Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 4

WOHL BEGONNEN IST HALB GEWONNEN (HORAZ)

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George wälzte sich auf dem Rücken, alle vier Pfoten von sich gestreckt, seine süße Schnute zu einem breiten Grinsen mutiert. So liegt ein glücklicher Hund, dachte ich mir, als meine heiß geliebte Fellnase sich seines Lebens freute und sich auf meinem Ikea Teppich rekelte. George ist zur Zeit der einzige Mann in meinem Leben, teilt mit mir Tisch und Bett und fungiert als mein DOGI. Den Namen George hat er wegen seiner wunderschönen, sanften schwarzen Augen mit dem ever so treuen Blick. Als ich ihn zum ersten Mal im Tierheim sah, guckte er mich herzzerreißend mit diesen Guckern an und ich war hin und weg. Erster Gedanke? Erinnert mich an George Clooney (sorry George, du könntest aber einen schlimmeren Namensvetter haben). Ach, und DOGI heißt, er hilft mir beim Unterricht, ist sozusagen meine vierbeinige Muse. Ich bin nämlich Doga-Trainerin, YOGA + Hund (Dog) = DOGA, gebe Kurse in meiner Doga-Datscha in Esslingen und habe dadurch viele Gleichgesinnte kennengelernt, die von zweibeinigen Partnern auf der vierbeinigen Variante umgestiegen sind. Daran dachte ich gerade als ich in meiner Frauenzeitschrift blätterte und einen Schluck grünen Tee trank.

Und so will ich nun meine Story beginnen. Ich bin Christa Schellinger und dies ist meine Geschichte. George ist ein Maltipoo, also Mischung Malteser-Pudel, den ich vor drei Jahren aus dem Tierheim holte. Ich habe es auch nicht nur eine Minute bereut. Die ersten drei Jahre seines Lebens waren wohl nicht so toll und als wir zusammen kamen, konnte er rein gar nichts. Stubenrein? Fehlanzeige! An der Leine laufen? Auch nicht! Angst vor jedem lauten Geräusch? Aber hallo! Ausflippen, wenn ich den Müll herunter bringen wollte? Das auch heute noch. Eine Treppe hatte er wohl bis zu dem Zeitpunkt im Leben nie gesehen, jedenfalls wusste er nicht wie hoch oder runter und im Auto kotzte er bei jeder Fahrt. Aber, das alles war vor drei Jahren und, bis auf die Müllentsorgung, habe ich mit Geduld und Spucke den idealen Partner, der auch für sein Leben gerne mit mir umher fährt und mich überall hin begleitet. Übrigens hat er bessere Manieren als manche Gören.

