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Zum Handwerk der Stadtplanung

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Fragt man nach dem Wesen einer solchen Ordnung, so zeigt sich jenes Spannungsverhältnis zwischen kurzfristiger Festlegung von Teilbereichen und langfristigem Offenhalten der Entwicklung für noch unbekannte künftige Ansprüche, das bereits dargestellt wurde. Im Grundsatz geht es also um eine in geordneten Bahnen verlaufende Entwicklung, um den reibungslosen – und zu diesem Zweck koordinierten – Ablauf von Veränderungsprozessen. Aber auch das wäre noch zu hoch gegriffen, denn nicht alle Reibungen innerhalb einer Stadt lassen sich vermeiden, viele erwachsen aus dem Wesen der Stadt, aus dem Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen und Tätigkeiten auf engem Raum. So kann es also schließlich nur um eine Verringerung der Reibungen gehen – oder, positiv gewendet, um eine Koordinierung der menschlichen Ansprüche an den Raum in der Stadt, um ihren möglichst weitgehenden Ausgleich auf der Grundlage sorgfältiger und vorausschauender Abwägung.

Diese Ansprüche erwachsen auf verschiedenen Ebenen – als Anforderungen an die unmittelbare Wohnumwelt, an das Stadtviertel, an das städtische Gesamtgefüge. Auf allen solchen Ebenen ist deshalb Planung erforderlich, aber sie wird jeweils auf unterschiedliche Inhalte gerichtet sein: Der visuell auf einen Blick erfassbare Umraum der Wohnung – Baukörper, Dachform, Bepflanzung, Straßenpflaster – muss anders interpretiert und behandelt werden als das Stadtviertel mit seinen Beziehungen zwischen der Wohnung und den Einkaufsmöglichkeiten, der Schule, den Haltestellen für den öffentlichen Nahverkehr, und dieses wieder anders als das Stadtgefüge in seiner Gesamtheit mit dem Stadtkern, den sonstigen Hauptnutzungsbereichen, dem übergeordneten Verkehrs- und Versorgungssystem und seiner landschaftlichen Einbindung.

Gewiss gibt es keine scharfe Trennung zwischen solchen Maßstabsebenen; sie bilden vielmehr ein Beziehungssystem, bei dem die Auseinandersetzung mit Fragen des Stadtgefüges nicht ohne eine Vorstellung von der Ordnung im Stadtviertel vor sich gehen kann. Gleichwohl haben solche Ebenen aber ihre eigenen Charakteristika und für sie alle lassen sich gewisse Modellvorstellungen einer dem Menschen angemessenen Umwelt entwickeln – nicht als allgemein anzuwendende Schemata, aber als Beispiele dafür, wie etwa den Anforderungen an Wohnruhe, an sparsame Verkehrserschließung, an leichte Erreichbarkeit von Erholungsmöglichkeiten entsprochen werden könne.

Die Grundsätze, nach denen hier und bei der Übertragung solcher Modelle in die Wirklichkeit verfahren wird, stellen gleichsam das Handwerkszeug der Stadtplanung dar. Es erstreckt sich von den Fragen des Flächenanspruchs und der wechselseitigen Zuordnung verschiedener Nutzungen – also strukturellen Fragen – bis zur dreidimensionalen Gestaltung städtischer Baugruppen und Raumfolgen, bei der sich eine unmittelbare Beziehung zur Architektur ergibt. Hier lassen sich auch wie bei Einzelbauvorhaben – genaue Programme aufstellen und in begrenzter Zeit verwirklichen, während die größeren strukturellen Zusammenhänge immer unter dem Blickwinkel langfristiger Entwicklungen gesehen werden müssen, die hierauf bezogenen Planungen also stets für veränderte Bedingungen und neue Einsichten offen bleiben sollten. Dieser spezifischen Verbindung, der Durchdringung von langfristigen Dispositionen und kurzfristigen Teilverwirklichungen einerseits und struktureller Ordnung und räumlicher Gestaltung andererseits, muss die Arbeitsweise der Stadtplanung Rechnung tragen.

Diese Spannweite der Planungsaufgaben macht auch unterschiedliche Typen von Plänen erforderlich. Einerseits geht es darum, langfristige Überlegungen zur Entwicklung des Stadtgebietes, zum haushälterischen Umgang mit der unvermehrbaren Ressource »Boden« und zur Sicherung einer gesunden Umwelt im Sinne einer allgemeinen Richtlinie anzustellen; andererseits müssen für künftige Straßen und Gebäude genaue Festsetzungen getroffen werden, die unmittelbare Ansatzpunkte für die Verwirklichung bieten. Zugleich gilt es zu unterscheiden zwischen Plänen, die als rechtswirksame Dokumente bestimmte Bindungswirkungen für Behörden und Bürger entfalten sollen, und solchen, die zunächst dem Planenden selbst zur Vergegenwärtigung der Entwicklungsziele undmöglichkeiten dienen und – im Zusammenhang damit – eine Diskussionsgrundlage zur Abstimmung mit Politikern und Öffentlichkeit bieten können.

Die Erarbeitung solcher Pläne setzt ein methodisches Vorgehen voraus, das sich als Folge miteinander verknüpfter Schritte darstellen lässt. Zur Vorbereitung gehören die Vergegenwärtigung der Ausgangssituation, die Klärung der Ziele und die Abgrenzung des Handlungsspielraums, also der Spannweite möglicher Planungsalternativen. Dazu bedarf es auch der Kenntnis und Beherrschung der verschiedenartigen Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Umwelt und damit zur Verwirklichung des Plans.

Die Planaufstellung selbst vollzieht sich dann als ein mehr oder weniger formalisierter Auswahlvorgang aus Alternativen, deren Aufspüren und Durchdenken den Kern des Planungsvorgangs ausmacht. Die Entscheidung zwischen den Alternativen wird meist durch eine Reihe unterschiedlicher Gesichtspunkte bestimmt, die sorgfältiger Abwägung bedürfen. Sie reichen vom berechenbaren finanziellen Aufwand über als gesichert geltende Prognosen bis zu den ungewissen Perspektiven künftiger Auswirkungen. Schließlich sind diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, mit denen der Plan verwirklicht werden soll. Sie erfordern in der Regel den Einsatz rechtlicher, finanzieller und technischer Mittel.

Diese Fragen der Planungsmethodik werden in Kapitel 3, die eng damit verknüpften rechtlichen und organisatorischen Aspekte in Kapitel 4 behandelt. Das Kapitel 5 stellt die sachlichen Inhalte der Stadtplanung dar, nach den verschiedenen Aufgabenbereichen gegliedert, während das Kapitel 6 einem Ausblick auf die künftige Entwicklung gewidmet ist.

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