Читать книгу Doga Datscha - Gabriele Boecker - Страница 22
DER FARBTOPF, DER PINSEL UND CHRISTA
ОглавлениеIm Bett fiel mir heute morgen noch ein, dass die Lieferung der Matten für diese Woche avisiert wurde. Notiz an mich selbst: Heute kurz telefonisch nachhaken. Muss auch noch Gurte und Blöcke bestellen, fällt mir ein. Das kann ich aber auch im Internet besorgen. Muss aber gemacht werden! Gegebenenfalls sollte ich auch noch einige große Würfel besorgen. Es gibt noch so vieles zu bedenken.
Ich werde heute morgen mit dem Streichen anfangen. Heute Nachmittag kommen dann Christas Kids, Moritz und Mandy um zu helfen. Das Schöne ist, die Bezahlung darf als spendierte Pizza erfolgen. Eine meiner einfachsten Übungen. Da müssten wir heute einiges gebacken bekommen. Gegen Abend schaut vielleicht noch Geraldine vorbei und vielleicht gehen wir dann mit George und Heinz auf einen Absacker. Mal schauen.
Der Tag hat noch nicht richtig angefangen und er ist schon voll gestopft. Und zu allem Überfluss läutet nun das Telefon. So früh am Morgen verheißt das nichts Gutes. Es ist Sarah. Sie muss zu einer Fortbildung, ihre Mutter ist verreist und sie fragt, ob ich heute auf Lotta aufpassen könnte. Mariela, die Lotta sonst gerne nimmt, ist ausgerechnet auch mit ihrem Rupert Kursmäßig unterwegs. Na ja, ich kann nicht versprechen, dass es nicht anschließend Mops mit gelben Sprenkeln gibt, aber ob nun ein Hund oder zwei umher wuseln, darauf kommt es nicht an. Nur zu. Sie bringt mir Lotta gleich in die Datscha vorbei. Da wird George wenigstens heute Gesellschaft haben. Ich werde einen zweiten Stuhl ans Fenster schieben und stecke gleich einige zusätzliche Hundespielzeuge in meine Tasche.
Ich füttere meinen Kleinen und packe für ihn und Lotta eine Vesperbox ein. Damit dürften wir an alles gedacht haben – hoffe ich. Wenn nicht, holen wir uns was von der Nachbarkneipe. Nur nicht verrückt machen lassen. Also, meine alten zerlöcherten Jeans aus dem Schrank und ein ausrangiertes Sweatshirt, noch ein Nickituch für meine Haare und gut ist. Ich beschließe die Sachen in eine Tüte zu packen, da George schon die ausgewählten Klamotten recht missmutig beäugt hat, als wollte er sagen: „Das kann wohl nicht dein Ernst sein, so gehe ich mit dir nicht auf die Gasse“. Würde er auch nicht, mein kleiner Ästhet.
Noch kurz eine mentale Checkliste durchgehen, habe ich an alles gedacht? Also ab, es gibt viel zu tun, packen wirs an!
Wir zwei holen uns wieder Butterbrezel und ich hole ein Tafelbrötchen für George. Ab und wann mag er einfach Brötchen. Mal sehen, ob auch Lotta die mag. Tür aufschließen, Kaffeemaschine anschmeißen, Klamotten wechseln und los gehts.
George hat es sich schon auf seinem Sessel gemütlich gemacht und ich habe gleich den älteren Sessel aus dem Hinterzimmer ebenfalls ans Fenster geschoben, damit auch Lotta einen Platz hat. Gerade rechtzeitig, denn schon klopfte Sarah an die Tür. Beladen mit Tüten für ihren kleinen Mops, Fressen, Deckchen und Lieblingsspielzeug kam sie herein, legte alles hin, bedankte und verabschiedete sich gleichzeitig. Lotta fühlte sich gleich wohl, George hieß sie willkommen, die beiden sprangen noch eine Weile herum und machten es sich dann in den bequemen Sesseln gemütlich. Ich stellte ihnen noch eine Schüssel Wasser hin und fing an die eine Wand zu streichen. Ich stellte mir noch das Radio an und, sehr zum Leidwesen meiner Fellnasen, sang ich auch lauthals mit, pinselte sozusagen im Tanzen. George und Lotta schauten angewidert aus dem Fenster. Die Zeitansage im Radio erinnerte mich daran, dass ich unbedingt noch eine Wanduhr besorgen muss.