Soweit meine Liebeserklärung an George. Wir zwei wohnen in einem Mehrfamilienhaus in Esslingen, das Klein Venedig des Schwabenlands, direkt an einem Kanal des Neckars und nahe an einem Park, so dass mein Kleiner seine Notdurft, die selbstverständlich ordentlich von meiner Wenigkeit entsorgt wird, bequem verrichten kann. Sechs Familien, jeweils drei Zimmer, ich im EG rechts, Miss Piggy, meine Nachbarin, im EG links. Miss Piggy ist keine Hundeliebhaberin, aber sie duldet meinen Liebling. Auch wenn George sie vom kleinen Küchenbalkon aus immer anbellt wenn sie nach Hause kommt. Obwohl ihre Wohnung die spiegelverkehrte Version meiner Wohnung ist, hat Miss Piggy keinen Küchenbalkon. Ihrer ist verglast worden und dient jetzt als Loggia. Erwähne ich nur, weil diese Loggia mir auch immer wieder gute Laune beschert. Nein, ich bin kein Voyeur. Aber Miss Piggy pflegt ihre Wäsche direkt am Fenster des besagten Anbaus zu trocknen. Insbesondere ihre Büstenhalter sind sehenswert. Sie hängen immer in Reih' und Glied auf ihrem altbackenen, hölzernen Wäscheständer mit ebenso altbackenen, hölzernen Wäscheklammern à la Oma. Immer fünf. Für jeden Tag einen? Na, wäre sicherlich nicht erheiternd, wenn diese Möpshüllen gestärkte, weiße liebes tötende Gerüste wären. Sind sie aber nicht, Miss Piggy's Büstenhalter sind Schalen BHs, Körbchengröße D und in Neonfarben. Ja, ich denke eine andere Farbe für jeden Wochentag, Neon gelb, grün, blau, pink und orange. Sie hängen immer Samstags im Fenster, nur diese Wäschestücke von den altmodischen Holzklammern gehalten. Keine Slips, keine Höschen. Immer nur diese Produktpalette. Natürlich geht meine Fantasie manchmal mit mir durch und ich frage mich, wie die dazugehörige Höschen aussehen mögen – oder trägt sie am Ende keine? Und was, wenn überhaupt, hüllen diese Lustmacher am Wochenende ein? Geht mich nichts an! Ach, und sie heißt natürlich nicht Miss Piggy. Meine Nachbarin heißt im echten Leben Antje und fährt einen dunkelblauen BMW, den sie immer direkt unter ihrer Glasloggia zu parken versucht. Komme was wolle. Sie hat lange blonde Haare und, na ja, Körbchen Größe D mit den dazugehörigen Maßen, und eine Physiognomie, die mich zumindest an diesem bestimmten Schweinestar erinnert. Den dazugehörigen Kermit habe ich bei ihr noch nicht entdeckt. Soviel dazu. Seitdem heißt Antje bei mir nur noch Miss Piggy. Nichts für Ungut, Kleine.

In der Wohnung über uns wohnt ein schwuler Friseur. Wahnsinnig netter Typ, hat einen Kater, der Mephisto heißt und der einen Buckel macht, wenn er George nur von weitem sieht. Ihm gegenüber wohnt Frau Holle (na eigentlich Frau Schwartz). Sie ist Rentnerin und auch ganz toll lieb. Sie bäckt doch tatsächlich Hundeleckerli für George und passt auch mal auf ihn auf, wenn ich abends ohne ihn weg muss (kommt nicht oft vor und eigentlich immer seltener). Unterm Dach wohnen Max und Moritz (diesmal kein Spleen von mir, die zwei Studenten heißen tatsächlich so). Von denen sehen und hören wir wenig, da sie an der TH studieren und nur wenig daheim sind. Ja, soviel zu unserem ehrenwerten Haus. Die sechste Wohnung steht zur Zeit noch leer.

Und nochmal zu meiner Person, nein, ich bin weder Esoterikerin, homosexuell, noch bin ich eine Männer verachtende Amazone, habe aber viele Freunde die sich so katalogisieren lassen und die ich alle liebe. Aber ich persönlich war sogar schon mal verheiratet, habe zwei erwachsene Söhne, die allerdings der Meinung sind, sie hätten im Mutter-Roulette eine Niete gezogen. Aber mehr dazu später. Das Weiterlesen lohnt sich, gibt hoffentlich einige Lach- und Aha-Momente mit Wiedererkennungswert. Und abgesehen von einigen amourösen Abenteuern, bin ich bisher bekennender Single. Und ist die Liebe zu meinem ehemaligen Göttergatten inzwischen glücklich den Neckar hinab geflossen, so ist meine heiße Liebe zu diesem schmucken mittelalterlichen Städtchen Esslingen geblieben und ich hänge hier unwiderruflich fest.

Meine Brötchen verdiene ich jedenfalls mit Doga-Unterricht, will heißen, ich bin zertifizierte Yoga-Lehrerin und gebe jetzt eben Unterricht in Yoga mit Hunden. Nein, die Vierbeiner müssen sich nicht verrenken, auf dem Kopf stehen oder die Hinterpfoten verbrezeln. Aber mitmachen tun sie auch so nicht ungern.

Ein netter Nachbar mit einem alten Laden hat mir seine Räumlichkeiten umsonst zur Verfügung gestellt und so muss ich nur Strom und Wasser zahlen. Alles Paletti, ansonsten könnte ich es wahrscheinlich nicht stemmen. Aber George und ich kommen glücklich über die Runden.

