Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 23
MAX
ОглавлениеDas blinkende Telefon am nächsten Morgen erinnerte mich daran, dass mich jemand hat erreichen wollen. Es war Max. Erst meldet er sich fast ein Jahr lang nicht und nun dauernd. Auf meinen Nerven hätte man seiltanzen können. Ich solle ihn doch unbedingt zurückrufen. Leichter gesagt als getan mit einem sechsstündigen Zeitunterschied. Also, heute Nachmittag irgendwann. Der Junge hat mich schon so viele grauen Haare gekostet, dass es auf einige mehr oder weniger nicht mehr ankommt.
Heute würde ich schauen müssen, wie trocken die Farbe schon ist, damit ich auch Verschönerungen, sprich Bilder aufhängen, Spiegel, Kleiderhaken, in Arbeit nehmen kann. Ich kann Max ja auch von der Datscha aus anrufen. Aber erst mal in die Stadt, um noch Kleinigkeiten zu finden. Ich beschloss ausnahmsweise mit dem Auto in die Stadt zu fahren, um die Einkäufe besser transportieren zu können. George fährt nur einmal gerne Auto und war ganz aufgeregt, als ich mir die Autoschlüssel vom Brett schnappte.
Wir zwei machten uns also auf zu unserem Stellplatz. Tür auf, George rein, angeschnallt und da gesessen wie Graf Rotz. Es kann losgehen, meinte er. Neben meinem Wagen stand der BMW von Miss Piggy. Normalerweise war sie um diese Zeit schon bei der Arbeit. Hm. Heute aber nicht. Heute stand ihr Wagen auf dem Parkplatz vor ihrer Loggia. Ich schaute kurz zum verglasten Balkon. Kein Wäscheständer aber eine Nachbarin, die ängstlich durch die Gardine lugte. Notiz an meine Wenigkeit, mal nach ihr schauen, wenn wir Heim kommen.
Wir parkten in der Tiefgarage im zentral gelegenen Parkhaus ES und machten uns, wie immer, auf den Weg zu den Fahrstühlen. Ich hätte ja George die Treppe hoch tragen können, doch er tänzelte immer so gerne zu den Fahrstühlen und es gehörte einfach zu unserer Zeremonie.
Heute aber Auftritt flegelhafter Jüngling. Der junge Mann schien eine Freude daran zu haben, sich zu trollen und mitten im Türrahmen des Durchgangs zu platzieren, um anderen genau diesen zu verwehren. Ich machte eine tiefe Ommm-Atmung, versuchte mich in Geduld zu üben und dachte mir, nun ja. Endlich durch die zwei Türbögen durch und am Fahrstuhl angelangt, stand bereits eine ältere Dame vor den Türen. Wir zwei, George und ich, stellten uns also brav hinten an. In dem Moment kommt mein jugendlicher Freund mit einem älteren Kollegen an. Kollege weil beide die gleichen Firmenklamotten trugen. Dieser meinte, “lass uns doch laufen”, doch der faule, jüngere Sack (man entschuldige meine Ausdrucksweise) meinte, “nee”, er wolle Fahrstuhl fahren. Seinen edlen Körper hätte das Treppensteigen gewiss keinen Abbruch getan. Im Gegenteil!
Just in dem Moment gingen die Türen des Stuhls auf und, haste nicht gesehen, schiebt sich der Jüngling an allen Wartenden vorbei. Sein älterer Kollege überließ uns Damen und meinem Vierbeiner dann den Vortritt, wofür er von mir ein lautstarkes und herzliches Dankeschön erntete. Ich stellte mich mit meiner Fellnase hinten an die Wand und als wir dann das entsprechende Stockwerk erreichten, gleiches Spiel. Das Hoppla-Jetzt-Komme-Ich Exemplar der jüngeren Generation schob sich hinaus, trat über meinen George hinweg und ihm fast auf den Schwanz. Da erlaubte ich mir, ihn darum zu bitten aufzupassen. Dieser junge Macho drehte sich doch tatsächlich frech herum und meinte “worauf denn?”. “Na auf meinen Hund (du Depp), wenn Sie auch sonst keine weiteren Manieren zu haben scheinen“, antwortete ich. Darauf der alte Besen (man möge mir wieder bitte meine Ausdrucksweise verzeihen) “Stellet Sie sich nett so ah, ischt ja nix passiert”. Und das, obwohl der Mini-Macho sie auch fast über den Haufen gerannt hatte. Da ich noch einen Stockwerk zu fahren hatte, warf ich dem Besen noch eine “blöde Kuh” hinterher und war ganz und gar nicht mit meinen Mitmenschen einverstanden. Was ist nur los mit Leuten heutzutage? Sie laufen alle hibbelig herum, wie von der Tante Ella gestochen und nur darauf aus, irgendwo Stunk zu machen. Na gut, heute gehörte ich wohl auch dazu, denn schlechtes Benehmen kann ich den ganzen Tag nicht ab. Nur schnell meine Einkäufe holen und weg hier. Es reichte!
Heute schien auch noch Tag der trollenden Kids zu sein, obwohl es ein Schultag war. Handy in der Hand, Ohrstöpsel des Players platziert und vielleicht noch gruppenweise, aber auf jeden Fall mit Attitüde “mich juckt es nicht, ich habe Zeit”. Einen vorbeilassen, Tür aufhalten? Fehlanzeige! Macht einfach keinen Spaß mehr. Das Wort “Entschuldigung” scheint Knigge-mäßig total out zu sein. Ersetzt durch “Kannste nicht aufpassen?”. Und, wenn überhaupt, dann duzen wir uns ja alle.
Also, ich werde das auch in meinen Kursen machen. Das duzen meine ich. Aber, man kann “Du” sagen und sich gegenseitig als “Sie” behandeln. In der heutigen Welt wird das Wort “Du” jedoch oft mit „Du Arsch“ oder „Du Alte“, oder etwas ähnlich Erhebendes verknüpft. Insofern wird Respekt (und das ist bitte was?) sowieso größtenteils mit Füßen getreten. Ich finde das schrecklich und oute mich dadurch wohl als Dinosaurier. Macht nichts, ich stehe dazu. Selbst dann wenn ich im Fernsehen während einer Reklame geduzt werde, stellen sich schon meine Nackenhaare auf. Ich kann es einfach nicht leiden. Wie kommt jemand dazu, jemand, der mein Enkel sein könnte, mich einfach so vertraut anzusprechen. Flapsig ist das. Om....Durchatmen. Wegstecken und weggehen. Kommentarlos, ist wohl am effektivsten. Schön ist anders. Sagte ich schon mehrfach, gell?
Ich holte mir noch einige Kosmetika, wobei George großen Lob dafür erntete, dass er sich so lieb hingesetzt hat und so geduldig war. Nicht nur von mir, sondern auch von der Verkäuferin und den anderen Kunden. Ist ja mein Reden. Vorzugsweise immer eine Fellnase für mich.
Wir pudelten dann zurück zum Parkhaus und ich hoffte inständig, dass mein Bedarf an Idioten heute abgelacht war. War er! Wir kamen sowohl gut und unbehelligt in den Fahrstuhl herein als auch wieder hinaus. Im Auto erhielt mein Süßer Wasser und ein Leckerli und dann sputeten wir uns mit unseren Einkäufen nach Hause. Da waren meine Gedanken schon bei Fräulein Antje alias Miss Piggy. Also, auf zur nächsten Baustelle.