Die erste Stunde ging flott vorbei und meine zwei Fellnasen waren die reinsten Engel. Ich kam wirklich weit, war bereits mit der einen Wand ganz fertig und war gerade dabei sie zu bewundern als mein Handy klingelte. Ich stellte das Radio ab und ging unverrichteter Dinge ran nur um das Teil fast aus der Hand fallen zu lassen als ich die Stimme meines Sohnes erkannte.
Mir, die nun wirklich selten auf den Mund gefallen ist, blieb buchstäblich die Spucke weg. Ich hörte nur “Hallo Mama, bist du noch dran?”. Ja klar bin ich dran. Wo sollte ich den sonst sein? Ich antwortete also “Ja, was gibts”. Gehts noch? Was Blöderes ist mir nicht eingefallen?
Er wollte den Termin bestätigen und fragen, ob er nicht vielleicht doch bei mir unterkommen könne? Er plane gerade seine Reise und es sei ja unsinnig in ein Hotel zu gehen, wenn er doch Hotel Mama vor Ort hat. Gut, Hotel Mama hat er nicht gesagt, aber summa summarum war das genau was er meinte. Wieder schoss es mir durch den Kopf, warum freust du dich nicht? Warum? Weil ich es einfach nicht kann. Die Freude ist mir vergällt worden. Gesagt habe ich “na klar, kein Problem. Hast du ein Auto oder soll ich dich vom Flughafen abholen?”. Gedacht habe ich: spinnst du jetzt, sonst noch was? Lässt ewig nichts von sich hören und dann bist du über bemüht ihn in den verlängerten Rücken zu kriechen? Meine Physiognomie muss entsprechend ausgesehen haben, denn ich stellte fest, dass mich zwei Hunde anstarrten, offensichtlich ganz fasziniert von meiner Mimik – und ein wenig entgeistert.
Er wollte noch etwas erwidern, da meinte ich, “sei mir nicht böse, ich habe George hier und fungiere gerade auch heute als Hundesitterin. Die beiden Vierbeiner müssen raus, E-mail mir doch die Einzelheiten. Alles Liebe, Tschüssi.” Tschüssi? Schwärzer könnte der Tag nun kaum werden. Hatte ich gerade meinen Sohn abgehängt? Ja, hatte ich.
Ich beschloss also eine Pause einzulegen um den Kopf klar zu bekommen. Nun hieß es Leinen los. Ich holte beide Leinen und schon rasten mir acht kurze Beinchen freudig entgegen. Raus aus der Tür, abschließen und ab in den Park mit euch.
Um die Mittagszeit war es nicht zu belebt und so konnte ich die beiden getrost und in Ruhe schnüffeln lassen, eine leere Bank lockte. Ich setzte mich hin und bekam den Kopf einfach nicht frei. Mit einem Auge auf die Fellnasen versuchte ich mich nur mit der Datscha und alles was dort noch anlag zu beschäftigen. Es war nicht wenig. Eine Wanduhr die zum Thema passte musste noch her. Ich hatte heute morgen eine Wand fertig gestrichen, sprich es standen noch drei weitere Wände und der hinterer Raum an. Wir drei ließen es uns eine halbe Stunde gutgehen und ich beschloss mir etwas zum Essen beim Café an unserer Ecke zu holen. Ein älterer Herr mit einem Dackel nahte und so überlegte ich dieses Treffen noch auszusitzen. Ging aber gut. Der Herr grüßte freundlich und George, Lotta und der Dackel begrüßten sich ebenfalls freudig, machten ihre Schwanzrunden und alle führten dann ihre Wege fort. Unser Weg führte zurück via Café. Gerade zurück machte ich mir einen frischen Kaffee, machte den beiden Hunden etwas zu essen und setzte mich hin um einen delikaten Maultaschensalat zu verspeisen. Der war wirklich köstlich und, als die Sättigung einsetze, wurde ich so allmählich wieder ruhiger.