So, und nun erst einmal stenographisch zu meinen lustigen Mitstreiterinnen, die alle auch eine interessante Story zum Besten geben können und ohne die ich nicht die wäre die ich bin.

Als erstes denke ich an Janina Ruprecht (mit dem Knecht weder verwandt noch verschwägert). Zweiundvierzig Jahre alt, Mutter einer zwölfjährige Tochter, alleinerziehend und – 1,32m groß. Nein, das ist im Grunde nicht wichtig, nur ggf. interessant wenn man bedenkt, dass es sich bei ihrem Haustier und DOGI um eine Deutsche Dogge handelt. Homer misst alleine schon stolze 80cm. Janina ist eine sehr interessante Persönlichkeit. Ingenieurin von Beruf, freiberuflich tätig, arbeitet von Zuhause aus und hat schon jede Menge Lover gehabt. Aber auch sie findet, dass ihr Frauenhaushalt optimal von Homer ergänzt wird. Will sagen, Hausschuhe und Zahnbürste darf keiner bei ihr dauerparken. O-Ton Janina „hier werden Männer nur ambulant, nicht stationär behandelt“. Aber zu ihrer Story auch noch später. Stay tuned, es könnte Ihnen gefallen. Auch zu der Geschichte von Homer. Denn die meisten Hunde, die hier mit von der Partie sind, sind aus dem Tierheim adoptiert worden.

Dann kommt unsere geliebte Gerri. Geraldine Mason, eine Afroamerikanerin, Leutnant der U.S. Army, die in Stuttgart-Vaihingen stationiert ist und in Esslingen wohnt, einfach weil sie dieses wunderschöne malerische Städtchen so “beautiful” findet. Gerri ist vierzig, solo, und hat ihren Hund Heinz aus dem Tierheim in Esslingen geholt. Sie wird noch eine Weile in Germany sein, doch wenn sie geht, dann wandert der liebe Heinz mit nach USA aus und wird dort wohl ein Hot Dog. Ohne ihren Heinz geht gar nichts. Er heißt übrigens so angelehnt an den amerikanischen Werbeslogan der Firma Heinz aus dem Jahre 1896, wonach die Firma 57 verschiedene Variationen von Produkten angeboten hat. Na ja, und da Heinz ein undefinierbarer Mischling ist, war Gerri der Meinung, dass Heinz geradezu prädestiniert war so zu heißen. Heinz ist ein braun-weißer Knuddelhund mit Dackelblick und Schnute, Terrierohren und langen Schwanz der ständig in Bewegung bleibt. Eine richtige Knutschkugel und er macht bei unserem DOGA- Unterricht immer ganz toll mit. Und Gerri ist durchtrainiert. Außer unserem DOGA joggt sie regelmäßig und boxt auch noch. Und wenn sie lauthals lacht, müssen wir alle einfach mit einstimmen. Ist ansteckend. Warum Gerri solo ist? Auch hierauf kommen wir noch.

Auch meine Namensvetterin Christa ist Anfang vierzig, verheiratet, hat zwei Kids im Teenage-Alter und eine Berner Sennenhündin namens Amy. Amy ist ebenfalls drei, hat die Ruhe weg und meint trotz ihrer Größe ein Schoßhündchen zu sein. Auch sie kommt gerne zu den DOGA Treffs. Christa ist Bankkauffrau, sportlich und mit einem Kollegen verheiratet, den sie noch von der Schule her kannte. Na ja, kann es auch geben. Ist wohl mehr oder weniger glücklich verheiratet und mehr oder weniger Mutter zweier pubertierender Kinder, dafür aber überzeugte Mami ihres Berner Sennenhundes Amy. Auch Christa hat eine Story, die zwar aufgeschoben, doch nicht aufgehoben wird. Sie ist die einzige der Mädelrunde, die noch in einer festen Beziehung steckt.

