch Hunde. Meine Freunde gucken zwar alle schockiert, doch mir ist das wurscht und so was von Ernst.
Ob noch eine Verbindung zwischen Max und meinen Ex bestand, wusste ich auch nicht. Ich hatte keine Lust bei ihm anzurufen, um ggf. nur seine jetzige Partnerin, ihres Zeichens ehemalige Lehrerin für Deutsch und Sachkunde, sprechen zu müssen. Die Frau hat es schwer genug, dachte ich mir. Nein, nicht die Tatsache, dass sie mit meinem Ex leben muss, das tut sie ja freiwillig. Nein, die Dame muss sich selber mit einem ständig verschlucktem Lineal herumschlagen. Ewig aufrecht und borniert herumzustolzieren wie ein Pfau mit einem zugeklebten Federrad kann auch nicht einfach sein. Da wollte ich sie nicht mit meiner Wenigkeit belasten. Immer wenn ich anrief, hörte ich sie schon vorab förmlich in den Hörer schnaufen und ihr Gehirn rattern, während sie überlegte, wie sich mich nicht mit meinem Ex verbinden konnte. Nein, der sollte sich mal ganz alleine mit seiner Brut auseinandersetzen. Im Gegenzug wusste er ja auch, wo er mich finden könnte.
Aber George und ich mussten uns beeilen. Wir waren mit Christian in der Datscha verabredet. Er wollte sich ein Bild vom Ganzen für die zu gestaltende Webseite machen oder, besser gesagt, Fotos planen. Sowie ich mit der Renovierung fertig bin, sollten die geschossen werden. Also hieß es rasch frühstücken, Gassi gehen, Morgentoilette meines Süßen mitsamt morgendlichen Spielchen und raus aus der Tür. Aber George war glücklich, er liebte Action und war immer dafür zu haben.
Gerade aus der Haustüre raus fiel mein Blick auf den Regenbogenreigen der Körbchenhüter bei Miss Piggy auf dem Balkon. Sie war gerade dabei sie in Reih' und Glied aufzuhängen und hat uns doch tatsächlich freundlich zugewinkt. Ich winkte zurück und als George meine Blickrichtung folgte, kluger kleiner Kerl, fing er an Miss Piggy anzukläffen. Sie lachte nur. Nee, dachte ich mir, sie muss frisch verliebt sein oder warum sonst ist sie so gut gelaunt? Wie gesagt, ein mir immer fremder werdendes Gefühl. Na ja. Dann machte ich mich auf zum Kiosk an der Ecke um Butterbrezel mitzunehmen. Ich band meinen George grundsätzlich nicht vor irgendeinem Laden an. Empfand ich als entwürdigend für das Tier und ich hatte auch Angst, jemand nimmt meinen Schatz einfach mit. Also mit Tüt' und Teller beladen, liefen wir auf unseren sechs gemeinsamen Tretern Richtung Datscha. Da ein Tag ohne Kaffee für mich kein Tag ist, hatte ich als erstes einen richtig schönen kleinen Kaffeeautomaten, den ich preiswert geschossen hatte, für die Datscha erstanden. Dafür war also vor Ort schon gesorgt. Auch super Tassen hatte ich gefunden. Mit Hunden, die rein zufällig in der richtigen Farbkombination sind. Perfekt also. Und wieder dachte ich, langsam kommt doch alles zusammen.
George und ich stiefelten also zu unserer Wirkungsstätte. Christian stand schon vor der Tür. Gefällt mir. Pünktlichkeit ist mir wichtig. George mag Christian, der selbst eine große Promenadenmischung besitzt. Die Begrüßung fiel also entsprechend aus. Drinnen entledigte ich die Leine und ließ George springen. Er hatte schon in der Datscha seine Lieblingsecken, am liebsten aber saß er in dem großen, gemütlichen und gut gepolsterten gelben Sessel der am Fenster stand.
Von dort aus hatte er die ganze Straße im Visier. Christian und ich genehmigten uns also ein zweites Frühstück während wir unsere Besprechung hielten.