Nachdem ich mir noch ein Stückchen Schokolade gönnte, überlegte ich, was ich für meinen hohen Besuch nächste Woche brauchte. Mir fiel nichts ein. Schlimm zu sagen, dass das eigene Kind ein Fremder geworden ist. Ich habe keine Ahnung was Max gerne isst, ob er er gerne Bier oder Wein trinkt oder Alkohol überhaupt, was er gerne frühstückt, wenn überhaupt. Früher war Frühstück nie sein Ding und eher ein gutes Essen abends wichtig. Aber jetzt? Was jetzt? Nun, ich würde das Übliche besorgen, Sachen die ich eh für mich im Hause habe. Müsli, Obstsäfte, verschiedene Käsesorten und gutes deutsches Brot dürfte auch nicht verpönt werden, wenn man aus Amiland kommt. Ob er das Bad noch Unterwasser setzt wenn er duscht? Früher war das immer eine Katastrophe. Das konnte er nur einmal gut. Stundenlang duschen und dann einen verdampften Spiegel und Land unter hinterlassen. Aber er ist ja erwachsen geworden, tröstete ich mich selbst, und lebt mit einer Partnerin zusammen, soweit ich informiert bin. Ob sie ihn diesbezüglich hat umerziehen können? Schaumermal. Bin auch sehr gespannt, wie George auf Max reagiert.
Als die Tür buchstäblich aufflog und uns drei dabei aufschreckte, verabschiedeten sich meine diversen Gedanken. Gut so. Moritz und Mandy kamen in Arbeitsklamotten herein, begrüßten mich und die Fellnasen ganz herzlich und dann ging es schon an die Arbeit. Bis Geraldine und Heinz so gegen 17 Uhr eintrudelten, waren wir fast mit dem Streichen fertig. Ich bot an eine Pizza zu bestellen, doch die Kids wollten unbedingt Heim und noch Hausaufgaben und Hastenichtgesehen erledigen. Ich löhnte also und Geraldine und ich genehmigten uns noch einen kurzen Espresso während Heinz, Lotta und George ein wenig herumtollten.
Während wir schwätzten fing ich an, unser Malwerkzeug wegzuräumen und aufzuklaren, kippte das Fenster und war ganz guter Dinge. Um 18 Uhr trudelte dann auch noch Sarah ein um Lotta zu holen, die mittlerweile von dem aktionsreichen Tag fix und alle war. Da Geraldine und ich beschlossen hatten noch einen Happen essen zu gehen, schloss sich Sarah an. Weil uns nach herzhafte „Schwäbische Kost“ zumute war, gingen wir, wie so oft, in den Palmschen Bau in der Fußgängerzone. Wir hofften auf das große Glück einen schönen Ecktisch zu bekommen. Dann könnten unsere drei Vierbeiner bequem unter dem Tisch poofen. Gesagt, getan und Glück gehabt. Wir Mädels schnabulierten und genossen unsere Viertele während an unseren Füssen allseits zufriedenes Schnarchen ertönte.
Als George und ich später nach Hause kamen, nahm ich einige Yogabücher zur Hand und beschloss mich mit Lehrplänen zu beschäftigen. George begab sich sofort in seinen mit Daunenkissen versehenen Lieblingssessel und ich mich aufs Sofa. Als mein Telefon klingelte, überließ ich dem AB das Gespräch. Ich wollte heute problemlos schlafen können. Noch ein heißes Bad und ab in die Federn.