Rauhaardackel Rupert hat auch ein pfiffiges Frauchen, nämlich die Mariela. Mariela ist fünfundvierzig und Physiotherapeutin von Beruf. Rupert ist immer dabei, hat gelernt, sich ganz ruhig mit im Raum zu verhalten, wenn Patienten zur Behandlung kommen. Er ist überhaupt ein Käpsele. Rupert hat Mariela übernommen als er erst ein Jahr alt war. Seine Familie “musste” wegziehen und “konnte” ihn nicht mitnehmen. Daher kein „Heinz 57“ sondern ein reinrassiger Mitglied unserer Runde. Übrigens betone ich “musste” und “konnte”, weil das für mich sehr faule Ausreden sind. Sich einen Hund anzuschaffen, heißt eine Verpflichtung einzugehen, und zwar eine lebenslange, solange die Fellnase halt lebt. Es sind Familienmitglieder und keine Möbelstücke, die man nach Belieben ausrangiert. Ja, da kann ich fuchsig werden. Aber der 6-jährige Rupert hat es genial getroffen, wird auch heiß geliebt und, da Mariela auch mehr oder minder solo ist, ist er Herr im Horst und sehr glücklich.

Last not least, unser Küken, nämlich Sarah. Kosmetikerin und Fachverkäuferin ihres Zeichens. Sie ist erst sechsundzwanzig Jahre jung und, was Männer betrifft, ein gebranntes Kind. Natürlich wird sich das ändern, tut es auch fast täglich, dafür hat sie Mopshündin Lotta. Lotta bekam sie zum Abitur geschenkt und die kleine, sehr bestimmende, Dame wird nun stolze sieben Jahre alt. Kein Alter für einen kleinen Hund, da die Kleinen wesentlich länger leben können als ihre größere Artgenossen. Sie kommt auch gerne zum DOGA, macht aber nur die Asananas mit, dir ihr genehm sind. Als sie zu uns stieß, trug Sarah nicht nur sau teure Yoga Klamotten (wir anderen begnügen uns mit dem, was Lidl, Aldi und C & A hergeben, will sagen, muss die Kasse nicht sprengen), zwei Paar falsche Wimpern (kein Scheiß) und 3 cm lange, knallbunte Fingernägel. Okay, den Zahn haben wir der Lady bei unserem ersten gemeinsamen Stammtisch dann gezogen. Seitdem ist Sarah, na sagen wir, modemäßig von XXL zur Normalgröße geschrumpft, dafür aber mega zufrieden. Der Stammtisch bescherte Sarah auch eine Alternativlösung für die Unterbringung von Lotta, wenn sie arbeiten muss. Normalerweise ist Sarahs Mutter die Hundesitterin erster Wahl, doch wenn das mal nicht klappt, dann kann sie Lotta jetzt zur Mariela bringen, denn Rupert und Lotta finden sich gegenseitig richtig gut.

Alle unsere Vierbeiner harmonieren und so machen die DOGA Sessions richtig Spaß, sie machen alle super gut mit und es gibt nie Zoff. Ein Bild für die Götter, wenn sie wie die Orgelpfeifen aufgereiht dastehen und warten, bis wir die Matten ausgelegt haben. Mein George und Lotta sind die Kleinsten, gefolgt von Rupert und Heinz, Amy und Homer zieren dann den guten Schluss. Irgendwie bringen sie es auch jede Woche fertig, sich so aufzustellen. Wir sind natürlich auch die Schau, wenn wir uns mitsamt Fellnasen, ebenfalls einmal wöchentlich, zum Stammtisch treffen. Im Sommer gerne in einer der vielen schönen Gartenlokale unserer wunderschönen Stadt oder auch im Restaurant Palmscher Bau mit den schönen Holzdielen, worauf sie alle sechs schön unterm Tisch Platz finden. Oft treffen wir uns auch bei einer von uns Zuhause, bis auf bei Sarah, da sie noch bei ihren Eltern wohnt.

Na ja, nun seid ihr im Bilde und wir können mal so richtig zusammen loslegen.

Doga Datscha

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