Ich muss tatsächlich jetzt mit dem Streichen und Dekorierten vorankommen, denn er braucht unbedingt entsprechende Fotos für die neue Webseite. Ist eigentlich gut so, ich funktioniere besser, wenn ich unter Druck stehe. Für morgen ist bei mir also erst mal streichen angesagt. Mal sehen, ob ich vielleicht einer von Christas Kids zur Mithilfe animieren kann. Ansonsten gefielen mir die Vorschläge die mein “Webmanager” machte und so ließ ich ihm eine ziemlich freie Hand. Nach zwei Stunden waren wir durch. George und ich begleiteten Christian nach draußen und beschlossen auch gleich nach Hause zu gehen.
Als wir durch den Park latschten waren viele Omas mit Kinderwagen zu sehen. Im Gegensatz zu der heutigen Generation der Handy-Mamis, haben sich die Omas tatsächlich mit ihren Enkeln unterhalten und beschäftigt. Wehmütig wurde mir dabei aber schon. Ich habe eine Enkelin die in Amerika wohnt. Die Tochter meines älteren Sohnes. Weder mein Ex noch ich dürfen zu ihr Kontakt knüpfen, da unser Filius es nicht wünscht. Soll es geben. So darf ich sie nur in den sozialen Medien auf zufällig geposteten Fotos aufwachsen sehen. Traurig. Sie kennt nur ihre anderen Großeltern und die Seite der Familie mütterlicherseits. Dass sie deutsche Wurzeln hat, wird ihr verschwiegen. Da der Kleinen keine Schuld am blöden Verhalten ihrer Eltern trifft, sende ich hin und wieder lustige Karten und Geschenke, Schokolade. Ob sie ankommen? Keine Ahnung. Man hofft und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Den ersten Zahn, die erste Gehversuche, die ersten Worte, alles ist an mir unwiederbringlich vorüber gegangen. Das alles geht mir durch den Kopf, wenn ich eine Oma mit Enkeln begegne. Aber meine Vorstellungen von Familie decken sich wohl nicht mit denen meiner Herren Söhne und damit muss ich halt leben. Deshalb bin ich auch sehr gespannt was der Jüngere jetzt gerade mit mir am Hut hat.
Wieder ist es George der mich aus meinen dunklen Gedanken holt. Uns kommt eine Dame mit einem riesigen Schäferhund entgegen. Dieser zerrt ungeniert an seiner Leine, fletscht sein schönes, scharfes Gebiss, bellt wie verrückt und sein Frauchen hat Mühe ihn mit beiden Händen festzuhalten.
Meiner knurrt schon und da ich mit 100%iger Sicherheit weiß, dass er sich nicht ausmalen kann, dass er hier den Kürzeren zieht, geh ich mit ihm wie immer in einem solchen Fall beiseite und lasse den beiden die Vorfahrt. Ich stell mich dann gewöhnlich vor meinen George und rede ihm gut zu bis der andere Hund uns passiert hat. Normalerweise funktioniert das ganz gut, doch heute guckt mein Kleiner rechts und links an meinen Knien vorbei und will sich nicht beruhigen. Als Dame und Hund in sicherer Entfernung sind, führen wir unseren Heimweg fort. Meine Fellnase fühlt sich bemüßigt sich immer wieder umzudrehen und den Kontrahenten hinterher zu knurren. Na ja, aus sicherer Distanz.....
Endlich zuhause schmeiße ich meine eingefrorenen Spaghetti in die Mikrowelle und schnibbele für George Gemüse und Äpfelchen klein. Nebenher werfe ich ein Blick auf meinen PC. Tatsächlich eine Nachricht von Max. Anfang nächster Woche wird er in der Stadt sein, wird im Best Western Hotel absteigen und hat Termine bei Daimler und diversen Zulieferfirmen. Will mich anrufen, wenn er da ist. C'est tout. Keine Fluginformationen, kein genaues Datum. Typisch. Also gut. Für mich heißt das, wichtige Termine und soviel Renovierungsarbeiten wie nur möglich noch diese Woche zu erledigen. Und wie es aussieht, darf man mich weiter auf die Folter spannen, was die Beweggründe der Kontaktaufnahme betrifft.