Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 19
DIE BANK CHRISTA
ОглавлениеAls am nächsten morgen das Telefon recht früh läutete, dachte ich schon mein Sohn wollte mich erreichen. Ich Idiot. Never ever. Nicht einmal die E-Mail war bereits beantwortet.
Es war Christa. Yikes, dachte ich, mach bitte nicht, dass die Finanzierung meines Traumes nun doch durchfällt. Christa fragte, ob ich Zeit hätte, sie zum Mittagessen in einem Lokal nahe der Bank zu treffen. Das klang nicht gut. Ich fragte gleich, ob es Probleme mit der Finanzierung gäbe und hielt die Luft an, ganz sicher, dass der Hammer gleich nieder rasseln würde. Aber Christa lachte. Nee, genau genommen, hätte es überhaupt nichts mit mir zu tun. Sie wolle nur, nein müsse, mit mir reden. Klang zwar auch nicht toll, hat mich aber fürs Erste beruhigt.
Ich ging ausgiebig mit meinem Kleinen spazieren und plante ihn schön zu füttern und zuhause zu lassen. Sonst darf George ja wirklich überall mit aber irgend etwas sagte mir, dass meine Freundin Christa heute diese Christa ungeteilt benötigte. Er würde es verstehen. Insbesondere durch die Unterstützung der Leckerli und der Lieblingsdecke am sonnen durchfluteten Wohnzimmerfenster. Anschließend würden wir beide wieder toben. Also fuhren wir jetzt zur Katharinenlinde, unser Naherholungsgebiet und Hunde Piste Numero Eins, hoch und machten eine richtig große Runde. George genoss es immer, wenn er mit mir alleine sein konnte und heute Vormittag waren wir doch tatsächlich mutterseelenallein auf der Route. Es war ja ein Wochentag und, da es noch recht früh war und etwas frisch, tat sich nicht viel. Nur ein Paar wenige Gütlesbesitzer die Whatever ernteten.
Anschließend tranken wir noch einen Kaffee in der Gaststätte am Sportplatz und hielten einen Plausch mit weiteren Freunden, die das Lokal dort betreiben. Der Kellner liebt George und so sprang für ihn immer noch ein Leckerli mitsamt Streicheleinheiten heraus. Ich hoffte, dass mein George damit erst mal die richtige Bettschwere für später erlangen würde. Auf dem Heimweg im Auto rollte er sich jedenfalls schon gemächlich zusammen und schnarchte einige Runden.
Zuhause angekommen fütterte ich meinen Süßen und, nachdem er sich freiwillig an seinem Fensterplatz niedergelassen und ich auch noch DOG TV eingeschaltet hatte, um ihn eine entsprechend geruhsame Geräuschkulisse zu bieten, verabschiedete ich mich auf Französisch.
Da die Bank nicht weit weg lag und das Wetter mittlerweile traumhaft geworden war, beschloss ich mich per Pedes zum Treffen zu begeben. Ich schaffte es, kam auch gerade dort an als Christa das Gebäude verließ. Besser ging es nicht. Wir umarmten uns kurz und machten uns auf den Weg zum Lokal. Wir wählten einen kleinen neuen Laden mit Gerichten à la Oma. Nicht viel Publikumsverkehr, klein und schnuckelig. Wir nahmen hinten Platz, da Christa offenbar reden wollte.
Es dauerte nicht lange, da legte Christa auch schon los. Sie hätte das Gefühl zuhause ausgenutzt zu werden. Der Ehemann, die Kids, alle saugten sie nur aus, dabei war sie auch fulltime im Job unterwegs. Momentan wäre Amy oft ihr einziger Trost. Ich ließ sie reden, und das tat sie auch, wie ein Wasserfall. Wir bestellten diskret zwischen Wortschwallen und ich musste überhaupt nichts sagen, nur meine aufgesperrten Lauscher zur Verfügung stellen. Was ich natürlich auch sehr gerne tat. “What are friends for?”, hätte Geraldine jetzt gesagt. Ganz besonders Girlfriends. Gute Girlfriends. Eine ganz besondere Spezies. Ersetzen jeden Psychiater, sage ich immer. Christa befand sich wirklich in einem schwarzen Loch. Mit Rat konnte ich kaum zur Verfügung stehen. Meine Ehe war ja schon längst den Weg aller Dinge gegangen und meine Kinder? Nein, hier war wirklich nur mein Zuhören gefragt.
Wir brachten es aber tatsächlich fertig, einen wunderbaren, dicken Gemüseeintopf zu uns zu nehmen und bestellten dann auch noch hausgemachten Apfelkuchen mit Schlagsahne und Espresso. Wat mutt, dat mutt. Und Oma wusste ja schon immer am besten, dass ein gut gefüllter Magen Nerven beruhigend wirkt. Der Zauber wirkte tatsächlich.
Danach fühlten wir uns beide besser. Gesättigt auf jeden Fall! Aber Christa tat einen tiefen Seufzer und bedankte sich für die Hilfe. Ja, heftiges Augenzwinkern. Welche Hilfe denn? Hauptsache sie fühlte sich besser. Manchmal muss man sich nur auskotzen können, um die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken. Christa meinte, ich hätte Recht (womit bitteschön, da ich noch keinen Ton von mir gegeben habe?), sie würde mit ihrem Mann sprechen und den Kids auch entsprechende Aufgaben zuweisen, damit sie entlastet wird. Gute Sache! Ich griente mir einen. Aber in dem ich stoisch da gesessen habe, war ich wohl die größte Hilfe. Sie hatte sich selbst therapiert und gut wars. Für mich dachte ich nochmal, was nutzt uns politisch eine Frauenquötchen, wenn wir dringend im häuslichen Bereich eine Männerquote bräuchten. Nach dem Motto: So und soviel Prozent der Hausarbeit ist – nachweislich – vom Testostertonträger des Hauses zu erledigen.
Wir liefen noch zusammen zur Bank. Christa drückte mich ganz toll und meinte nochmal, ich wäre ihr eine riesige Hilfe gewesen. Ich hätte rot anlaufen sollen, doch das schenkte ich mir. Ich drückte zurück und machte mich auf dem Heimweg zu meiner Fellnase.
Finanzierung für die Doga Datscha gesichert und meine Freundin auf einen guten Weg. Es könnte nicht besser sein.
Als ich die Tür aufschloss, schoss mir George entrüstet entgegen, machte einen auf beleidigte Leberwurst und schleckte mich dann von oben bis unten ab. Ich machte den Fernseher aus, holte seine Leine und auch seine Welt war wieder in Ordnung. Ein richtig schöner Christa-Tag! Für beide Christas. Um mir den Tag nicht zu verderben, schaute ich auch nicht mehr meine E-Mails an, machte einfach den Kasten aus. Morgen ist auch noch ein Tag.
Beim Spazierengehen kam mir aber doch kurz der Gedanke, dass es schon schön wäre, sich mal wieder richtig verlieben zu können. So mit Bauchkribbeln und allem drum und dran. Ich glaube, der Vorgang an sich würde mir schon genügen, nur um zu merken, dass es noch funktioniert. Der vermeintliche Partner müsste nicht unbedingt bei mir sesshaft werden. Man, was mir alles durch den Kopf schoss. Schnell weg schütteln und sich auf deinen jetzigen und nebenher springenden Lebensabschnittspartner konzentrieren!